Rabenschwärze - Der Grubenmann (German Edition)
fragte Leimsel ärgerlich.
„In diesem Fall ja. Ich weiß aber, dass es nicht ganz richtig gewesen ist.“
„Du hast dir selbst geschadet. Anbar hat sein Bestes getan, aber seither trauen dir die Hochwelten nicht mehr so recht. Vorher wollten sie ihm gerne glauben, dass du nicht danach trachtest, andere zu verderben.“
Sie spürte eine leichte Welle von Zorn in sich aufsteigen.
„Edon hat mich gequält. Wäre Sistra nicht aufgetaucht und hätte mich damit gerettet, dann müsste sich Madelene wirklich Sorgen um dich machen. Denn ich wäre nicht mehr die Gleiche und würde jedem den Schädel spalten, der mich auf diese Nacht anspricht!“
Sie musste wohl sehr grimmig aussehen, als sie das sagte, denn Leimsels Tonfall wechselte schnell von Tadel zu Beschwichtigung.
„Ich kannte Edon Weiss nicht besonders gut, ich habe ihn aber ein paar Mal bei den Relings angetroffen. Ich kann mir vorstellen, dass er sich wenig taktvoll, vermutlich sogar hämisch gezeigt hat. Aber bist du sicher, dass er dir nicht nur einen Schrecken einjagen wollte?“
„Einen Schrecken einjagen? Ich möchte mal wissen, was du mit einem Mann tätest, der deiner Frau einen solchen Schrecken einjagt!“
Leimsel wurde eine Spur nervöser.
„Du sprichst aber hoffentlich nicht von Dingen, die ein zivilisierter Mann niemals tun würde?“
„Am liebsten würde ich überhaupt nicht darüber sprechen. Aber da du dich so sehr über meine Grausamkeit wunderst, sage ich dir: Ja, genau von diesen Dingen spreche ich. Sistra kam im letzten Moment. Auch wenn sie mich gerettet hat, heißt das noch lange nicht, dass ich mich an dem Abend amüsiert habe. Es war widerlich.“
Leimsel sah betroffen aus.
„Die Möwen sind normalerweise gute Leute.“
„Von dieser Auffassung bin ich geheilt. Sistra hat mich in einen Käfig gesteckt, Ega Miss hat mich in einen schwarzen Keller gehängt und ihr Mann wollte mit seinen Freunden über mich herfallen. Sollte sich mal herausstellen, dass deine Hochweltler genauso gute Leute sind, dann werde ich vielleicht doch noch böse!“
Sie hatte sich in Fahrt geredet, merkte aber, dass sie den Falschen attackierte. Leimsel saß fast unglücklich in seinem Sessel und sah sie düster an.
„Es tut mir leid“, sagte er schließlich.
Sie schüttelte den Kopf.
„Es macht nichts. Ich habe noch Glück gehabt.“
Es wurde für eine Weile ungemütlich still, nicht mal eine Uhr tickte in Leimsels Wohnung. Er sah immer noch geknickt aus und Elsa dachte daran, dass es höchste Zeit wurde, ins Matrosenviertel zurückzukehren. Aber vorher wollte sie noch etwas wissen.
„Du, Leimsel?“, fragte sie. „Warst du denn ein braver Antolianer und hast keine andere angeguckt, bevor du Madelene gefunden hast?“
Leimsel erwachte aus seiner düsteren Stimmung und fand seine gute Laune wieder.
„Machst du Witze?“
„Ja“, sagte Elsa. „Ich dachte mir schon, dass es einer wird.“
„Es gehört zu den großen Vorteilen eines Außengängers“, erklärte Leimsel, „dass er in aller Ruhe herausfinden kann, welche die Richtige ist.“
„Oder die Zeit herumbringen kann, bis sie geboren wird.“
„Das sagst du. Für den Fall, dass du nicht mitgerechnet hast: Anbar ist auch schon über dreißig.“
„Ich kann aber schon laufen.“
„Falls du darauf anspielst, dass Madelene noch Windeln getragen hat, als ich meinen vierzigsten Geburtstag gefeiert habe, dann kann ich dich beruhigen: Damals kannte ich sie noch nicht. All die Jahre, die sie gebraucht hat, um erwachsen zu werden, die habe ich gebraucht, um ihr gerecht werden zu können. Du hältst sie vielleicht für ein ängstliches Kind, aber das ist sie nicht. Sie ist etwas ganz Besonderes.“
„Das glaube ich dir sofort. Spätestens übermorgen bin ich weg, dann kannst du sie zurückholen.“
„Heute eingeschlossen?“
„Nein. Ich meinte, in der nächsten Nacht werde ich aufbrechen. Natürlich kannst du sie auch vorher holen, ich werde sie bestimmt nicht fressen.“
„Ich weiß, aber sie wird besser schlafen, wenn ich ihr sage, dass du nicht mehr hier bist. Es geht ja nicht nur um dich, sondern auch um die netten Leute, die dich verfolgen.“
Elsa rutschte aus ihrer Sofaecke und suchte nach ihren Stiefeln.
„Schlafen sollte ich heute auch noch“, sagte sie. „Gleich bist du mich los.“
„Habe ich denn meinen schlechten Eindruck wieder ausgebügelt?“, fragte er, während sie sich die Stiefel wieder anzog.
„Ach, Leimsel, ich bin doch ruppige Antolianer
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