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Rabenschwärze - Der Grubenmann (German Edition)

Rabenschwärze - Der Grubenmann (German Edition)

Titel: Rabenschwärze - Der Grubenmann (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Kammer
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Standpunkt ab. Ein junger Kerl wie Anbar konnte sich nur den Schädel daran einrennen. Immerhin – falls Torben bis zu diesem Zeitpunkt entgangen war, dass Anbar zwar friedliebend ist, aber einen zutiefst störrischen Charakter hat, so gingen ihm jetzt die Augen auf. Es war bald ein offenes Geheimnis, dass es zwischen Großvater und Enkel immer wieder gewaltig schepperte. Je tiefer Anbar seine Nase in die Regierungsgeschäfte steckte, desto unzufriedener wurde er. Dass nicht alles rund lief in Antolia, das hatte er schon während seines Dienstes als Außengänger gemerkt. Es gibt keinen Außengänger, der nicht über die Regierung und ihre weltfremden Maßnahmen den Kopf schüttelt. Doch wie unmenschlich und ungerecht die Regierung teilweise handelte, in dem Glauben, das Richtige zu tun, verblendet von Unwissenheit und uneinlösbaren Idealen – das wurde ihm erst jetzt klar.
    Er kämpfte einige Zeit vor sich hin. Er versuchte andere Außengänger in die Regierung zu holen und prangerte in öffentlichen Sitzungen Missstände an, was ihm die komplette Mehrheit sehr übel nahm. Das Volk auch. Du musst wissen, dass Antolia seine Politiker vergöttert. Du findest das bestimmt komisch, Elsa, denn ich nehme an, du stammst aus einer Welt, in der Politiker als Schlitzohren angesehen werden, die hauptsächlich für sich selbst arbeiten. So ist das aber nicht bei uns in den Hochwelten. Da sind die Politiker die Klugen, die Selbstlosen, die Gerechten, die die Ideale der Gesellschaft verwirklichen. Sie werden bewundert. Man nörgelt nicht an ihnen herum, schon gar nicht im ehrenwerten Rat. Die einzigen, die im Rat ein bisschen meckern dürfen, das sind die unmaßgeblichen Minderheiten, zu denen auch meine Partei zählt. Aber auch wir müssen Respekt walten lassen, damit wir uns nicht selbst den Boden unter den Füßen wegreißen. Aber mit dem Respekt hat er’s ja nicht so, unser Anbar, und so hat er ordentlich Dampf abgelassen und das Volk verschreckt. Jeder andere Politiker hätte die Gunst des Volkes verloren und wäre abgewählt worden, aber da sie ihn ja nun mal ins Herz geschlossen hatten, sahen sie ihm die groben Worte nach und ließen ihn nicht fallen.
    Er lernte dazu, drückte sich vorsichtiger aus, aber es änderte nichts. Einige Jahre vergingen, in denen er einsehen musste, dass er vielleicht mal Regierungsführer werden würde, doch nicht regieren könnte. Die bestehende Mehrheit war zu mächtig und ganz und gar nicht seiner Meinung. Noch ein paar aufreibende und freudlose Jahre dieser Art und er hätte wahrscheinlich das Handtuch geworfen und sich aus der Politik zurückgezogen. Aber dann brachte ihn Torben in eine höchst schwierige Situation. Anbar musste handeln, er wurde dazu gezwungen. In der Folge – weil Torben es nicht anders gewollte hatte – verpasste Anbar seinem Großvater den größten Arschtritt seines Lebens. Verzeih mir die unfeine Ausdrucksweise, aber die trifft es einfach am besten.“
    Leimsel strahlte übers ganze Gesicht. Der Gedanke an den Arschtritt bereitete ihm sichtlich große Freude.
    „Nun kommst du ins Spiel“, fuhr Leimsel heiter fort. „Wie du ja weißt, ist Sommerhalt ein Möwen-Standort und somit gibt es hier auch viele Antolianer, um die Möwen im Auge zu behalten. Einer von ihnen hatte die Aufgabe, das Tor in den Zerfurchten Wiesen bei Hagl zu beobachten und er entdeckte dich als erster. Immer mal wieder tauchte ein Rabe aus dem Nichts auf, mal verwandelte er sich in ein Mädchen und mal nicht. Der Antolianer wollte es erst gar nicht glauben. Denn seit Jahrtausenden sind nie zwei Raben gleichzeitig aufgetaucht, weswegen man annahm, dass es nur einen Raben gibt, der sich immer wieder zeigt. Es war aber bekannt, dass die Möwen einen Raben im Käfig hielten und so war es fast unmöglich, dass ein zweiter Rabe aufgetaucht sein sollte. Doch an dem Bericht des Antolianers bestand kein Zweifel. Er sagte aus, dass es sich um einen jungen Raben handelte. Jung und unwissend genug, um auf einfache Weise nach Antolia gebracht und dem Verfahren überantwortet zu werden. Der Rat handelte schnell. Es wurde beschlossen, dass dieser Rabe ausgelöscht werden sollte, bevor er Unheil anrichten könnte. Torben wusste sehr wohl, dass Anbar dem Verfahren kritisch gegenüberstand, glaubte aber, er müsse dem aufmüpfigen Enkel seine Macht demonstrieren. Er schlug dem Rat vor, dass Anbar, der ja zu Sommerhalt besondere Beziehungen pflegte und ein Außengänger war, die überaus wichtige Aufgabe

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