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Rabenmond - Der magische Bund

Titel: Rabenmond - Der magische Bund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jenny-Mai Nuyen
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hustete laut. »Verschluckt«, japste sie. »Brauche - Wasser.«
    Röchelnd eilte sie davon. Sobald die Menge Halimo von ihr trennte, räusperte sie sich und verlangsamte ihren Schritt. Zugegeben kein besonders anmutiger Abgang, aber um von der Alten wegzukommen, hätte sie mittlerweile auch eine Schaufel und einen Sack benutzt. Wenigstens hatte sie erfahren, was für ein Instrument eine Tandare war: offenbar eine Flöte, die nur für die Drachen gespielt wurde.
    Ihre wiedergewonnene Freiheit genießend, schlenderte Mion an den Büffets vorbei und nahm sich einen Weinkelch.
    Bunte, lachende Menschentrauben erfüllten den Saal, dazwischen huschten Diener umher und weiter hinten hatte sich eine großzügige Tanzfläche vor dem Orchester gebildet. Vielleicht waren es gar nicht der Prunk und Überfluss, die Mion so beeindruckten, sondern die Selbstverständlichkeit, mit der die Gilden all dies hinnahmen. Es war ein erschreckender, aufregender Hochmut... und sie gehörte nun dazu.
    »Ihr seid also die Neue.«
    Sie drehte sich um und entdeckte einen Jungen, der an einem Weinbrunnen lehnte. Lässig nippte er an seinem Kelch. Er mochte in ihrem Alter sein und überspielte seine Schmächtigkeit gekonnt mit Schulterpolstern und einem gefütterten Umhang. Mion hätte schwören können, dass er auch Stiefel mit Absätzen trug, doch als sie hinuntersah, stellte er sich stramm hin und verbeugte sich. »Wenn ich mich vorstellen darf, Atlas, Sohn und Lehrling des Schneidermeisters Icastoba. Und Ihr seid also Jagus neuer Lehrling.«
    Etwas verunsichert blickte Mion in das Gesicht unter dem dichten dunklen Haar, doch entdeckte keine Feindseligkeit. Die lange Nase und das spitze Kinn hatten etwas Nagetierhaftes an sich, doch die Augen waren lebhaft und verrieten einen aufmerksamen Geist. Er wies auf ihr Kleid. »Ihr tragt Faunias Kleid.«
    »Woher...?«
    »Ich habe es geschneidert. Daher nehme ich an, dass Euch die Ärmel ein wenig zu kurz sind; und die Tatsache, dass Ihr Handschuhe bis zu den Ellbogen tragt, bekräftigt meinen Verdacht. Übrigens müsste es Euch an der Taille ganz schön zwicken, es sei denn, Ihr tragt ein so fest geschnürtes Korsett wie Faunia. Ein Umfang von einundzwanzigeinhalb Zoll...« Er fuhr eine weibliche Silhouette in der Luft nach. »Medizinisch bedenklich, aber was interessiert das einen Künstler und Liebhaber des Schönen? Apropos Schönheit: Wo ist Faunia?«
    »Ähm, sie ist zu Hause. Sie wollte nicht mit.«
    »Sie wollte nicht mit?«, wiederholte der Schneiderlehrling kränklich. Mit einem theaterwürdigen Seufzen warf er seinen Kelch in den Brunnen. »Und wieder geht sie mir durch die Lappen.«
    Mion musste lächeln. »Ich könnte ihr etwas von Euch ausrichten?«
    »Dann richtet Ihr aus, dass sie mein kühler Nordstern ist, Herrin meines Himmels. Sagt Ihr, dass ich ihren kleinen Zeh vergöttere und für eine Locke ihres Engelhaares durch Flammen tanze und dabei ein Loblied auf ihre hübschen Schneidezähne singe. Sagt Ihr, es wäre ein vernünftiger Zug, meine Liebe zu erwidern, solange sie noch warm ist, denn ich bin intelligent, unterhaltsam, talentiert und treu. Ganz zu schweigen von meinen offensichtlichen äußeren Vorzügen.«
    Mion lachte. »Vielleicht schreibt Ihr mir das alles besser auf.«
    »Lieber nicht. Faunia neigt dazu, Briefe ungeöffnet zurückzuschicken. Aber wortlose Einigkeit ist sowieso am romantischsten. Übrigens, wie heißt Ihr?«
    So lernte sie Atlas kennen. Wie sich herausstellte, war er als Sohn des Meisters der Schneidergilde fast schon eine kleine Berühmtheit: Er kannte jeden, der etwas von Mode hielt, und da Gildenmitglieder allgemein eine große Portion Eitelkeit besaßen, waren das nicht wenige.
    Während sie über das Fest schlenderten, erzählte er ihr Anekdoten über die Gäste: Der eine Dichter besaß mehr als dreihundert Festtagsröcke, die wallende Haarmähne jener Alchemistin war bloß ein Haarteil, die Tochter des Handelsmeisters trug schlüpfrige Unterwäsche.
    »Woher wisst Ihr das denn?«, empörte sich Mion.
    Atlas lächelte breit. »Offenes Geheimnis unter Männern - äh, Schneidern.«
    Dann bat er sie, etwas von Faunia zu erzählen. Wie es ihr ginge? Ob sie viel arbeite? Ob Mion ihr eine Locke abschneiden und ihm zuschmuggeln könnte?
    »Nein!«
    »Gut, gut. Dann vielleicht eine Nachtbluse oder ein Strumpf?«
    »Ich bring dir einen Strumpf von der Köchin, du Pantoffelheld. Überhaupt, bist du nicht ein bisschen zu jung für sie?«
    Atlas’ schmales

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