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Rabenherz & Elsternseele

Rabenherz & Elsternseele

Titel: Rabenherz & Elsternseele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martha Sophie Marcus
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könnt ihr gar nicht mehr fliegen, fett wie ihr seid, was? Hoppla, das war knapp. Schwäne haben entschieden zu lange Hälse. Aber langsam sind sie, so laaangsam. Da ist die Folie, schnapp und Abgang, zum Abschied ein Keckern, schließlich ist das Wetter heute herrlich.
    Oha, die habe ich aufgemischt. Kriegt sich ja gar nicht mehr ein, das Wassergeflügel. Die rühren mit ihrem empörten Flügelgewedel den ganzen Teich um.
    Zurück zum Mülleimer. Vielleicht dieses Mal nicht von ganz so weit oben.
    Treffer! Jaaa! Darauf ein Salto – habe ich erst kürzlich gelernt. Vor einem Tag oder so. Wie mache ich das bloß immer mit dem Zählen, wenn ich ein Mensch bin? Ist doch ganz schön kompliziert.
    Was ist denn das da im Mülleimer? Das funkelt aber hübsch, da muss ich genauer nachsehen. Oh, eine grüüüne Flaschenscherbe. Wie schön, die nehme ich mit in mein … Und da, unter diesem Eispapier liegen doch glatt ein paar Erdnussflips. Die kommen mir gerade recht. Ich habe einen Riesenhunger, ich könnte glatt Würmer …
    Mülleimer! Mülleimer, Pia! Jetzt reiß dich mal am Riemen, das ist ja widerlich. Zeit nach Hause zu fliegen und ein paar Ingwerkekse aufzutreiben. Den Tanten mit dem Pudel hinterher und dann über den Teich.
    Oh. Die eine sieht zu mir her. Hallo, Tante. Ich bin nur ein harmloser Vogel, siehst du, ich habe hier Futter gesucht.
    »Annette«, sagt sie, stößt ihre Freundin an und zeigt auf mich. »Du kannst mich für verrückt halten, aber diese Elster da hat eben ein Stück Plastikfolie in den Müll geworfen.«
    Ich keckere fröhlich, lasse die beiden Pudelspaßmamseln hinter mir und schwinge mich weiter nach oben, immer weiter, in den Sonnenschein und den wunderbar milden, duftenden Herbstwind hinein, der mir durchs Gefieder streichelt und mich trägt, als hätte er nie etwas anderes getan. Mir lacht das Herz, ich liebe den Wind, ich liebe das Fliegen, ich liebe das Leben.

Strix, der Fahrraddieb
    M
ein Triumphgefühl hatte bereits erheblich nachgelassen, als Omas Garten in Sichtweite kam.
    Inzwischen dachte ich nicht nur an Ingwerkekse, sondern auch an Pizza oder wenigstens Kakao und Marmeladenbrote. Meine Flügel wurden allmählich lahm, als würde ich immer schwerer. Eigentlich wollte ich nur noch durch die Dachluke ins Haus fliegen, mich in Ruhe verwandeln, meine Klamotten anziehen und schnurstracks in die Küche marschieren.
    Bevor ich die Dachluke ansteuern konnte, bemerkte ich einen merkwürdigen blinkenden Lichtschein, der von der Straße vor dem Haus kam. Bei aller Müdigkeit siegte die Neugier, und ich machte noch einen Abstecher auf den Dachfirst.
    Direkt vor Omas Haus stand ein Krankenwagen mit angeschaltetem Warnlicht, und gerade in diesem Moment schoben die Sanitäter das letzte Stück einer Bahre hinein, auf der Oma lag.
    Mit einem Ruck platzten mir ein paar weiße Federn von der Brust und segelten über die steile Dachschräge hinab. Beinah wäre ich hinterhergerutscht, denn ausgerechnet jetzt verloren meine Krallen ihre Form, wurden weich und schwach. Ich wollte nach unten fliegen und in den Krankenwagen sehen, um festzustellen, dass ich mich irrte und es nicht Oma war, doch ich traute meinen Flügeln nicht mehr.
    Neonorange waren die Wagentüren, die einer der Sanitäter jetzt schloss. Das Blaulicht blitzte weiter, doch das Horn ließ der Fahrer ausgeschaltet, als er losfuhr. War das ein gutes oder ein schlechtes Zeichen?
    Mir wurde schwindlig, denn ich verlor immer mehr den Halt auf den Dachziegeln. Ich spürte, dass meine Hände nicht länger Flügel bleiben wollten, und geriet in Panik. Nichts wäre blöder, als es nicht mehr bis zur Dachluke zu schaffen, sondern auf einmal als nackte Dreizehnjährige auf dem First von Omas Haus festzusitzen. Das wäre für die Nachbarn wirklich eine Supershow – gleich zweimal Blaulicht an einem Tag.
    Jämmerlich flatternd taumelte ich zur Dachluke und fiel mehr ins Haus als ich flog. Schon beim Aufprall auf dem rauen Bretterboden hatte ich meine Radlerbeine wieder. Mit hämmerndem Herzen und ausgebreiteten Riesenflügeln lag ich auf dem Rücken, betrachtete den in einem Lichtstrahl tanzenden Staub und wartete auf den Rest der Verwandlung.
    Ich hatte sonst nie Schwierigkeiten damit, doch – wie konnte es anders sein – ausgerechnet dieses Mal schien ich festzustecken. Es war mir unmöglich, mich auf etwas zu konzentrieren. Ich sah nur immer wieder vor mir, wie die orange leuchtenden Türen sich schlossen.
    Wen konnte ich fragen, was

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