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Rabenschwärze: Das Mädchen aus Istland (German Edition)

Rabenschwärze: Das Mädchen aus Istland (German Edition)

Titel: Rabenschwärze: Das Mädchen aus Istland (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Kammer
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nächste langweilige Frage zu stellen, tat die Dienerin so, als lausche sie Holandas Gedanken. Gaiuper ließ sich nicht anmerken, wie sehr ihm diese alberne und viel zu vertraute Prozedur zuwider war. Er machte ein gleichmütiges, doch konzentriert wirkendes Gesicht. Endlich nickte die Dienerin. Antwort und nächste Frage waren angekommen.
    „ Holanda möchte, dass jemand von uns einen Blick in die Kisten wirft. Stellt sie dort drüben ab. Sobald sie geprüft worden sind, werden wir sie in dein Quartier bringen lassen. Warum hast du die Festung heimlich verlassen?“
    „ Wir waren in Eile. Da war keine Zeit, eine Erlaubnis einzuholen. Darf ich daran erinnern, dass wir Verbündete sind? Nicht eure Gefangenen?“
    Wieder dauerte es, bis die Erwiderung kam. Die Ganduup-Dienerin nickte, schloss die Augen und Gaiuper beobachtete, wie ihre Lider zuckten, während sie angeblich Holanda lauschte und dann erklärte:
    „ Uns ist nicht verborgen geblieben, dass du deine eigenen Pläne hast, Gaiuper. Du wirst dich daher Morawena und ihren Räumen nicht nähern, ebenso sollen sich Unass und Tegga von ihr fernhalten.“
    Das war eine Aussage, die Gaiuper ehrlich überraschte und ihm auch nicht passte. Doch sie stellte kein unüberwindliches Hindernis für ihn dar. Er hatte zwei Tage Zeit, um diese Anordnungen zu umgehen.
    „ War es das?“
    Wieder Warten, wieder zuckten die Lider des Mädchens, das seine Rolle sehr gewissenhaft spielte.
    „ Ihr seid sicher müde. Ruht euch aus.“
    Damit trat sie einen Schritt zur Seite und Gaiuper konnte mit Unass zwischen Holanda und der Dienerin hindurchmarschieren. Es war so lächerlich. Aber seit dem unrühmlichen Ende von Gaiupers erster Schlacht, die ihn Bulgokar und große Teile seines eigenen Heers gekostet hatte, war er auf das Theater der Ganduup angewiesen. Man konnte nicht behaupten, dass Holanda Gaiuper dringend brauchte. Er hatte ihr Morawena gebracht und zwischenzeitlich das nutzlose Rabenmädchen Elsa. Doch die Ganduup waren es gewesen, die Morawena aufgeweckt hatten, nicht er. Es waren auch die Ganduup gewesen, mit denen Morawena verhandelte. Mit ihm sprach sie höchstens nur, um sich über ihn lustig zu machen. Gaiupers Schläger übernahmen für die Ganduup ein paar unangenehme Aufgaben. Gaiuper selbst machte sich nützlich, indem er die eine oder andere Kleinigkeit seiner Erkenntnisse an die Ganduup weitergab, hauptsächlich, um sie auf eine falsche Fährte zu locken. Dazu gehörte, dass er ihnen eines Tages ‚Bolhins Reisen’ überließ, jedoch nicht, ohne vorher einige Seiten herauszureißen, die ihm sehr wichtig erschienen. Dass er das Buch nicht selbst zerstört, sondern in diesem Zustand in einem versteckten Winkel Sommerhalts ausfindig gemacht hatte, hatten ihm die Ganduup geglaubt. Was bewies, dass sie keine Gedanken lesen konnten.
    Was die Ganduup planten, war offensichtlich: Sie wollten Morawena, die Unglückliche und Unentschiedene auf ihre Seite bringen. Auf diese Weise waren mehr als zwei Jahre vergangen. Gaiuper hielt es für hoffnungslos, auf Morawenas Bekehrung zu hoffen. Das Mädchen führte die Ganduup nur an der Nase herum, wusste sie doch, dass die Ganduup-Festung der einzige Ort war, an dem sie halbwegs friedlich existieren konnte. Im Gegensatz zu Gaiuper mochte Morawena das Meer und die Sonne. Und das, obwohl ihre helle Haut bei der kleinsten Gelegenheit verbrannte. Wie oft schon waren ihre Sommersprossen unter der roten, versengten Haut verschwunden, die sich dann Tage später schuppte und schälte. Das war kein schöner Anblick, aber leider war Morawena uneitel und ließ sich dadurch nicht aus der Ruhe bringen. Sie ließ sich nie aus der Ruhe bringen. Sie war immer so hart und so kalt wie das Herz aus Stein, das sie mit sich herumtrug. Am Schlimmsten kam es, wenn Gaiuper versuchte, freundlich zu ihr zu sein. Das allerdings hatte er schon vor langer Zeit aufgegeben. Denn wenn er etwas Nettes zu ihr sagte, dankte sie es ihm mit bodenloser Gehässigkeit. Keine seiner Schwächen ließ sie aus, um darauf herumzutrampeln. Sie verlachte ihn. Es machte ihr Spaß, was bewies, dass ihre Beweggründe die allerniedrigsten waren. Man konnte gefühllos handeln oder reden, wenn man ein höheres Ziel im Blick hatte. Aber Niederträchtigkeit einzig und alleine zum Zweck der eigenen Belustigung, nein, das verachtete Gaiuper. Allerdings würde er bald eine Ausnahme machen. Sobald er Morawena in seiner Gewalt hätte, um sie in den Dienst seiner Sache zu zwingen,

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