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Rabenflüstern (German Edition)

Rabenflüstern (German Edition)

Titel: Rabenflüstern (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Schmidt
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in Tinte getauchten Entenfeder, kein Vorzug anzusehen war. Deshalb hatte er ihm auch strikt verboten, an jedweder Kampfhandlung teilzunehmen. Nicht zuletzt seinetwegen war Kraeh auf das Angebot von einem der Bretonen eingegangen, ihm Teile seiner Rüstung abzukaufen. Dieser hatte in der langen Zeit des Wartens bei mehreren Gläubigern hohe Schulden angehäuft. Seinen eigenen Angaben zufolge hatte er Zungen lockern müssen, um an Informationen für seinen Herrn zu gelangen. Kraeh vermutete allerdings eher, dass er, seines unansehnlichen Äußeren wegen, das Geld für die Dienste gewisser Frauen hatte ausgeben müssen. Wie dem auch sei, er war sich sicher, das matt schimmernde Kettenhemd unter dem verstärkten Lederwams würde sich in einer Liedstrophe gut machen, und sollte damit recht behalten. 
     
    Sie zogen vorbei an Bachläufen, gesäumt von Espen und Linden. Wann immer ein Reh oder Rothirsch zwischen den Bäumen auftauchte, galoppierten mit Bögen ausgestattete Kundschafter auf sie zu, um ihre Proviantvorräte aufzustocken. Der Tag war heiß und viele schwitzten unter ihren Helmen und Rüstungen. 
    Orthan, dessen Fähigkeiten Kraeh nach ihrem letzten Auszug zu schätzen gelernt hatte, würde ihn nach Osten begleiten. Für den nächsten Tag kündigte er günstigere Witterungsverhältnisse an. Kraeh fragte erst gar nicht, woher er sein Wissen nahm. Auch wenn es keinen Grund mehr gab, an den magischen Fähigkeiten dieses Mannes zu zweifeln, und sie ihnen eindeutig zum Vorteil gereichten, empfand er sie als suspekt und irgendwie regelwidrig. 
    Abends errichteten sie ein Lager und schickten Späher aus. Im Ratszelt wurde, trotz der Einfachheit der geplanten Vorgehensweise, lange debattiert. Da Skaarbrok selbst statt einer Flotte nur einige Schiffe für den Seehandel besaß, schärfte Kraeh den Hauptmännern noch einmal ein, wie wichtig es war, die Nordmänner ihrer Drachenboote zu berauben, woraus sich in der Hauptschlacht ein Vorteil gewinnen ließ. 
    Noch bedeckte Tau die saftig grünen Wiesen, als die geteilten Streitkräfte in unterschiedliche Richtungen aufbrachen. 
    Kraehs Achtung vor den Feinden schwand nach dem ersten Aufprall Schild gegen Schild. Schnell waren zwei Schiffsmannschaften niedergemacht, die in einem bis auf die Grundfesten abgebrannten Dorf wohl auf Verstärkung gewartet hatten. Auf die erhofften Hilfstruppen trafen sie am Tag darauf; auch sie wurden, ohne eine ernsthafte Bedrohung darzustellen, zum Festmahl für die Raben. Was dachten sich diese Narren? Dass Siebenstreich tatenlos zusehen würde, wie sie sein Land eroberten? Beim Verhör eines Gefangenen erfuhr er den Grund für das schlecht organisierte Vorgehen. Die Könige des Nordens hatten jedem Jarl – einer Art Kriegshäuptling im Besitz mindestens eines Bootes – das Anrecht auf allen Boden, den sie einnehmen würden, versprochen. Ein ebenso großzügiges wie strategisch dummes Angebot. Aber vermutlich waren einzig auf diesem Wege genug Stämme zu überreden gewesen, an der Eroberung teilzunehmen. 
    Den Verteidigern der Dänenlande gereichte dies zum Vorteil. Eine Besatzung nach der anderen wurde zurück ins Meer getrieben. Ganze Küstenstriche färbten sich rot von dem Blut der Nordmänner. Beim Erreichen des verabredeten Treffpunkts war die Zahl der Soldaten Kraehs stark geschrumpft, weil all die erbeuteten Schiffe besetzt werden mussten.  
    Lous Streitmacht war es genauso glücklich ergangen. Obwohl sie, kurz nachdem sie sich von Kraeh getrennt hatte, einem aufbegehrenden Hauptmann im Zweikampf beweisen musste, dass sie auch als Frau durchaus mit dem Schwert umzugehen wusste. Zwei schnelle Streiche hatten ihn entwaffnet und mit der rasiermesserscharfen Klinge ihres Rapiers an der Kehle hatte er ihr die Treue geschworen. Rhoderik hatte dem Kampf, der heimlich ausgetragen worden war, um die Autoritätsfrage nicht zu den Männern durchdringen zu lassen, ratlos beigewohnt. War es nicht verrückt? Ganz gleich, wie bunt eine Gruppe auch immer zusammengewürfelt war – in diesem Fall allzu offensichtlich: Der Herausforderer war ein Ork und er wollte die Befehlsgewalt über Menschen, Orks, Kobolde und Zwerge für sich beanspruchen –, eine einmal gebildete Einheit grenzte sich stets gegenüber Neulingen ab. Und wenn dieser Neuling eine Frau war, der sogar das Kommando über diese Einheit übertragen worden war, dann musste es zum Konflikt kommen. Die Erweiterung der feststehenden Ordnung und damit die Eingliederung und

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