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Rabenschwärze: Das Mädchen aus Istland (German Edition)

Rabenschwärze: Das Mädchen aus Istland (German Edition)

Titel: Rabenschwärze: Das Mädchen aus Istland (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Kammer
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wollen. Doch eine Möwe wagt viel, wenn sie hungrig ist. Diese Möwe flog geradewegs in eine Bude, die frisch gegrillte Fische verkaufte, warf dort etliche Flaschen und Dosen um, und schnappte sich einen Fisch, der gerade sein Leben gelassen hatte. Dann entwischte sie durch die Hintertür, kurz bevor sie der Koch mit seiner Grillgabel aufspießen konnte. Andere Möwen waren zur Stelle, um dem Vogel seine Beute zu entreißen. Aber das sollte ihnen nicht gelingen. Einmal gewürgt, dann feste geschluckt – und weg war das Ding. Obwohl sich Elsa nicht vorstellen konnte, dass sich nun ein ganzer Fisch mit Kopf und allen Gräten in ihrem Magen krümmte, so war ihr doch, als sei dort etwas sehr schwer Verdauliches unterwegs. Noch einmal stieß sie auf und verabscheute den widerlichen Fischgeschmack in ihrem Mund. Dann war sie am Fuß der Treppe angelangt.
    Sie war überrascht, sich in einer unterirdischen Grotte wiederzufinden, deren Ausläufer zum größten Teil im Dunkeln lagen. Auf dem schwarzen Wasser lagen Boote, beleuchtet von Kerzen. Das Licht war schummrig, trotz vereinzelter Fackeln an den Wänden der Grotte. Die Stimmen der Leute, die in den zahlreichen Booten saßen und redeten, hallten. Hin und wieder klatschten Ruder ins Wasser, wenn die Gäste eines Boots in Richtung Schankschiff unterwegs waren, um die nächste Runde Birras abzuholen. Es gab nur noch wenige leere Boote am unteren Ende der Treppe. Elsa stieg in eines davon und ruderte vorsichtig aufs Wasser hinaus, besorgt, dass das Schaukeln ihren fragwürdigen Mageninhalt ans Licht befördern könnte.
    Es gab kein Boot, in dem nicht mehrere Leute saßen. Das schüchterte Elsa ein. Sie konnte doch nicht einfach zu einer fremden Gruppe rudern und sich ins Gespräch einmischen. Glücklicherweise winkte ihr einer der Jungen auf dem Schankschiff zu. Er machte ihr ein Zeichen, sie solle doch hergerudert kommen, also tat sie es.
    „ Ganz alleine hier?“, rief er ihr zu, als sie die schwimmende Bar erreichte.
    „ Bis jetzt“, rief sie zurück, „meine Freunde verspäten sich.“
    „ Eine Schande ist das! Wie kann man so ein hübsches Mädchen warten lassen? Ein Birra zum Trost?“
    Die großen Glashumpen mit dem goldenen Birra sahen verlockend aus. So viel Flüssigkeit, um den quer liegenden Fisch herunterzuspülen!
    „ Kann ich nicht bezahlen“, sagte sie. „Ich habe mein Geld vergessen.“
    Der Junge schob seine Hemdsärmel hoch und beugte sich möglichst lässig über die Theke.
    „ Ich lass doch kein einsames Mädchen auf dem Trockenen sitzen!“, erklärte er, über das ganze Gesicht grinsend. „Ich geb dir eins aus. Ist das ein Angebot?“
    „ Ja, danke“, sagte sie.
    Er grinste immer noch.
    „ Ich glaub, dich hab ich hier noch nie gesehen. Könnte mich erinnern, wenn du hier gewesen wärst.“
    „ Bekomme ich jetzt mein Birra? Du hast es mir versprochen!“
    „ Na klar.“
    Er schob ihr den begehrten Humpen hin und sie trank gleich drei riesige Schlucke
    „ Hey, langsam, teil es dir gut ein!“
    Elsa setzte den Krug ab. Sie fühlte sich schon viel besser.
    „ Kennst du einen Romer? Groß, dunkelhaarig und so eine Art Soldat? Jedenfalls arbeitet er für den König.“
    Der Junge verschränkte die Arme und stützte sich damit auf der Theke ab.
    „ Nein, Kleine, mit dem kann ich nicht dienen. Aber es kommen immer eine Menge Soldaten hierher.“
    Das half Elsa nicht weiter.
    „ Du kannst dich ja mit mir unterhalten. Ich bin sowieso interessanter als dein Romer“, sagte der Junge.
    Sie überlegte noch, wie sie ihm erklären könnte, dass Romer für sie ungleich interessanter war, aber aus anderen Gründen, als er dachte, da hörte sie, wie in ihrem Rücken ein Boot angefahren kam. Sie musste Platz machen, damit das Boot die Theke erreichen konnte und hatte schon die Ruder in der Hand, als sie beim Namen gerufen wurde.
    „ Amandis? Was für eine Überraschung!“
    Sie drehte sich um. Die Stimme, die sie hörte, war Leimsels. Doch der Mann, der zu ihr sprach, sah jünger aus. Er hatte eine Uniform an, keinen Anzug oder Mantel. Auch fehlten der Backenbart und der Spazierstock.
    „ Leimsel?“, fragte sie ungläubig.
    „ Ja, ich bin es, meine Liebe. Darf ich zu dir herüberkommen? Dann rudern wir an ein ruhiges Plätzchen und unterhalten uns.“
    Dieser Vorschlag gefiel Elsa überhaupt nicht. Doch sie konnte kaum ablehnen, ohne sehr unhöflich zu sein. Daher stieß sie sich vom Schankschiff ab in Leimsels Richtung und sah erstaunt zu, wie er

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