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Rabenflüstern (German Edition)

Rabenflüstern (German Edition)

Titel: Rabenflüstern (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Schmidt
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verlangt«, beschwerte sich einer der fünf Ausgesandten über den Wucher. Lehmstadt war nicht die einzige Stadt, die der Krone Widerstand leistete. Und die Abneigung ihrer Herren gegen die Zentralgewalt musste keineswegs bedeuten, dass sie jedem, der nicht nach einem brisakschen Soldaten aussah, Hilfe angedeihen ließen. 
    So lautlos es ging, setzte sich der Trupp in Bewegung. Es war kalt und dunkel, aber sie hatten sich die Landschaft bei der Ankunft gut eingeprägt. Erst mussten sie einen Weiher umrunden, dahinter erhoben sich drei kleinere Hügel auf der ansonsten flachen Ebene. Kraehs Gedanken weilten noch immer bei den zwanzig Silberstücken. Natürlich waren sie aus seiner Tasche entnommen worden. Das war es jedoch nicht, was ihn störte. Plötzlich fiel es ihm ein. Er hob die Hand und der Zug kam zum Stehen. 
    »Was ist?«, fragte Erden flüsternd. 
    »Achtzig Schilde hat Bretel uns verkauft. Achtzig Schilde für sechzig Soldaten?« 
    »Vielleicht hat nicht jeder ein Pferd«, überlegte Erden, »oder der Zwerg hat den Rest sonst wo gestohlen.« 
    Beides war möglich, doch Kraeh schüttelte den Kopf. Die ganze Zeit schon hatte ihn etwas gestört; nun wusste er auch, was – die Einfachheit jenes Waffengeschäfts. Jede Ausfuhr wurde in Brisak schriftlich festgehalten, dies war ihm von seinen eigenen Schmuggeleien her bekannt. Schwer vorzustellen, dass Bretel derart leichtsinnig Kopf und Kragen für eine Sache ungewissen Ausgangs riskierte. Würden sie geschlagen, könnte er zwar behaupten, die Soldaten nicht rechtzeitig erreicht zu haben, wofür er sich irgendwo in der Nähe aufhalten müsste. Wie aber wollte er dann die neuen Schilde und Kettenhemden erklären, die frisch poliert an den Leichen der Gefallenen glänzen würden? Die ganze Sache stank gewaltig. Lou roch es auch und so gingen sie zu zweit los. Erden und den Rest ließen sie frierend hinter sich zurück. 
    Es war so finster, dass sie die eigene Hand kaum vor den Augen sehen konnten. Sie orientierten sich an dem fahlen Widerschein der sich rechter Hand auftürmenden Stadt. Auf der Rückseite des nächstgelegenen Hügels wurden sie eines Wachpostens gewahr. Lou warf einen Stein, und als der Mann, der nur einen Funkenflug entfernt saß, seinen Kopf drehte, huschten sie weiter zu den von einer niedrigen Koppel eingezäunten Pferden. Auf dem Bauch kriechend überwanden sie den nächsten Hügel und in der Tat lagerte dahinter ein zweiter Trupp. Sie warteten eine Weile und lauschten den unterdrückten Stimmen unter ihnen, bis die Wolken für einen Moment die schmale Sichel des Mondes freigaben und ihnen einen kurzen Blick auf die Soldaten feilboten. »Dieser Bastard!«, fluchte Kraeh gedämpft. Ein mindestens ebenso großer Zug wie ihr eigener hielt sich dort auf. Die Soldaten waren voll gerüstet, bereit zum Gefecht. Sie wurden also erwartet. Um sicherzugehen, besahen sie sich auch noch den dritten Hügel, hinter dem sie zu ihrer Erleichterung nichts als gräserne Ödnis vorfanden, die sich schwarz und leblos vor ihnen ausbreitete. In einer weiten Schleife stahlen sie sich zurück. Unterwegs ließ der Ruf einer Eule sie aufhorchen. Wie sie warteten wohl auch ihre Feinde auf die Maus, dass sie sich aus ihrem Loch wagte, um sich dann auf sie zu stürzen. 
    Lou und Kraeh erstatteten Bericht und das Nörgeln der Männer verstummte, als sie begriffen, dass sie um eine Haar in den sicheren Tod gegangen wären. Niedergeschlagenheit machte sich breit. Würden sie jetzt kampflos abziehen? Eigentlich sollte Lous genauer Bericht über den Erkundungsgang allein der Ablenkung von der sich ins Mark bohrenden Witterung dienen, als sie aber in einem Nebensatz die Eule erwähnte, äußerte eine der Druden – die, die Gnadnit aus Versehen angerempelt hatte – einen Vorschlag. 
    »Nie wieder ziehe ich ohne Frauen in die Schlacht«, feixte Erden ob der listigen Idee. Die kaum erkennbaren Konturen seines Gesichts verzogen sich zu einem breiten Grinsen und sie begannen umgehend mit den Vorbereitungen. 
     
    *** 
     
    Erdens Männer und die Druden hatten sich hinter den Weiher zurückgezogen. Kraehs Zeitgefühl sagte ihm, dass es nach Mitternacht sein musste. Ihr Vorhaben war riskant, ein Schildwall die notwendige Voraussetzung für einen siegreichen Kampf, und doch hatten sie sich entschlossen, den Männern zu befehlen, ihre Schilde abzulegen, um sie als Köder zu verwenden. Die eisenbeschlagenen Lindenholzschilde wurden in den Boden gerammt und von der Rückseite

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