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Rabenschwärze: Das Mädchen aus Istland (German Edition)

Rabenschwärze: Das Mädchen aus Istland (German Edition)

Titel: Rabenschwärze: Das Mädchen aus Istland (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Kammer
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Wappen, alles in den Farben Sommerhalts – grün, blau und gold. Sie nahm auf einem der Sessel Platz und lehnte sich zurück. Er würde kommen. Mit oder ohne Buch und das brachte sie einen großen Schritt weiter. Fast war sie ein bisschen aufgeregt, so einen alten Freund wiederzusehen. Aber war er eigentlich ein Freund? Komisch, dass sie ihm gegenüber so vertraute Gefühle hegte, während sie Anbar eindeutig misstraute. Nun gut, Romer hatte noch nie versucht sie umzubringen. Das machte den Unterschied.
    Es war kühl im Waffensaal, nur ein schmaler Schlitz von Sonnenlicht fiel auf die Steine in der Mitte des Saals, eine leere, graue Fläche, die zum Spielen einlud. Hoppier hätte sich einen der Helme genommen und damit Fußball gespielt. Und Ulissa hätte einen Speer von der Wand gerissen und sie aufgefordert …
    Elsa hielt erschrocken inne. Was machten ihre Gedanken? Woher kamen sie? Fast konnte sie Ulissa vor sich sehen. Ein Kind mit schwarzen, funkelnden Augen, hoch gekrempelten Ärmeln, verschwitzt und wütend vor Temperament.
    „ Nicht so zaghaft!“, brüllte sie. „Wehr dich! Los!“
    Dabei war es so still im Saal. Und so kalt.
    Elsa hörte Schritte, die sich eilig näherten. Da war er auch schon, Romer mit seinen braunen Locken und einem Lächeln, das sich seiner Wirkung bewusst war. Mit seinen blank geputzten Stiefeln, dem halb offenen Hemd, der Uniformjacke, die er lässig über die Schulter geworfen hatte, und dem klingenden Säbel an der Seite entsprach er sicherlich jenen Helden, deretwegen sich die Damen im Schloss so viele Romane bestellten.
    „ Meine Güte!“, rief er. „Das Mädchen ist ja erwachsen geworden! Darf ich dir jetzt den Hof machen?“
    Elsa sprang auf die Beine, blieb stocksteif stehen und fragte:
    „ Hast du das Buch? Das Buch, das ich damals in Brisa vergessen habe?“
    „ Damals in Brisa“, wiederholte er und stemmte die Arme in die Seiten, „gut dass du mich daran erinnerst! Die hätten mich fast aufgespießt, diese wilden Möwen. Ich habe dir unter Einsatz meines Lebens den Rücken freigehalten und alles, was du mir jetzt zu sagen hast, ist: ‚Hast du das Buch?’“
    „ Danke. Das war nett von dir. Du weißt also, was für ein Buch ich meine?“
    „ Immer mit der Ruhe“, meinte er, streckte Elsa eine Hand zur Begrüßung hin und als sie diese ergriff, legte er gleich seine andere auf ihren Arm. „Unglaublich, wie groß du geworden bist. Das letzte Mal warst du … noch ein Kind! So klein!“
    Er zeigte irgendwo in der Höhe seines Oberschenkels in die Luft und Elsa fand das stark übertrieben. Sie löste sich aus der Begrüßung und nahm wieder auf einem der Stühle Platz. Er wollte Ruhe, also sollte er sie bekommen.
    „ Dann setzen wir uns“, sagte sie. „Wo warst du eigentlich im Ausland? In Istrian?“
    „ Wo denkst du hin?“ Er nahm auf dem Thronsessel neben ihr Platz, stützte sich auf die Seitenlehne und flüsterte ihr verschwörerisch zu: „Ich war natürlich in einer anderen Welt. In Antolia, um genau zu sein.“
    „ Ach“, sagte sie, „Antolia. Deine eigentliche Heimat.“
    „ Ja, es ist merkwürdig. Dort habe ich meine Wurzeln, sogar entfernte Verwandte, und doch werde ich es niemals als meine Heimat empfinden. Die Menschen sind mir fremd. Sie sind sehr gebildet, aber ängstlich. Trauen sich nicht aus ihren Hochwelten heraus. Wenn sie mich auch für etwas zurückgeblieben halten, so bewundern sie mich doch dafür, dass ich in so einer unaufgeklärten, rückständigen Welt wie Sommerhalt überleben kann. Eine Welt, in der die Gerechtigkeit nicht garantiert ist, in der man überfallen, ermordet oder gar Opfer einer ekligen Seuche werden kann!“
    „ Aber Anbar ist doch auch hier. Und er ist Antolianer.“
    „ Ja, aber er ist Außengänger und das sind die wenigsten. Ich durfte übrigens bei seiner Familie wohnen, bei den Anturs. Die Anturs sind eine mächtige Familie in Antolia, so wie die Relings bei den Möwen. Diese Anturs, die sind unglaublich klug und stilvoll und … ach, ich weiß nicht. Man kommt sich vor wie ein Mistkäfer gegen die. Aber sie haben einfach keine Ahnung. Sie reden über Dinge, von denen sie nichts wissen können, weil sie sie nie erfahren haben. Was wissen sie über Mut? Über Gefahr? Über die Abgründe des menschlichen Seins? Antolia tut es gut, dass sie noch einige Leute haben, die sich aus den Hochwelten heraustrauen. Sonst würden sie vollkommen den Maßstab verlieren. Jemand muss ihnen sagen, dass man sich das Leben

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