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Rabenschwärze - Der Grubenmann (German Edition)

Rabenschwärze - Der Grubenmann (German Edition)

Titel: Rabenschwärze - Der Grubenmann (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Kammer
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Gestank seiner schlechten Kinderstube niemals werde abschütteln können, auch wenn er das Matrosenviertel Jahrzehnte hinter sich gelassen hätte, um von einer miesen Gesellschaft in die nächste zu ziehen. Was an seiner Gesellschaft denn so mies sei, fragte Nikodemia in ohrenbetäubender Lautstärke. Es sei doch allgemein bekannt, dass die Pinets in ihren Fabriken im Süden Kinder ausbeuteten, bis sie tot umfielen. Lieber würde er das verpestete Wasser aus den Kanälen des Matrosenviertels saufen, als sich von den Pinets mit Perlwein abfüllen zu lassen, so wie es Morawena tat. Sie sei sich ja für nichts zu schade. Trotz pinkelfeiner Kinderstube.
    Morawena warf einen Stuhl um. Ob er denn glaube, dass das welke, berauschende Gemüse, an dem er sich bereichern wolle, von glücklichen, dicken Eingeborenen hergestellt werde? Ob er denke, dass die Kolonialherren, die sich damit eine goldene Nase verdienten, ihren Sklaven weiche Bettchen bauten und sie in den Schlaf sängen? Wie könne er nur so gnadenlos dumm sein und sie dann auch noch mit seinem einfältigen Geschwätz belästigen?
    Elsa sah den Moment für gekommen, sich einzumischen. Sie versuchte zu schlichten, indem sie darauf hinwies, dass der ursprüngliche Anlass des Streits – ein schimmeliges Stück Kuchen im Fliegenschrank – genauso wenig an der Sklavenhaltung und der Kinderarbeit ändere wie die Lautstärke ihres Geschreis. Sie sah sich in der Folge als Kleinkrämertochter mit den Nerven eines Huhns und dem Esprit einer Schnecke bezeichnet, die sich gefälligst fortscheren solle, wenn ihre zarten Öhrchen den Anforderungen einer Diskussion nicht gewachsen seien. Das tat sie dann auch, in der Hoffnung, dass am Abend, wenn sie wiederkehrte, der Streit geschlichtet und die Einrichtung heile geblieben wäre.
    Was sie tatsächlich vorfand, als es dämmerte, war eine leere Wohnung, die ihr verdächtig vorkam. Woran es lag, konnte sie gar nicht erklären. Es war ein Gefühl, als ob etwas ganz und gar nicht stimmte. Sie zündete ein Licht an und ließ im gleichen Moment ihren Blick in den Zwischenraum gleiten. Was sie sah, ließ sie erstarren: Unterhalb des Fensterflügels, der offenstand, war ein dünner, leuchtender Faden zu sehen, der sich leicht im Luftzug bewegte. Es bestand kein Zweifel: Der Faden verschwand, wenn sie ihren Blick vor dem Zwischenraum verschloss. Wenn sie wieder hineinschaute, entstand der Faden aufs Neue.
    Sie dachte tausend Gedanken gleichzeitig: Waren Niko und Mora überwältigt worden? Es gab keine Anzeichen eines Kampfes. Alles schien unverändert bis auf den schimmeligen Kuchen, der an der Wand klebte, und den Scherben eines Tellers, die jemand auf ein Blech gekehrt und dann stehen gelassen hatte. Es sah mehr danach aus, als ob das Zimmer sorgfältig untersucht worden wäre von einer Person, die darauf bedacht gewesen war, alles so zurückzulassen, wie sie es vorgefunden hatte. Das sprach dafür, dass die Möwen die Wohnung noch nicht umzingelt hatten und Elsa nicht in der Falle saß. Trotzdem war ihr angst und bang. Wo waren die beiden anderen? Wo könnte sie sie finden?
    Von Nikodemia wusste sie, dass er neuerdings eine Freundin hatte, bei der er die Nächte verbrachte, ein Umstand, für den Morawena mehr Verständnis aufbrachte als für vieles andere. „Man kann von einem Mann nicht erwarten, dass er sich die ganze Zeit Frauen in Korsetts anschaut, ohne den Wunsch zu verspüren, die Schale zu knacken“, hatte sie Elsa am ersten Morgen erklärt, als befürchte sie, Elsa könne Anstoß nehmen. Das war überflüssig, denn Elsa war zufrieden, solange ihr Verlobter nicht auf die Idee kam, mit ihr verlobt sein zu wollen. Woher Morawena das Mädchen kannte, über das Nikodemia eigentlich nie sprach, war Elsa ein Rätsel. Sie hörte nur, wie Morawena in ihrer üblichen charmanten Art erklärte, dass Daneina eigentlich keine Vorzüge besitze, außer dass sie Nikodemia an Ignoranz übertreffe. Das Mädchen schien kein wunder Punkt von Nikodemia zu sein, denn er ging über Morawenas Äußerung hinweg, ohne zurückzuschlagen. Für diesen Augenblick, in dem Elsa in der dunklen Wohnung stand und spürte, wie sich an ihrem Körper kalte Schweißtropfen bildeten, konnte sie nur daran denken, dass Morawena wissen musste, wo Daneina und damit auch Nikodemia zu finden wären. Elsa müsste also die Salons abklappern, in denen sich die Pinets, die Sovulats und all die anderen um diese Uhrzeit aufhielten, und hoffen, dass sie Morawena fände, bevor

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