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Rabenherz & Elsternseele

Rabenherz & Elsternseele

Titel: Rabenherz & Elsternseele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martha Sophie Marcus
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mitnehmen, Bubo«, fing ich an.

    Sowohl Bubo als auch Strix waren dafür, Jori wenigstens über unsere Verabredung zu informieren. Da Bubo Jori ebenso wenig mochte wie ich, hätte er die zickige Habichtsprinzessin nicht eingeladen, wenn er es nicht für wichtig gehalten hätte. Netterweise nahm Bubo es mir ab, Jori anzurufen.
    Umso überraschter war ich, als am Donnerstagnachmittag mein Handy klingelte und ich Jori am anderen Ende der Leitung hatte.
    »Hallo Pia. Hier ist Jorinde.« Einen Moment lang schwiegen wir beide, bis ich mich von dem Schock erholt hatte, ihre Stimme zu hören.
    »Oh, hi«, sagte ich. Damit fand ich mich schon ziemlich entgegenkommend.
    Das schien Jori ganz anders zu sehen, denn sie schwieg weiter, wesentlich länger, als man es tun sollte, wenn man seine Handyrechnung vom Taschengeld bezahlte.
    »Also gut«, sagte sie schließlich. »Bubo rief mich gestern an und lud mich zu eurer kleinen Verabredung ein. Und weil ich gerade in einer blöden Lage bin, wollte ich fragen, ob ich nicht gleich ein paar Tage bei euch bleiben kann. Meine Mutter ist in Argentinien, ich wohne zurzeit bei ihrer Freundin. Nächste Woche fahren alle Parallelklassen auf Klassenfahrt. Aber ich bin ganz sicher, dass ich mich genau in der Woche verwandeln werde. Ich kann auf keinen Fall mitfahren. Und hier bei Frau Lohmeier zu bleiben würde mich verrückt machen. Sie behandelt mich wie ein Kleinkind. Ich wäre daher dankbar, wenn ich bei euch … Ich meine, im Haus deiner Oma ist doch Platz, oder?«
    Dankbar? Alles klar. Ihre Stimme klang, als hätte sie jedes Wort ihrer reizenden Bitte an ihrem aufgeblasenen Stolz vorbei nach draußen würgen müssen. Sie musste wirklich in Schwierigkeiten stecken. Wie meine friedliebende Oma es mich gelehrt hatte, würde ich ihr in so einem Fall selbstverständlich helfen. Ich brachte es sogar fertig, nicht zu seufzen. »Klar kannst du hierbleiben. Das kriegen wir schon hin. Wann willst du kommen?«
    »Am Sonntag. Wenn die anderen zur Klassenfahrt aufbrechen.«
    Nur nicht seufzen. »Okay. Also dann. Ach so. Brauchst du Hilfe mit irgendwas? Wirst du gebracht, oder soll dich jemand abholen?«
    Sie zischte – ganz so, wie ich es von ihr kannte. »Wer zum Teufel sollte mich denn bringen? Ich nehme den Zug. Vielleicht könnte deine Mutter mich vom Bahnhof abholen. Sonst nehme ich ein Taxi.«
    Ganz ruhig, Pia. War es schon zu unfreundlich, zu fragen wie lange sie bleiben wollte? Ich verkniff mir auch das.
    Strix lernte an diesem Nachmittag zu Hause für eine Klassenarbeit und wartete dabei auf irgendeinen Handwerker, während seine Mutter mit seinen beiden acht- und sechsjährigen Geschwistern beim Arzt war.
    Ich wollte die Zeit nutzen, um zu Omas Haus zu fliegen und mal wieder nach ihren Blumen zu sehen. Oma fehlte mir furchtbar. Ich hoffte, dass sie bald entlassen würde. Auch die Sache mit Jori wäre dann nur halb so schlimm. Oma gegenüber benahm sie sich viel netter. Und ich wusste, dass Oma nichts dagegen haben würde, sie eine Weile bei sich wohnen zu lassen. Sie mochte Habichte zwar auch nicht besonders, war aber viel geduldiger als ich.
    Doch dann machte ich in unserer Kastanie Zwischenstation, und mein Plan änderte sich schlagartig. Vor Freude drehte ich einen Salto, ehe ich mich auf dem Rand des Stümpernestes niederließ. Leander hatte den Kopf halb unter einem Flügel versteckt gehabt und schrak nun zusammen.
    Sofort hockte er mir gegenüber und begann unser kleines Begrüßungsritual. Kopfnicken, Schwanzwippen, ein paar aufgeregte Trippelschritte auf dem Nestrand nach rechts, dann nach links und schon war er in der Luft. Was selbstverständlich eine Aufforderung an mich darstellte, ihm zu folgen und ihn einzuholen. Geschafft hatte ich das noch nie, wenn er es nicht wollte. Er flog so gut, dass ich es nur bewundern konnte.
    Geschickt suchte er eine günstige Luftströmung, die uns zu den Bergen um Burg Falkenstein trug. Besonders das Spiel mit den Luftströmungen, die in verschiedenen Höhen ganz unterschiedlich sein konnten, war etwas für Könner. Wenn man sich nicht darauf einließ, konnte es sein, dass man überhaupt nicht vom Fleck kam. Ebenso leicht konnte es passieren, dass man eine Luftströmung erwischte, die einen viel zu schnell in eine Richtung beförderte, in die man gar nicht wollte. Auf einen Strommast zu, zum Beispiel, oder voll gegen einen trägen Heißluftballon. Und ich kann euch sagen: Bremsen ist im freien Himmel verflixt viel schwieriger, als man zuerst

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