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Rabenschwarz

Rabenschwarz

Titel: Rabenschwarz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Kramp
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ganz benommen. Er hoffte, dass er Schatten erkennen würde, wenn sich seine Augen erst einmal an die Dunkelheit gewöhnt hätten, aber nichts änderte sich. Es blieb tiefschwarz.
    Dafür gibt es eine ganz einleuchtende Erklärung: Wer immer das auch getan hat, hat deinen Schädel genau an einer der wenigen Stellen getroffen, hinter der der winzige Teil deines Gehirns sitzt, der auch tatsächlich richtig arbeitet. Vermutlich hat er dein Sehzentrum getroffen. Du bist blind. Ich sehe eine bunte Blumenwiese um uns herum und farbenprächtige Schmetterlinge ... oh, guck mal: ein Heißluftballon!
    Als Nächstes registrierte Herbie, dass es erbärmlich kalt war. »Blumenwiese ... Schmetterlinge ... Und warum friere ich so? Und was ... was ist das?« Sein Wahrnehmungsvermögen hatte sich so weit regeneriert, dass er nicht nur den enormen Schmerz fühlte, der sich durch Kopf und Nacken fraß, sondern auch, dass er in irgendeiner Flüssigkeit lag, die er als noch wesentlich kälter empfand als die Luft, die ihn umgab. Er bibberte.
    Ach, und noch was: Findest du es auch so heiß wie ich? Die Sonne blendet nicht nur, die ist auch ganz schön heiß heute .
    »Julius, hör mit dem Unsinn auf! Warum hocke ich hier in der Dunkelheit im Wasser? Was ist passiert?« Er tastete seine Umgebung ab und fühlte nichts als spiegelglattes, eiskaltes Metall. Er klopfte dagegen. Es klang metallisch, aber ungewöhnlich dumpf. Als er versuchte, die Ausmaße des Raumes zu ertasten, in dem er gefangen war, bemerkte er verunsichert, dass es sich keinesfalls um ein Gefängnis mit Ecken und rechten Winkeln handelte, sondern vielmehr um ein Behältnis, das etwa knapp anderthalb Meter hoch und im Durchschnitt kreisrund war. Etwa so wie eine riesenhafte, quergelegte Tonne. Als er versuchte, die Länge zu erkunden, stieß er gegen ein senkrecht von der oberen Rundung nach unten verlaufendes Metallrohr. Natürlich traf es ihn an genau der Stelle, an der sein Angreifer vorhin auch zugeschlagen hatte.
    Bingo!
    Das Rohr war am unteren Ende, vielleicht eine Handbreit vom Tonnenboden, mit zwei drehbaren Metallflügeln versehen, aber so sehr sich Herbie auch bemühte, die Art des Behältnisses zu erraten, in dem sie sich befanden, es wollte ihm nichts Passendes in den Sinn kommen.
    Der Behälter war ungefähr zwei Meter lang, und Herbie tastete mit wachsendem Grauen an den Wänden entlang. Es gab nichts, was ihm als Fluchtmöglichkeit dienen konnte. Nur an dem Ende, an dem er aus seiner Umnachtung erwacht war, gab es eine fest verschlossene, kreisrunde Öffnung in der Decke, die anscheinend die Tatsache seines Hierseins überhaupt erst möglich gemacht hatte.
    »Verdammt, Julius! Es ist so verdammt kalt! Wo sind wir hier?« In Herbie stieg nackte Panik auf.
    Nur die Ruhe, mein Bursche. Je mehr du herumkrakeelst, desto schneller ist der Sauerstoff verbraucht. Wonach riecht es denn hier?   Julius tippte sich vielsagend gegen die Nase.
    Herbie schnüffelte. Das roch nach ... Es roch irgendwie ... Es fiel ihm unsagbar schwer, den Geruch zu beschreiben, der die knapp bemessene Luft erfüllte. Ahnungsvoll tauchte er die Hand in die Flüssigkeit, in der er bis zum Bauch kniete. Er führte sie zum Mund und kostete.
    Milch!
    »Man hat mich in einem Milchkühltank versenkt!«
    Uns!
    »Ach, du verdammte Scheiße!« Er hämmerte mit einem Mal wie wild an die Wand. Es klang immer noch beängstigend erstickt. Die Wände des Tanks waren vermutlich ordentlich isoliert, sodass die Kälte, wie gewünscht, drinnen blieb, sodass der Schall aber auch nur schwerlich nach außen dringen konnte. Wenn es draußen immer noch so heftig regnete, wenn dieser Behälter sich in irgendeinem abgeschiedenen Nebenraum des Hofes befand, wenn es mitten in der Nacht war, dann konnte es bis zum nächsten Melken im Morgengrauen dauern, bis überhaupt irgendjemand auf ihn aufmerksam wurde, und das konnte bedeuten ...
    »Wir werden erfrieren!«
    Du!
    »Ich werde hier in diesem riesigen Edelstahlsarg mein Leben aushauchen, und keiner wird es merken! Möglicherweise finde ich mich schon in den nächsten Tagen im Kühlregal wieder. Da kann man mich dann in Milchflaschen, Joghurtbechern und Sahnetütchen bestaunen. Oh Gott, Julius, was mache ich bloß?« Wütend schlug er in die ihn umgebende Milch, dass es nur so spritzte.
    Milch ist gesund. Du solltest dir erst einmal einen Schluck genehmigen. Das gibt Kraft. Und dann wartest du. Abwarten und Milch trinken .
    * * *
    Es war ein sattes, dunkles Plopp, als

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