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Rabenschwärze - Der Grubenmann (German Edition)

Rabenschwärze - Der Grubenmann (German Edition)

Titel: Rabenschwärze - Der Grubenmann (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Kammer
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Gesicht wirklich so nah bei ihrem war, was seinerseits nicht vollkommen selbstlos geschehen konnte, und dass das, wovon ihre Nase gar nicht genug bekommen konnte, sein Geruch war. Sie konnte nicht anders, sie musste zurückküssen. Ein bisschen jedenfalls. Als er merkte, dass seine Berührung erwünscht und nicht lebensgefährlich war , wagte er es, sie anzufassen und ihr zaghaftes Zurückküssen zu erwidern, was sich besser anfühlte als alles, was Elsa jemals in allen Welten zu spüren bekommen hatte .
    Das Merkwürdige war, dass sie einerseits keine Ahnung vom Küssen hatte und andererseits auf mehrtausendjährige Erfahrungen mit Nikodemia zurückblicken konnte, an den sie aber gerade gar nicht denken wollte. So stammelte sie sich in dieser nur halbwegs vertrauten Sprache von einer Berührung zur nächsten. Irgendwann öffnete sie die Augen und verließ sich darauf, dass jede ihrer Annäherungen eine wunderbare Antwort erhielt . So war es nämlich: Sie wollten fühl bar das Gleiche, weswegen der Kuss immer inniger und umfassender wurde und sie alles, was sie zum Aufhören hätte veranlassen können, vergaßen.
    Nein, es war kein schlechter Kuss, nicht mal der passable Versuch eines schlechten Kusses und damit völlig ungeeignet zum Abgewöhnen. Längst war der körperliche Abstand zwischen ihnen auf das Geringste geschrumpft und Elsa befand sich im Inneren zweier starker antolianischer Arme, die darauf achteten, sie nicht zu zerdrücken und doch keinen Millimeter verschenkten. Es bestand keinerlei Gefahr, dass Elsas Hände oder Arme ihn erdrückten, daher war sie nicht sonderlich zurückhaltend. Geradezu sträflich missachtete sie, was Urslina ihr beigebracht hatte, nämlich den Drei-Stufen-Plan einzuhalten, ohne den keine Liebelei Aussicht auf Erfolg hatte, Urslinas Ansicht nach. Der strikte Drei-Stufen-Plan besagte Folgendes: bei der ersten Verabredung harmlose Küsse, bei der zweiten Verabredung Zungenküsse und bei der dritten alles weitere, wenn es sein musste. So hatte Urslina es mit Piotr gehalten und das hatte sich bewährt. Wenn man den Plan auf zehn Stufen ausweitete, so Urslina, dann wurden die Männer ungeduldig und suchten womöglich das Weite. Wenn man aber alles in einer Stufe erledigte, dann verloren sie die Achtung.
    Jetzt war es so, dass Elsa schon dabei war, die zweite Stufe hinter sich zu lassen, und unweigerlich bei der dritten gelandet wäre, hätte sie nicht in Leimsels Wohnzimmer auf Madelenes grünem Sofa gesessen. Dort saß sie aber und das veranlasste sie, zwischen der zweiten und der dritten Stufe zu verweilen, anstandshalber, was aufregend genug war. Denn ab und zu vergaß Elsa zwischen all diesen sinnlichen Berührungen, wo sie anfing und wo sie aufhörte. Mehr als einmal befürchtete sie, sie könne ihre Gestalt verlieren oder sich in Flüssigkeit auflösen, schließlich war diese Möglichkeit durchaus in ihrer Natur angelegt. Andererseits hielt er sie ja gut und sorgsam fest und hätte sie sicher gewarnt, wenn ihre Konsistenz nicht mehr so gewesen wäre, wie sie sein sollte. Gerade wanderten seine Lippen über ihr Gesicht und sie presste ihre Handflächen gegen seine Brust, um zu verhindern, dass ihre Haut tatsächlich schmolz, da durchzuckte eine sehr laute Stimme Elsas Nerven und ließ sie auffahren. Völlig entgeistert schaute sie in die Richtung, aus der die Stimme gekommen war, und hielt sich an Anbar fest, um nicht vom Sofa zu fallen vor lauter Schreck.
    „Bist du noch ganz dicht?“, schrie ein völlig aus der Fassung geratener Leimsel in Anbars Richtung. „Hast du komplett den Verstand verloren?“
    Leimsel kochte. Elsa hatte ihn noch nie so wütend gesehen. Anbar hielt unverändert Elsa im Arm. Als sie es kurz wagte, ihn anzusehen, merkte sie, dass er sich seiner Schuld bewusst war. Aber er ließ sie nicht los.
    „Was soll das?“, brüllte Leimsel. „In diesen Stunden? Sag mir das! Hast du nichts zu tun in Antolia? Muss ich dich daran erinnern, was dort gerade passiert?“
    Anbar öffnete den Mund, aber bevor er etwas sagen konnte, hatte Leimsel schon tief Luft geholt und rief mit überschnappender Stimme:
    „Warum tust du das? Ist dir nicht klar, was du kaputt machen könntest?“
    „Ist schon gut, Leimsel“, sagte Anbar. „Ich weiß es.“
    „Gar nichts ist gut! Absolut gar nichts ist gut! Und gar nichts weißt du, wie man sieht!“, schrie Leimsel mit rotem Kopf. „Wenn ich nun mit Madelene zurückgekommen wäre! Meinst du, die hätte ihren Mund halten

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