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Rabenschwärze: Das Mädchen aus Istland (German Edition)

Rabenschwärze: Das Mädchen aus Istland (German Edition)

Titel: Rabenschwärze: Das Mädchen aus Istland (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Kammer
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Kamark nicht länger benötigen.“
    Tegga nickte und lief den Weg zurück, den sie gekommen waren. Gaiuper hingegen setzte seinen zügigen Spaziergang fort. Bald sah er die zwei Türme von Trotz vor sich aufragen, einen dicken und einen kleinen, dünnen. Die Luft hier war besser als am Tor. Das giftige Land, das nicht weit von Trotz begann, brachte im Grenzgebiet merkwürdige Erscheinungen hervor: Gaiuper sah Pflanzen, die von gelben Kristallen bedeckt waren, blutrot verfärbte Erde und kleine Eidechsen, die metallisch glänzten. Bäume wuchsen hier keine, eher trockenes Gras, Disteln und stachelige Sträucher mit vertrockneten Beeren. Alles in allem keine anheimelnde Gegend. Doch die Sonne schien an diesem Tag, über Trotz wölbte sich ein tiefblauer Himmel. Es war ein schöner Tag. Ein schöner letzter Tag.
    Die Burg wirkte verlassen. Hätten sich nicht ein paar Pferde unruhig in den Stallungen bewegt, man hätte meinen können, hier sei kein Mensch weit und breit. Im Grunde war auch die Burg nichts weiter als ein hohes schmales Haus, dessen Fundament nicht mehr das jüngste war. Es hatte zwei Eingänge mit steilen Treppen. Einer der Schläger nahm Morawena alleine auf die Schulter und stieg hinter dem anderen Schläger treppan. Gaiuper folgte, hinter ihm ging Tegga. Wie erwartet war er ohne Unass und Kamark zurückgekehrt. Nun, nach vollendeter Rache, wirkte er unbeteiligt, aber aufmerksam.
    König Nada zu finden, war nicht schwer. Sie folgten dem unangenehmen Essensgeruch, der in der Luft hing, und fanden den König im Speisezimmer, wo er eine Suppe löffelte und dabei ein Buch las. Eine Bedienstete, die gerade eine Kanne mit einem dampfenden Getränk hereingetragen hatte, schrie auf, als sie die Eindringlinge bemerkte, und drückte sich in eine Ecke des Zimmers, wo sie schluchzend in die Knie ging. Der König, aufmerksam geworden, hob den Kopf, tat aber nicht viel mehr als das. Immer noch hielt er den Löffel mit Suppe in der Hand, den er gerade in seinen Mund hatte stecken wollen. Gaiuper konnte nicht umhin, sich zu wundern. Nada stand in dem Ruf, ein kluger, disziplinierter Herrscher zu sein. Was Gaiuper hier vor sich sah, war ein Berg von Mann mit einer struppigen Mähne aus roten Haaren und einem Bart, der von tropfender Suppe feucht und fettig geworden war. Das füllige Gesicht des Königs zeugte von einem übergroßen Appetit und seine blauen Augen von sträflicher Naivität. Nur so konnte es sein, dass der König seine Gäste mit Neugier betrachtete, ohne sich darüber im Klaren zu sein, dass sie sein persönliches Ende bedeuteten.
    „ Leg sie dorthin!“, befahl Gaiuper dem Schläger, der Morawena trug.
    Gehorsam ließ der Schläger den Teppich auf zwei nebeneinander stehende Stühle fallen, wobei er keine Sorgfalt walten ließ. Der aufgerollte Teppich öffnete sich und zum Vorschein kam eine leichenblasse Morawena mit gequälten Augen. Ihre Hand rutschte zu Boden und schlug dort hart auf. Nada zuckte bei dem Geräusch zusammen und ließ seinen Löffel in die Suppe fallen.
    „ Was ist mir ihr?“, fragte er schockiert. „Ist sie bewusstlos?“
    Gaiuper sah zu, wie Nada langsam von seinem Tisch aufstand und auf Morawena zugehen wollte, aber von einem Schläger am Weitergehen gehindert wurde.
    „ Halte lieber Abstand“, riet Gaiuper. „Auf ihr sitzen kleine Tiere mit giftigen Stacheln.“
    Nada wandte seine blauen, treuen Kuhaugen von Morawena ab und richtete sie auf Gaiuper.
    „ Was hat das alles zu bedeuten?“
    „ Folgendes“, sagte Gaiuper und zog aus seiner Manteltasche eine kleine, grüne Flasche. Sie enthielt ein Gift, das er stets bei sich trug, um schnell aus dem Leben zu scheiden, falls es erforderlich wäre. „In dieser Flasche befindet sich ein Gegengift, das es dieser Frau erlaubt, wieder richtig zu atmen und sich zu bewegen. Ich hoffe, du siehst es ihren Augen an, dass sie gerade schlimme Qualen erleidet. Wenn niemand eingreift, wird sie in ein oder zwei Tagen ersticken.“
    Nada war bleich. Vielleicht war er immer bleich, rothaarige Menschen neigten ja dazu, blass zu sein. Doch seine Blässe war genau die Art Blässe, die sich Gaiuper erhofft hatte.
    „ Ich biete dir einen Handel an“, fuhr Gaiuper fort. „Ich gebe dir diese Flasche im Austausch gegen ein paar ehrliche Antworten auf meine bescheidenen Fragen.“
    „ Wenn es weiter nichts ist“, sagte Nada und hielt sich dabei mit seinen riesigen Pranken am Tisch fest. „Was willst du wissen?“
    In diesem Moment wurden sie

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