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Rabenschwestern: Kriminalroman (Ein Franza-Oberwieser-Krimi) (German Edition)

Rabenschwestern: Kriminalroman (Ein Franza-Oberwieser-Krimi) (German Edition)

Titel: Rabenschwestern: Kriminalroman (Ein Franza-Oberwieser-Krimi) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabi Kreslehner
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sie?«, fragte ich.
    Erneut ein winziges Zögern, dann: »Lilli.«
    Ich war überrascht. »Oh«, sagte ich, »Lilli! Das ist …«
    »Ja«, unterbrach sie mich, »ja, das ist dein Name gewesen. Ich weiß, aber ich … dachte …«
    Ich nickte. »Ja«, sagte ich, »richtig gedacht«, spürte eine winzige Enttäuschung.
    Schweigen. Pause. Luft holen.
    »Wie ist das«, hab ich irgendwann zu fragen begonnen, stockte, musste ein zweites Mal ansetzen, »wie ist das, wenn man Kinder hat? Sohn. Tochter. Ist es … etwas Besonderes?«
    Sie zögerte keine Sekunde. Sie sagte: »Ja.« Sagte JA auf der Stelle, sie sagte: »Ja, es ist etwas Besonderes. Es ist mehr als alles. Du bist ihnen für ein Leben und darüber hinaus verbunden. Sie sind immer da. Wenn nicht in Wirklichkeit, dann in Gedanken. Sie halten dich, wenn du zerbrechen willst. Sie machen dich ruhig. Sie sind deine Heimat und du bist die ihre und durch sie spürst du, dass du lebst. Sie verlassen dich nicht. Du bist nie mehr allein. Weil sie dich nicht verlassen.«
    »Ja«, hab ich geflüstert, »so hab ich es mir gedacht.«
    »Manchmal«, sagte sie, »ist es schwer. Wie alles. Aber …«
    Ich nickte.
    Schweigen. Wieder. Eine Weile. Ich bekam Lust auf Schnaps. Wir tranken ein bisschen. Irgendwann sagte sie: »Komm!« Und nahm mich bei der Hand.
    Ich bin mitgegangen. Es war schön. Ihre Hand in meiner. Ihre Arme um mich. Ihr Duft. Die Nacht, die über uns hinwegstrich, mich endlich ruhig machte und so, dass ich schlafen konnte, einschlafen in ihren Armen, wie damals, als wir Kinder waren und Schwestern.
    Aber es währte nicht lange. Die Stille. Der Schlaf. Währte nicht lange. Christian kam.
    56 Dunkel im Zimmer, nur der schmale Lichtstreifen einer Straßenlaterne fiel durchs Fenster und gab ihren Körpern Kontur.
    Morgen um sieben würde Port nach Wien fahren, sein Auto stand unten vor der Haustür.
    Er strich über ihr Gesicht. »Tränen«, sagte er, »du weinst? Meine Franza.«
    »Na ja«, sagte sie, »sind immerhin sieben Wochen. Und ich muss an so vieles denken, an Lilli, an diesen Fall, an dich, alles geht ein bisschen durcheinander, weißt du.«
    Er schwieg, strich ihr übers Gesicht, sie schniefte, er verrieb ihre Tränen an ihren Wangen, ihrem Mund, sie schniefte und musste ein bisschen lachen.
    »Du kommst doch«, sagte er, »nach Wien. Du besuchst mich doch? Oder? Ich möchte, dass du kommst. Ich möchte es wirklich. Sonst sind die sieben Wochen wirklich lang.«
    »Ja«, sagte sie. »Ja. Ich weiß. Ich werde kommen.«
    Sie lagen nebeneinander, Hand in Hand, sie lachten sich ein wenig in diesen Abschied hinein, in diese salzige, bittere Wärme, dann sagte er: »Ich habe Hunger«, wollte hoch, in die Küche an den Kühlschrank, aber sie hielt ihn zurück. »Lass. Bleib. Ich mach dir was«, strich über sein Gesicht.
    »Oh«, sagte er, »wow, was für ein Luxus! Womit hab ich das verdient?«
    Sie zuckte die Schultern, lächelte. »Man muss sich nicht alles verdienen. Manchmal bekommt man Dinge einfach so.«
    Als sie zurückkam, war er eingeschlafen.
    Sie setzte sich an den Bettrand, das Teller mit dem belegten Brot in der Hand, schließlich aß sie es selbst.
    Er schlief im Lichtstreifen der Straßenlaterne, sie schaute ihn an und schaute ihn an und lernte ihn auswendig, bis der Lichtstreifen breiter und breiter wurde und schließlich das ganze Zimmer erfasste, weil es allmählich Morgen wurde.
    Sie stand auf, ging ins Wohnzimmer an den Laptop. Sie wusste, er würde da sein, das war er immer um diese Zeit, erwachte von einer inneren Uhr und war dann da. Und wartete. Auf sie. Auf alien one . Er war alien two . Wie dämlich diese Namen waren, hatte sie sich nie gefragt, es war völlig egal, die Worte flitzten übers Papier, waren wie Sternenschläge, das allein war wichtig.
    Anfangs hatte sie ihn einmal gefragt, was er hier suche, schließlich sei er gebunden und also …
    Im gleichen Augenblick war ihr klargeworden, dass sie sich diese Frage selber hätte stellen können, und als sie es tat, wusste sie keine Antwort darauf.
    Er hatte versucht, eine zu finden.
    Er liebe seine Frau. Er fühle sich verbunden fürs Leben. Er werde sie niemals verlassen. … aber … es gibt gewisse dinge …
     … gewisse dinge …?
     … gewisse dinge …
    Sie hatte es dabei belassen, nicht mehr nachgefragt. So wie sie nie nach einem Foto fragte. Er auch nicht. Auch das war nicht wichtig. Sie wussten nichts voneinander, Eckdaten bloß, Alter, Stadt. Sie wussten, er war

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