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Rabenherz & Elsternseele

Rabenherz & Elsternseele

Titel: Rabenherz & Elsternseele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martha Sophie Marcus
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interessiert. »Nimm dieses widerliche Biest weg!«, sagte sie.
    Strix schnaubte belustigt, und ich lächelte verkniffen.
    Mein Schrei war offenbar laut gewesen, denn nun kamen auch Jori und meine Mutter außer Atem bei unserer kleinen Versammlung an.
    »Mama!«, rief Jori, warf sich zuerst auf ihre Mutter und sprang dann gleich wieder auf, um Strix um den Hals zu fallen. »Du hast sie gefunden!«, sagte sie.
    Das wiederum ließ mich mit den Augen rollen. Strix prustete los, nachdem Jori ihn wieder losgelassen hatte und erneut neben ihre Mutter gesunken war. »Ich habe doch gleich gesagt, dass es mit den Habichten und Elstern so eine Sache ist«, sagte er zu mir.
    Ich zuckte mit den Schultern. »Und, was ist dir lieber, Habicht oder Elster?«
    Er grinste, kam auf mich zu und hielt mir meine Armbänder hin, die er aus der Tasche meiner alten Hose genommen haben musste. »Pia«, sagte er.
    Ich überlegte noch, ob das die Antwort sein sollte, da umarmte er mich, und das fühlte sich an, wie die beste Antwort aller Zeiten.
    Erst als wir wieder auseinandertraten, fiel mir meine eigene Mutter ein, und ich sah mich nach ihr um.
    Sie stand etwas abseits und trug zu ihren Turnschuhen noch das schicke Kostüm, mit dem sie im Büro gewesen war. Seltsamerweise blickte sie nicht etwa uns oder Jori und ihre Mutter an, sondern meinen Freund Hallo-komm-rein, der inzwischen Stellung auf einem umgekippten Baumstamm bezogen hatte. Er beäugte sie ebenso fasziniert wie sie ihn.
    Ich musste schlucken. Hatte Oma ihr erzählt, dass sie glaubte, Leanders Seele könnte in der Elster stecken? Ich war mir nicht klar darüber, was ich selbst glaubte. Nur weil Oma und ich es uns wünschten, musste es nicht wahr sein. Es konnte sich ebenso gut nur um eine besonders kluge Elster handeln. Zögerlich stellte ich mich neben meine Mutter.
    Sie wandte ihren Blick nicht von der Elster ab, griff aber nach meiner Hand. »Glaubst du, dass er es ist?«, fragte sie unsicher.
    »Was glaubst du?«, fragte ich zurück.
    Sie zuckte mit den Schultern. Dann streckte sie der Elster die freie Hand hin, an deren Gelenk sie ein glitzerndes Armband mit bunten Anhängern trug. Ich wusste, was geschehen würde, noch bevor sie leise und fragend »Leander?« rief. »Leander« ließ sich nicht zweimal bitten, sondern landete zielstrebig auf ihrem Arm und versuchte, das Armband zu erobern. Er zerrte mit dem Schnabel daran wie an einem Wurm.
    Wir lachten beide, woraufhin er aufgab, sich vor uns auf dem Boden niederließ und verärgert im Kreis stelzte.
    Mama sah mich an, und dann tat sie etwas Wunderbares: Sie nahm ihr Armband ab, bückte sich und hielt es der Elster hin. »Hier, mein Lieber. Ich schenke es dir.«
    Freude und Gier leuchteten in den Elsternaugen auf, als der Vogel sich das Schmuckstück schnappte. Er flog auf und war im Nu in den Baumkronen verschwunden.
    Ich sah Mama in die Augen und entdeckte, dass sie verdächtig feucht glänzten. »Lass es uns einfach glauben«, flüsterte sie. Und ich nickte.

Elster im Anflug
    U
uuuiiieeh, Sturzflug und Drehung. Vollbremsung uuuund … Hab’s. Ha! Was diese eingebildeten Hakenschnäbel können, kann ich schon lange. Mit einem schallenden Keckern feiere ich die erfolgreiche Erlegung eines flüchtenden Stücks glänzender Plastikfolie.
    Mannomann, wie ich das Fliegen liebe! Unvorstellbar, dass ich es mal nicht konnte. Dabei ist es erst drei Monate her, dass ich zum ersten Mal dieses … Oh, oh. Hund! Schlecht erzogener Pudel. Schäckäck, da bin ich lieber mal weg.
    Was mache ich jetzt mit diesem Stück Plastik? Es ist nicht so hübsch, wie es von oben aussah. Aha. Mal sehen, ob ich aus Baumkronenhöhe den Mülleimer neben der Parkbank treffe.
    Steigen, steigen, Zielposition erreicht, Abwurfvorrichtung öffnen und … Knapp daneben.
    Das versuche ich gleich noch mal. Wenn die beiden Tanten mit dem Pudel bloß endlich weitergehen würden.
    Egal, der Kläffer hat keine Chance, ich bin schneller. Uuuiieh … Hab’s! Und steigen, steigen. Abwurf.
    Mist, blöder Wind. Da flüchtet die feige Folie schon wieder. Hinterher.
    Nein, warum denn ausgerechnet in den See? Was sollen die Gänse damit? Die sind vielleicht fett. Na, kein Wunder, so viel Brot wie im Wasser schwimmt. Sturzflug, Drehung, Gänseschnabel saust an mir vorbei. Hey, du dumme Gans, hast du keine Zähne, oder warum lässt du dein Brot so lange einweichen? Ist ja ekelhaft, der Brei. Schäckäck.
    Was, du zischst? Fang mich doch! Oder du da. Aber wahrscheinlich

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