Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Rabenmond - Der magische Bund

Titel: Rabenmond - Der magische Bund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jenny-Mai Nuyen
Vom Netzwerk:
mitten unter ihnen.
    Das Kribbeln steigerte sich zu einem fast schwindelerregenden Ziepen. Aber immer noch angenehm, auf eine gewisse Art.
    »Und«, raunte Jagu, »wie hat dir dein erstes Theaterstück gefallen?«
    »Fantastisch«, flüsterte Mion.
    Er grinste sie in der Dunkelheit an. »Schnulziger als Schweineschmalz. Aber einer der Räuber hat wirklich Nasenbluten bekommen, hast du das gesehen?«
    Sie runzelte überrascht die Stirn und kicherte hinter vorgehaltener Hand.
     
    Große Doppeltüren wurden geöffnet und entließen das plaudernde Publikum in einen hell erleuchteten Festsaal voller Büfetts, Kronleuchter und Marmorstatuen. Mion wusste gar nicht, wohin sie zuerst sehen sollte, zu den beeindruckenden Kunstwerken an den Wänden, den herrlich angerichteten Speisen oder zu den anderen Gästen, die wie sie ins Licht strömten wie ein Schwarm bunter Schmetterlinge.
    Alsbald sammelte sich eine kleine Menge um Jagu. Wie schon vor dem Theater bedankten sich prunkvoll gekleidete Damen und Herren für die Einladung, beglückwünschten ihn zu der gelungenen Feier und sprachen ihre Bewunderung für das Theaterstück aus.
    »Das Lob gebührt Ziraphalon, der das Werk geschrieben und inszeniert hat«, erwiderte Jagu mit einem bescheidenen Lächeln. »Ich habe ihm freie Hand gelassen und wusste bis vorhin nicht einmal den Titel des Stückes.«
    »Ich habe ihn Euch in den vergangenen Monaten einige Male genannt«, erwiderte ein großer, hagerer Mann, der sich eben in die Runde geschlichen hatte. Im Vergleich zu der Garderobe der anderen wirkte seine geradezu nachlässig: Ein zerknittertes Leinenhemd hing ihm aus dem Gürtel und die knielange Pluderhose schien ihm an mehreren Stellen zu weit zu sein. Offenbar war er einer der ersten am Büfett gewesen, denn er balancierte einen Berg aus süßen und salzigen Köstlichkeiten auf seinem Teller und klimperte mit den Fingern auf einer teigummantelten Kochschnecke, um sich nicht zu verbrennen. Mit einem Biss war die Hälfte verschwunden und der schlaksige Mann kaute hastig.
    »Ihr wart einer der Ersten, denen ich den Titel verriet. Ich schickte ihn Euch mit einer Zusammenfassung per Briefbote nach Hause, gleich nachdem ich die Zulassung der Drachen erhielt.«
    »Mein Lehrling muss ihn angenommen und vergessen haben«, sagte Jagu entschuldigend. »Da ist es ein Glück, dass ich einen neuen Lehrling habe: Wenn ich vorstellen darf, diese junge Dame ist Mion, ein vielversprechendes Talent.«
    Nicht nur der Angesprochene, auch alle Umstehenden spitzten neugierig die Ohren. Mion lief ein Kribbeln den Rücken hinab. Schon seit ihrer Ankunft bedachte man sie mit neugierigen Blicken. Schließlich hatten die Gilden nicht gerade oft fremden Zuwachs.
    »Mion, du stehst einem bedeutenden Herrn gegenüber«, murmelte Jagu gerade so laut, dass der bedeutende Herr es mitbekam. »Ziraphalon, Sohn des Zerustades, ist einer der größten Bühnenschreiber und Intendanten der Gegenwart. Er entstammt einer der ältesten Schreiberfamilien Wynters und unterhält die Drachen regelmäßig.«
    Mion reichte dem Schreiber die Hand, wie Jagu es ihr zu Hause beigebracht hatte, und machte einen kleinen Knicks. Ziraphalon, der dafür sein angebissenes Hühnerbein ablegen musste, grinste knapp.
    »Meine Tochter Agazemna ist in deinem Alter. Vielleicht siehst du sie später, sie läuft hier irgendwo herum. Sie hat die Hälfte des dritten Akts von ›Die Blüte der Wildnis‹ geschrieben und arbeitet zurzeit an ihrem ersten Werk.«
    »Es gibt doch nichts Wundervolleres, als die eigenen Kinder bei ihrer Entwicklung zu beobachten«, meinte eine spitznasige Dame ganz in Schwarz. »Als mein Riadhan das erste Mal eine Bühnenaufführung im Palast der Drachen hatte, waren wir alle furchtbar aufgeregt. Aber er meisterte seinen Auftritt mit Bravour, obwohl er die Hauptrolle in einem dreistündigen Stück spielte. Seitdem ist er zahllose Male im Palast aufgetreten, sogar vor der Kaiserfamilie...« Während die Frau - offenbar eine Schauspielerin - erzählte, sah sie fast unentwegt Mion an. Mion bemühte sich, interessiert und freundlich zu wirken, obwohl der eisige Blick der Dame einer Messerklinge glich.
    »Jedenfalls ist Riadhan ja schon vierundzwanzig, und es ist Zeit für ihn, eine Familie zu gründen. Er muss die Blutlinie weiterführen.« Sie setzte ein breites Lächeln auf und wurde ein wenig lauter, damit alle sie hörten: »Ich frage mich, wieso nicht jeder begabte Nachkomme einer altehrwürdigen Gildenfamilie

Weitere Kostenlose Bücher