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Rabenschwärze - Der Grubenmann (German Edition)

Rabenschwärze - Der Grubenmann (German Edition)

Titel: Rabenschwärze - Der Grubenmann (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Kammer
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wir nicht mitgenommen. Nur Nada war eingeweiht. Von Anbar. Damit hat er etwas absolut Verbotenes getan, aber er war fest überzeugt davon, dass es nie jemand erfahren würde, weil Nada das Wissen über die Welten für sich behalten würde, so wie er es versprochen hatte. Ich hätte es Gerard zu gerne auch erzählt, aber wir konnten uns seiner nicht sicher sein. Deshalb mussten wir ihn ausschließen. Ich kannte ihn zu gut. Er hätte beim nächstbesten Streit damit gedroht, alles zu verraten. Er hätte es benutzt, um uns zu erpressen. Du darfst deswegen nicht schlecht von ihm denken. Gerard war nun mal durch und durch eine Herrschernatur. Wenn ein Geheimnis dazu taugte, ihn noch mächtiger und stärker zu machen, dann hatte er keine Bedenken, es zu missbrauchen.“
    Der Wald rund um die große Wiese bewahrte seine Kontur. Der Himmel darüber war grau, doch hier und da war er lichter und von reinem Weiß. Elsa traute dem Frieden kaum. Mit einer Hand am Stein und der anderen an der Hauswand richtete sie ihre Aufmerksamkeit auf das, was Morawena ihr erzählte. Es half ihr dabei, jeden Anflug von Müdigkeit oder Unkonzentriertheit zu verscheuchen.
    „Wenn ich Anbar richtig verstanden habe, hielt er Gerard für ein Großmaul.“
    „Später. Als Gerard König war, konnte sich Anbar sehr über ihn aufregen. Aber Anbar vergisst gerne, dass ein mittelalterlicher Staat, der auch Feinde hat und materielle Sorgen, anders regiert werden muss als ein Verbund aus satten, braven Hochwelten. Ich weiß nicht, wie er heute denkt, wir hatten leider kaum Zeit zum Reden. Aber mittlerweile müsste ihm klar sein, dass Gerard damals Stärke zeigen musste. Er hat einen kleinen Krieg begonnen, der später den Frieden sicherte.“
    „War er deshalb nicht in Hagl? In dem Sommer, als Agnes dort gelebt hat?“
    „Nein. Das hatte andere Gründe.“
    „Welche?“
    Morawena antwortete nicht. Sie nahm einen Schluck aus der grünen Waldmeisterbrause, die Elsa für sie entdeckelt hatte. Auf der Flasche stand, dass die Limonade Tonnen von Vitaminen enthielt. Vielleicht waren Vitamine ja gut für Morawena. Auch wenn es Zwischenraum-Vitamine waren.
    „Stimmt es, dass du diese Agnes gewesen bist?“, fragte Morawena.
    „Ja, das stimmt.“
    „Du kannst dich daran erinnern?“
    „Nicht an alles. Mehr an einzelne Momente. So wie man sich an die Zeit erinnert, in der man klein war.“
    „Nada war sehr unglücklich über ihren Tod“, sagte Morawena. „Aber ich war auch unglücklich zu der Zeit, deswegen stand ich ihm nicht zur Seite, wie ich es eigentlich hätte tun sollen. Mein Leben ging in die Brüche oder das, was ich mir darunter vorgestellt hatte. Meine Träume, meine Hoffnungen, mein Vertrauen. Dagegen erschien mir das Schicksal eines aufgesammelten Mädchens nicht so wichtig. Es war nur ein dunkler Schnörkel am Rand meines persönlichen Weltuntergangs.“
    Düster schaute Morawena über die Wiese hinweg. Sie hatte erstaunlich grüne Augen. Besonders jetzt. Sie waren ein bisschen dunkler als die Waldmeisterbrause.
    „Gerard und ich haben in dem Sommer eine weite Reise gemacht“, erzählte sie. „Über zwei Meere zum südlichen Kontinent und wieder zurück. Es war ihm wichtig, die Welt zu sehen, von der er einen Teil regierte. Fremde Menschen und Kulturen kennen zu lernen. Ich habe ihn begleitet. Ich hätte es nicht tun sollen, aber ich konnte den Gedanken nicht ertragen, dass ich ihn monatelang nicht sehen würde. Ich war sehr eifersüchtig damals. Ich musste ihn bewachen. Nada übernahm während dieser Zeit Gerards Regierungsgeschäfte. Deswegen kam er aus Trotz nach Hagl und wegen der vielen Arbeit hatte er keine Zeit für Agnes. Er hat sich später große Vorwürfe gemacht. Er meinte, dass er sich mehr um sie hätte kümmern müssen.“
    „Jetzt muss er sich keine Vorwürfe mehr machen. Er weiß ja, dass ich lebe. Warum hättest du Gerard nicht begleiten sollen?“
    „Diese große Reise war immer ein Traum von Gerard gewesen. Aber wie das so ist mit Träumen, die in Erfüllung gehen – die Reise brachte niemandem etwas Gutes. Gerard und ich waren Tag und Nacht zusammen und das ist bei so streitlustigen Personen wie uns ein anstrengendes Abenteuer. Trotzdem hatten wir unsere guten Momente. Mein Problem war, dass ich nicht auf Dauer normal sein konnte. Ab und zu musste ich meine Hände in den Zwischenraum strecken, mich verwandeln, eine Runde fliegen. Dabei ging ich immer sehr vorsichtig vor, entfernte mich weit von allen mir vertrauten

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