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Rabenzauber

Rabenzauber

Titel: Rabenzauber Kostenlos Bücher Online Lesen
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unten. »Es ist viel passiert, seit du gegangen bist. Draken ist vor vier Jahren gestorben, Tier. Deine Schwester und ich haben ein paar Jahre später geheiratet - ich war in deiner Abwesenheit hier Lehrling.« Er hielt inne und schüttelte den Kopf. »Ich erzähle alles in der falschen Reihenfolge.«
    »Tot«, sagte Tier. Er war am ganzen Körper erstarrt.
    »Bandor«, erklang eine Frauenstimme hinter einer geschlossenen Tür. Dann ging die Tür weit auf, und eine Frau kam rückwärts heraus, wobei sie die Tür mit der Hüfte offen hielt. In den Armen hielt sie einen großen Korb mit Brötchen. »Glaubst du, ich sollte noch vier Dutzend Brötchen backen, oder sind die acht Dutzend, die wir haben, genug?«
    Die Frau war überdurchschnittlich groß und ebenso dünn und schlaksig wie Tier. Als sie sich umdrehte, konnte Seraph sehen, dass sie auch sein dunkles Haar und seinen breiten Mund hatte.
    »Alinath«, sagte Bandor. »Ich glaube, du hast Besuch.«
    Sie drehte sich mit einem höflichen Lächeln zu Tier um und öffnete den Mund, aber als sie sein Gesicht sah, kam kein Laut über ihre Lippen. Sie ließ den Korb auf den Boden fallen, woraufhin die Brötchen überall hinrollten, dann war sie auch schon über die Theke gesprungen und schlang die Arme fest um ihn.
    »Tier«, sagte sie mit gedämpfter Stimme. »O Tier! Wir dachten, du wärest tot.«
    Wieder erwiderte er die Umarmung und hob sie dabei vom Boden. »Hallo, Kobold«, sagte er, und seine Stimme war so erstickt wie die ihre.
    Alinath löste sich von ihm. Tränen liefen ihr über die
Wangen. Sie trat einen Schritt zurück und versetzte ihm dann einen Schlag in den Bauch, wobei sie sich leicht drehte, um ihre ganze Kraft in die Bewegung zu legen.
    »Neun Jahre!«, sagte sie aufgeregt. »Neun Jahre, Tier, und nicht einmal ein Brief, um uns zu sagen, dass du noch lebst. Du sollst verflucht sein, Tier!«
    Tier war vornübergebeugt und ächzte, aber er hob drei Finger hoch.
    »Wir haben nichts bekommen«, sagte sie zornig. »Ich wusste nicht einmal, wo ich dich erreichen sollte, als Vater starb.«
    »Im ersten Jahr habe ich drei Briefe geschickt«, sagte er immer noch atemlos. »Als ich keine Antwort bekam, nahm ich an, Vater wollte nichts mehr mit mir zu tun haben.«
    Alinath hob die Hände an den Mund. »Er hat nie erwähnt, dass er Briefe von dir bekommen hat. Ach, warum bin ich nur immer so aufbrausend? Es tut mir leid, dass ich dich geschlagen habe, Tier.«
    Tier schüttelte den Kopf, um ihre Entschuldigung abzuwehren. »Vater hat immer gesagt, es werde mir eines Tages leidtun, dir beigebracht zu haben, wie man zuschlägt.«
    »Komm mit«, sagte sie. »Mutter wird dich sehen wollen.« Sie zog ihn aus dem Raum, und Seraph blieb allein mit dem rothaarigen Mann zurück.
    »Willkommen«, sagte Bandor nach einem langen peinlichen Augenblick. »Ich bin Bandor, Bäckergeselle und Ehemann von Alinath von den Bäckern von Redern.«
    »Seraph, Rabe vom Clan von Isolda der Schweigsamen«, erwiderte Seraph äußerlich gefasst, aber sie wusste, dass ihre Worte ihm nichts weiter sagen würden, als seine Augen bereits wussten.
    Er nickte, bückte sich, um den Korb wieder aufzustellen, den Alinath hatte fallen lassen, und sammelte die Brötchen auf, die auf dem Boden lagen.

    Als er fertig war, sagte er: »Alinath wird mit Tier beschäftigt sein. Ich sollte lieber weiterbacken.« Er drehte sich um und ging durch die Tür, die auch Alinath und Tier genommen hatten, und ließ Seraph vollkommen allein.
    Seraph war verlegen und fühlte sich fehl am Platz. Sie setzte sich auf eine kleine Bank und wartete. Sie hätte gehen sollen, nachdem Tier den Adligen getötet hatte, der sie verfolgte. Sie wäre bestimmt in Sicherheit gewesen. Hier in Tiers Dorf war sie so fehl am Platze wie eine Krähe in einem Kolibrinest.
    Aber sie blieb, wo sie war, bis Tier zurückkehrte.
    »Entschuldige«, sagte er. »Ich hätte dich nicht allein lassen sollen.«
    Sie zuckte die Achseln. »Mir kann hier kaum etwas zustoßen, und bei eurem Wiedersehen habe ich nichts zu suchen.«
    Er lächelte dünn. »Also gut, komm mit, und ich stelle dich meiner Schwester und meiner Mutter vor.«
    Sie stand auf. »Es tut mir leid, dass dein Vater nicht ebenfalls hier war.«
    Sein Lächeln verging. »Ich weiß nicht, ob ich willkommen gewesen wäre, wenn er noch lebte.«
    »Vielleicht nicht gleich, aber du kannst sehr überzeugend sein. Er hätte schließlich nachgegeben.« Sie stellte fest, dass sie seinen Arm

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