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Rabenschwärze - Der Grubenmann (German Edition)

Rabenschwärze - Der Grubenmann (German Edition)

Titel: Rabenschwärze - Der Grubenmann (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Kammer
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Sie war in zu guter Stimmung. Das Gras duftete, auf dem See veranstalteten ein paar gut genährte Wasservögel ein reges Geplätscher und die kleinen Wolken im blaugrauen Himmel hatten sanft leuchtende Ränder. Nikodemia wandte sich ärgerlich ab und marschierte auf einen Kiesweg zu, der unter den Bäumen zum Parkausgang führte. Elsa musste fast rennen, um nicht den Anschluss zu verlieren und die erschöpfte Morawena blieb weit zurück. Nikodemia war schon auf der Straße, als Elsa sich noch einmal umwandte und Morawena im Gras sitzen sah.
    „Warte, Niko!“
    Doch er bog um eine Ecke und war weg. Elsa entschied sich, zu Morawena zurückzukehren. Dort im Park würde Niko sie wiederfinden, falls er sich mal umdrehte und seine Reisebegleitung vermisste. Elsa setzte sich neben Morawena ins Gras, was unglaublich gut tat, da das Gras weich und trocken war und sie auf einmal sehr müde. Sie lehnte sich gegen einen Baumstamm und schlief sofort ein. Wie viel später es war, als sie wieder aufwachte, im Gras liegend und von einem Sonnenstrahl an der Nase gekitzelt, das wusste sie nicht. Bestimmt waren ein oder zwei Stunden vergangen. Es roch nach frisch gebackenen Brezeln. Nikodemia, der Unvergleichliche, hatte ihnen etwas zu essen besorgt. Geklaut, wie er zugab. Es war eigentlich nicht Teil des Plans, hier im Park, in unmittelbarer Nähe des Tors zu frühstücken. Aber Morawenas Zustand ließ nichts anderes zu und Elsa und Nikodemia kam es auch sehr entgegen. Die komische, abgepackte Milch, die er mitgebracht hatte, schmeckte nussig und ein wenig nach Käse, aber nachdem sich Elsa an den Geschmack gewöhnt hatte, trank sie ihre Packung in einem Zug leer. Zu dieser Zeit liefen auch schon die ersten Stadtbewohner durch den Park, Damen in langen Kleidern mit eleganten Sonnenschirmen und Herren in glänzenden Westen, langen Jacken und steifen Hüten. Als Morawena die Leute sah, erwachten ihre Lebensgeister.
    „Sehen wir uns die Stadt an?“, fragte sie.
    „Höchstens, um irgendwo Geld zu klauen“, antwortete Nikodemia. „Dann fahren wir mit der Eisenbahn weiter und übernachten in einer anderen Stadt. Dann sollten wir noch mal die Welt wechseln.“
    „Wir müssen nicht stehlen“, sagte Morawena. „Wo solche Herrschaften herumlaufen, gibt es Goldschmiede oder Juweliere, die mir ein bisschen Gold abkaufen.“
    „Das dauert zu lange“, widersprach Nikodemia.
    Aber Morawena stand schon, strich sich ihr Kleid glatt, das nach zehn Tagen in der Zwischenraum-Wildnis nicht mehr ordentlich aussah, und befestigte die Spangen in ihrem Haar aufs Neue.
    „Ich wäre soweit“, sagte sie und schritt voraus. Den Gang der Menschen im Park hatte sie sich schon gut abgeschaut. Elsa staunte, wie Morawena stolzieren konnte. Da sah man glatt über ihre Aufmachung hinweg. Elsa lief hinter Morawena her, bis sie sie eingeholt hatte, und versuchte, die gleiche Haltung einzunehmen. Nachdem sie den Park verlassen hatten, bestaunte sie die sauberen, gepflasterten Straßen, die zierlichen Laternen und die reichen Schaufensterauslagen.
    „Ein bisschen wie in Brisa“, stellte Elsa fest. „Nur steifer.“
    „Einsetzende Industrialisierung“, erwiderte Morawena nüchtern. „Davon ist Sommerhalt glücklicherweise weit entfernt. Auch wenn die Möwen viel Fortschritt eingeschleppt haben, der lärmige, schmutzige Rest blieb uns erspart.“
    Morawena studierte die Preise an einem Gemüsestand und im Schaufenster eines Schneiders. Sie rechnete. Dann, auf einer der Prachtstraßen, wo ein Laden vornehmer aussah als der nächste, marschierte sie in das Geschäft eines Juweliers. Elsa ging einfach hinterher und stellte sich neben Morawena. Als sie aus dem Schaufenster auf die Straße schielte, sah sie Nikodemia. Er lehnte an einer Laterne und sah sich neugierig die Menschen an, die an ihm vorüberzogen. Insbesondere die Damen, die in dieser Welt Korsetts trugen, anders waren die schlanken Taillen nicht zu erklären.
    Morawena wünschte unterdessen den Ladeninhaber zu sprechen, der daraufhin aus einem Hinterzimmer geholt wurde. Er reagierte wie schon seine Verkäuferin zuvor. Erst begutachtete er Morawenas Aufzug, skeptisch, dann ihr Gesicht, das ihn umstimmte. Ganz bestimmt hatte er es mit einer Dame zu tun! Vor allem, als sie den Mund aufmachte, ließen ihr Selbstbewusstsein und ihr Charme keine andere Deutung zu. Elsa hatte Morawena noch nie so gewinnend lächeln sehen, so strahlen, wenn ihr Gegenüber etwas sagte. Sie holte einen Beutel hervor und ließ

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