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Rabenflüstern (German Edition)

Rabenflüstern (German Edition)

Titel: Rabenflüstern (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Schmidt
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dieser Aufgabe betraut. Nehmen wir an …« 
    »… dem guten Hauptmann und seinen Mannen stieße etwas zu«, führte Kraeh seinen Gedanken zu Ende. 
    Das feiste Gesicht des Zwerges strahlte. »Niemand würde die Lieferung vermissen.« 
    »Und die Stadt wäre dem Untergang geweiht«, wand Henfir berechtigterweise ein. Ohne ihr Zutun würde die Stadt belagert werden und irgendwann würde man sich vermutlich auf eine gewaltfreie Übergabe geeinigt haben. Griffen sie ein, provozierten sie aller Wahrscheinlichkeit nach einen Vergeltungsakt.  
    »Wie wir alle«, sagte Lou trocken und die Sache war entschieden. 
    Nun musste nur noch Kraehs Schatz geborgen werden, den er an einer Weggabelung auf seinem Weg nach Brisak vergraben hatte. Niemand würde zwei Frauen, die sich als Flüchtlinge ausgaben, verdächtigen, meinte Erden. Da seine ältere Schwester sich für diese Aufgabe meldete, wollte er jedoch plötzlich nichts mehr davon wissen und es brauchte einige Überredungsarbeit seitens Dorlas und Orthans, ihn davon zu überzeugen, dass die Frauen absolut zuverlässig sein mussten. Zähneknirschend ließ er seine Schwester und eine ihrer Freundinnen schließlich ziehen, nicht ohne drei Männer anzuweisen, ihnen heimlich nachzufolgen. 
    Nun hieß es abwarten. Kraeh nutzte die Zeit, um die Männer im Kampf zu schulen. Sie beherrschten ihre Waffen, hatten jedoch noch nie eine Feldschlacht miterlebt. Notdürftige Schilde und Stöcke von der Länge eines Schwertes wurden gegen Speere und Bögen getauscht. Das ganze Licht jedes Tages wurde voll ausgenutzt, um zweimal sechs Mann immer und immer wieder gegeneinander antreten zu lassen. Erden stand mürrisch daneben und sah zu, wie seine Kämpfer einen Mond lang ihre Fertigkeiten steigerten. Wäre er nicht ständig damit beschäftigt gewesen, sich Sorgen um seine Schwester zu machen, hätte er, obwohl er Kraeh mochte, vermutlich Einspruch dagegen erhoben, dass dieser die Führerschaft übernahm. Lou war zu ihren Kriegerinnen zurückgekehrt. Alle paar Tage stritten die Männer darum, wer die Druden mit Nahrungsmitteln, die sie entbehren konnten, versorgen durfte, denn es hatte sich schnell herumgesprochen, dass die Kriegerinnen nicht nur im Krieg wenig zurückhaltend mit dem anderen Geschlecht umgingen. 
    Einen Tag bevor die jungen Frauen mit dem Silber und Gold im Gepäck heil zurückkehrten, wurde Erden von ihrem Nahen in Kenntnis gesetzt, und als sie schließlich eintrafen, war das Lager abmarschbereit. Dreißig Männer wurden den Frauen und Kindern als Geleitschutz mitgegeben, denen sich auf Kraehs strikte Anweisung hin auch Orthan zugesellte. Die übrigen fünfzig verabschiedeten sich von ihren Familien und schlossen sich mit den Druden zusammen. Auch sie waren ohne Schilde, aber dennoch Furcht einflößend anzuschauen in ihren dem Körperbau angepassten Bronze- und Eisenpanzern, mit ihren langen Spießen und den gebogenen Kurzschwertern, von denen die meisten gleich zwei am Gürtel trugen. 
    Zu Fuß waren es sechs Tagesmärsche bis Lehmstadt, zuvor jedoch begaben sie sich zu dem mit Bretel vereinbarten Treffpunkt. Sie hatten sich zum Neumond verabredet, und als der Händler zwei Tage später immer noch nicht aufgetaucht war, begann Kraeh zu zweifeln, ob er überhaupt noch erscheinen würde. Lou befürchtete, er habe sie womöglich verraten und an seiner statt könne ebenso ein Heer von Soldaten aufkreuzen. Sie irrte. Am dritten Tag nach der ausgemachten Zeit traf der Zwerg samt Gehilfen, an der verabredeten Stelle ein. Er hatte drei Karren dabei, die dem Anschein nach bloß mit Getreide beladen waren. 
    »Entschuldigt die Verspätung.« Bretel wirkte säuerlich. »Das ganze Land wimmelt von Strauchdieben. Zweimal mussten wir Wegzoll zahlen. Zum Glück waren sie dämlich genug, die Ladung nicht zu durchsuchen.« 
    Sein Blick hellte sich auf, als Kraeh den Geldsack hervorholte. Man hatte sich auf keinen genauen Preis geeinigt, Kraeh hatte einfach gesagt, er hätte genug, um die Ware zu bezahlen. Der Streit war daher vorherbestimmt gewesen. Da der Zwerg kein endgültiges Angebot machen wollte, bevor das Geld gezählt worden war, ging es wüst her, weil Bretel ständig mit seinen Händen dazwischengrapschte. Erst als Erden seine Axt neben Bretel, der gerade unterschiedlich große Haufen nebeneinander aufgetürmt hatte, in den Boden trieb und den Zwerg dadurch daran erinnerte, wie schlecht seine Verhandlungsposition war, erzielten sie eine Einigung. Eine beleidigte Grimasse

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