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Rabenschwärze - Der Grubenmann (German Edition)

Rabenschwärze - Der Grubenmann (German Edition)

Titel: Rabenschwärze - Der Grubenmann (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Kammer
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Menschen und tarnte mich, so gut ich konnte. Aber auf dieser Reise musste ich mich aus unserem gemeinsamen Bett stehlen. Gerard, der ebenso eifersüchtig war wie ich, merkte es. Er folgte mir heimlich und was er sah, widerte ihn an. Er erkannte in mir eine Hexe. Ein Biest, das fliegen konnte. Als ich in unser gemeinsames Zelt zurückkam, war er verändert. Erst redete er kein Wort mehr mit mir und wollte mich nicht mehr in seiner Nähe haben. Dann ließ er sich endlich auf meine Erklärungen ein. Ich erzählte ihm alles, ich schüttete ihm mein Herz aus. Dass ich ein Wesen bin, das vor sich selbst nicht sicher ist. Dass ich mich verstecken musste, weil andere auf mich Jagd machten. Dass ich ihn liebte, dass er meine einzige Erlösung sei. Das hat ihm wohl geschmeichelt und er ließ mich wieder an seiner Seite sein. Aber es war nicht mehr wie früher. Er duldete mich, aber er liebte mich nicht mehr.“
    Morawena schaute starr geradeaus. Doch sie hatte Elsa nicht vergessen.
    „Bist du schon mal sitzengelassen worden?“, fragte sie.
    Elsa verneinte es.
    „Es kommt darauf an, wer es tut“, sagte Morawena. „Gerard war für mich das Maß aller Dinge. Früher hatte er mich verehrt und beschützt. Ich war stark, aber er war noch stärker. So lief das Spiel. All seine zärtlichen Gefühle beruhten darauf, dass er der Überlegene war. Er war König, ich nur eine Kaufmannstochter. Er konnte schneller reiten, besser kämpfen und gewann jeden Streit. Deswegen habe ich ihn bewundert. Niemand konnte mir das Wasser reichen, niemand außer ihm. Er hatte keine Skrupel. Immer hat er mich dazu gebracht, dass ich am Ende aufgebe. Er konnte länger hart bleiben, nicht mit mir reden, unfaire Mittel anwenden. Er hat mich immer klein gekriegt. Das war es, was ich wollte: dass jemand mich klein kriegt. Ich dachte, wenn es einen Menschen gibt, der stärker ist als ich, dann kann mich dieser Mensch beschützen. Vor allem vor mir selbst. Wenn er mich nur liebt. Ich war mir so sicher, dass er mich immer lieben würde, so wie ich ihn immer lieben würde. Es zeigte sich aber, auf der langen, quälenden Reise zurück nach Sommerhalt, dass Gerard gar nicht stark war. Er war unsicher und wusste auf einmal nicht mehr, was er mit mir anfangen sollte. Seine Liebe hatte sich verflüchtigt. Ich lag in seinen Armen und spürte keine Wärme mehr. Nur sein Unbehagen, das sich langsam in Abneigung wandelte. Ich konnte gar nichts dagegen tun. Ich bin stolz, aber in meiner Verzweiflung habe ich allen Stolz vergessen. Ich habe ihn angebettelt, mir zu glauben. Dass er das Wichtigste sei, das es für mich gebe, mein Retter, mein Held! Alles, was ich dafür bekommen habe, waren Almosen. Ich durfte bei ihm liegen, aber er war kalt. Als sei es eine Gnade, eine Freundlichkeit, dass er sich mit mir befasst. Während ich immer noch hoffte, dass es wie eine Krankheit vorbeigehen würde, dass seine Liebe wieder aufflammen würde, er wieder mit Sorge und Sehnsucht in mein Gesicht schauen könnte, da wuchs meine Wut. An der Oberfläche war ich traurig, unendlich traurig. In meinem Inneren hasste ich ihn für das, was er mir antat.“
    „Du hast ihn gehasst und geliebt? Beides gleichzeitig?“
    „Ja. Beides gleichzeitig und beides immer heftiger. Wir waren erst ein paar Tage zurück in Schloss Hagl, da eröffnete er mir, dass es vorbei sei. Endgültig vorbei. Ich war komplett außer mir, als er das sagte. Ich schrie, ich tobte, ich fiel auf die Knie. Ich heulte ihm die Ohren voll. Ich! So etwas habe ich früher nie getan, keine Träne hat er vorher bei mir gesehen. Komischerweise ließ er sich erweichen. Es ging weiter mit uns. Schrecklich ging es weiter, Woche für Woche, länger als zwei Monate. Warum er noch seine Nächte mit mir verbrachte – mehr als das war es nicht mehr – war mir rätselhaft. Denn es machte ihm weder Freude noch schien er Mitleid mit mir zu haben. Ich hoffte immer noch auf die Rückkehr seiner Gefühle, aber wusste doch genau, dass das nicht passieren würde. Wozu also noch das Theater? Schließlich fand ich den Mut, ihm diese Frage zu stellen, und als Antwort sah ich die Furcht in seinen Augen. Das war der schlimmste Moment: zu sehen, dass er nicht mal die Stärke besaß, mich wegzuschicken. Aus Angst, dass die Hexe sich rächen könnte. Ich war ihm zur Last geworden, zur Bedrohung, zur Falle. Ich versprach ihm, dass er nichts vor mir zu befürchten habe und dass ich aus seinem Leben verschwinden würde, wenn er es wünschte. Das verleitete

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