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Rabenschwärze - Der Grubenmann (German Edition)

Rabenschwärze - Der Grubenmann (German Edition)

Titel: Rabenschwärze - Der Grubenmann (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Kammer
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bin ich kaum bekannt, aber er steht in dem Ruf, nicht weniger merkwürdig zu sein, auf seine Weise.“
    „Wie äußern sich Legards lockere Schrauben?“
    „Der ist total merkwürdig. Lacht nicht, verzieht keine Miene. Betont alles so komisch. Vor allem fehlt ihm das Menschliche. Man fühlt sich unwohl in seiner Nähe. Er begutachtet alles so kühl und von außen. Wie einer, der nur auf der Durchreise ist, wahrscheinlich von einem Stern zum anderen. Manchmal verstehe ich gar nicht, wovon er redet. Neulich …“
    Romer brach ab, weil er ein Geräusch gehört hatte. Jemand war in die Ruine getreten und näherte sich. Elsa wusste, wer es war, bevor sie es sah. So vertraut war ihr schon Morawenas Rabenseele.
    „Er ist nicht da?“, fragte Morawena, die wenig später aus dem dunklen, angrenzenden Raum ins Helle trat. „Ich habe mir absichtlich Zeit gelassen.“
    Nein, er war nicht da. Jetzt, da Morawena es sagte, fiel es Elsa in aller Deutlichkeit auf. Anbar war nicht gekommen. Romer sprang auf, um der nassen und frierenden Morawena seinen Mantel anzubieten.
    „Danke, nicht nötig“, sagte diese. „Ich muss gleich zurück in den Dschungel. Elsa, das ist ein Segen, dass du so gesund aussiehst. Aber ich muss dich jetzt mitnehmen.“
    „Ich weiß“, sagte Elsa, ohne aufzustehen.
    „Gib mir deine Hand“, sagte nun Romer und reichte ihr galant die seine.
    Doch sie hatte keine Lust, die Hand zu ergreifen, und stand ohne Unterstützung auf. Sie konnte es nicht fassen, dass sie jetzt gehen sollte, für immer gehen, und sich nicht mal richtig verabschieden konnte. Sie würde Anbar nie wiedersehen. Sie würde nie erfahren, ob er Amandis für sich haben wollte. Ob ihm in einer postatomaren Welt womöglich die Männlichkeit abhanden gekommen war. Oder ob er beabsichtigte, eines Tages den verrückten Legard zu heiraten. Sie würde nie sein Gesicht sehen, wenn sie ihm all diese Fragen stellte, und das war zweifellos ein Verlust. Ein so großer Verlust, dass ihr der Antrieb fehlte, auch nur einen einzigen Schritt zu tun. Doch weder Romer noch Morawena hatten Geduld mit ihr.
    „Jetzt komm schon!“, drängte Morawena und Romer schob sie in Richtung des dunklen Raums. Einmal in Bewegung ging sie weiter und immer weiter, durch den dunklen Raum hindurch, hinaus in den Schnee, durch den tiefen Schnee hindurch, hinein in das Gewirbel, das endlose, das sich im Kreis drehende Weiß. Das Tor öffnete sich, während sie weiterging, und dann wäre sie fast abgestürzt, weil sie Morawena in einen Himmel hinein folgte, aber vergessen hatte, sich in einen Vogel zu verwandeln. Sie holte es nach, breitete ihre Flügel aus, noch bevor sie einen Gedanken daran verschwendet hatte, und flog mit Morawena von einer Welt in die nächste, bis sie schließlich in die Dschungelwelt zurückkehrten, wo Nikodemia auf sie wartete. Die ganze Zeit, während sie flog, dachte Elsa, dass ihr Leben sinnlos war. Alles kam ihr nur noch sinnlos vor.
    Und es blieb sinnlos, Tag für Tag. Es wurde Zeit, dass sie aufbrachen, um eine neue Welt zu suchen. Nikodemia fürchtete, dass die Möwen ihren Schlupfwinkel ausfindig machen könnten, vor allem, wenn Morawena und Elsa auf ihren Wegen Spuren hinterlassen hatten. Außerdem konnten sie alle keine Kürbisse, Wurzeln und holzigen Früchte mehr sehen. Es kostete Überwindung, sich davon zu ernähren. Da aber Elsa noch Stiche in der Seite spürte, wenn sie sich bewegte, und auch sonst unaufmerksam und trübsinnig war, fürchtete Nikodemia, dass sie für die Weiterreise noch nicht bereit war.
    „Lasst mich einfach hier, bis ihr etwas Brauchbares gefunden habt.“
    „Das ist umständlich. Wir müssten auf Umwegen zurückkommen, um dich zu holen, damit wir keine neuen Spuren hinterlassen.“
    „Aber es würde doch gehen, oder?“
    „Vergiss das“, sagte Morawena. „Du willst doch nicht alleine in einer unbewohnten Welt bleiben? Mehrere Tage und Nächte? Nur weil du Liebeskummer hast?“
    Morawena machte kein Geheimnis aus Elsas Zustand. So hatte auch Nikodemia mitbekommen, dass Elsa bescheuert genug war, sich einem dämlichen Antolianer an den Hals zu werfen, so Nikodemias Wortwahl. Sein Mitgefühl hielt sich sehr in Grenzen. Morawena zeigte zwar Verständnis, versuchte aber trotzdem, Elsa in die Wirklichkeit zurückzuholen.
    „Du bist noch gut dran“, erklärte sie, „er mag dich immerhin, das Glück hatte ich bei Gerard am Ende nicht mehr. Du liegst ihm am Herzen, er ist um dein Wohl besorgt und ganz kalt lässt

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