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Rabenschwestern: Kriminalroman (Ein Franza-Oberwieser-Krimi) (German Edition)

Rabenschwestern: Kriminalroman (Ein Franza-Oberwieser-Krimi) (German Edition)

Titel: Rabenschwestern: Kriminalroman (Ein Franza-Oberwieser-Krimi) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabi Kreslehner
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Gertrud, sag mir das nicht. Nicht das. Aber sie tat es. Sie hat es getan.
    »Er war ein Arschloch«, fuhr sie unerbittlich fort, »ein verficktes, verhurtes Arschloch, aber eben ein schönes Arschloch, und darauf, Hanna, darauf bist du nun mal abgefahren. Es ist eine Farce gewesen, dieser Urlaub zu dritt, überhaupt dieses Leben zu dritt, das wir geführt haben, eine Idiotie, eine Schweinerei, allein dafür hätte man ihn doch … bestrafen müssen.«
    Bestrafen …?
    Bestrafen … hab ich gedacht und zum ersten Mal in diesem Jahr den Herbst gespürt, wie er klamm an meinen Knochen nagte. Ihn bestrafen müssen. Habe man. Mit dem Tod?
    »Es ist einfach gewesen, so leicht«, flüsterte sie, »wir standen an der Wasserlinie, ganz vorn, die Wellen haben uns angeleckt, ich habe die weiße Gischt gesehen, obwohl es dunkel war. Er hat gesoffen, ich nicht, er hat gelacht und über sein Leben geredet, über dich, was für eine scharfe Braut du seist, was für geile Orgasmen er in dir bekäme und ich solle meine Zeit nicht verschwenden für etwas, was nie sein würde; ich solle mir lieber einen potenten Liebhaber suchen, ich sähe doch auch nicht schlecht aus.«
    Sie schwieg, kam zu mir, langsam, ich sah ihr Gesicht und wie traurig es war, wie einsam. Sie strich mit ihrer Hand über mein Haar, ich rührte mich nicht, ich spürte sie ganz nah an mir und ich hatte schon diese schreckliche Ahnung, aber wusste, es war noch lange nicht alles.
    »Du kannst mit all dem, was ich dir erzähle, anfangen, was du willst«, sagte sie tonlos, »es ist mir völlig egal. Ich kann es nicht mehr tragen. Nicht länger. Es hat mich aufgefressen, mich kaputtgemacht.«
    Ich streckte die Arme aus, ertrug ihre Nähe nicht. Sie wich zurück zum Fenster, in die Dunkelheit. Dann sprach sie weiter.
    »Du traust dich nicht, habe ich ihn gefragt, nicht wahr, du traust dich nicht. Er hat mich angeschaut, anfangs wusste er nicht, was ich meinte. Aber dann … Du willst mich loswerden, hat er gesagt, staunend, überrascht, du kleines Biest willst mich loswerden! Er lachte wieder, der Alkohol hatte ihn schon ziemlich benebelt, ich sagte: Ja, ich will dich loswerden, aber du bist ohnehin zu feige, du traust dich doch gar nicht ins Wasser, du bist eine Memme und eines Tages wird Hanna durchschauen, dass du nur eine Fassade bist, und stößt dich mit dem Finger an, ganz wenig nur, und dann fällst du um und zerrinnst wie ein Pudding. Ich war so wütend, aber er hat mich nur ausgelacht. Ein Pudding, lachte er, ein Pudding! He, Gertrud, du kannst ja komisch sein, das wusste ich noch gar nicht! Dann wurde er wieder ruhig, trank aus der Schnapsflasche, trällerte ein Lied, setzte sich in den Sand. Uhhh, machte er, kalt, scheißkalt, wenn die Gischt ihn durchnässte. Du willst also, sagte er, dass ich da jetzt reingehe, bisschen schwimme. Was soll ich dir denn beweisen? Dass ich der Größte bin, der Beste?? Wissen wir das nicht sowieso? Du glaubst doch nicht im Ernst, dass ich das hier fürchte, diese paar Wellen, diese paar Schlucke Wind? Lächerlich! Er drehte sich um zu mir, ich spürte seine Augen. Nichts musst du mir beweisen, hab ich gesagt, gar nichts. Vergiss es. Du traust dich doch nicht. Aber ich wusste, er war ein Spieler, ein Hasardeur, er konnte an keiner Zockerei vorbeigehen. Wir beide, sagte er, na los, komm, musst keine Angst haben, wird nix passieren, das kleine Lüftlein hier, das tricksen wir aus. Hast ja recht, ist ein saugeiles Wetter zum Schwimmen. Er sprang hoch, zog sich aus, warf Shorts und T-Shirt in den Sand, griff nach meiner Hand. Also gut, sagte ich, gut, lass mir einen Augenblick. Ich schlüpfte aus den Schuhen, aus den Jeans, wir gingen los, hinein ins Wasser, bis zu den Knöcheln, bis zu den Knien, man spürte die Kraft des Windes, die Kraft der Brandung. Er war schon bald weiter vorn, ich konnte ihn kaum noch sehen, allmählich schluckte ihn die Dunkelheit. Und ich … bin stehen geblieben. Einfach stehen geblieben. Er hat es nicht bemerkt. Oder es war ihm egal. Er schrie, jubelte, sang, während er immer weiter ins Wasser ging. Was bist du für ein Idiot, habe ich gedacht, und in so einen verknallt die Hanna sich! Irgendwann war er sehr weit, war er an der Linie, wo das Meer tief wird, wo man den Boden unter den Füßen verliert. Er begann zu schwimmen. In die Endlosigkeit.«
    Sie lachte bitter. »Ich hörte ihn immer noch, ich hörte sein atemloses Schreien, ich stand noch an derselben Stelle, das Wasser, wenn die Brecher

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