Rabenzauber
eine Reisende «, fauchte Alinath, aber in ihrer Stimme lag auch eine Spur von Verzweiflung. »Sie bezaubert dich, weil sie jung und hübsch ist. Du lachst mit ihr, und mit uns wechselst du kaum ein Wort.«
Wie sollte er seiner Schwester seine Enttäuschung angesichts eines Lebens erklären, das ihr so offensichtlich auf den
Leib geschrieben war, ohne sie damit zu verletzen? Die Bäckerei erstickte ihn.
Als er nichts sagte, fuhr Alinath fort: »Du bist ein Mann. Bandor ist genauso - ihr seht beide nicht, was sie ist. Du glaubst, sie sei eine bedauernswerte Frau ohne Familie, die beschützt werden muss, denn genau das will sie dich sehen lassen.«
Eine Art von Zorn ließ Alinaths Augen aufleuchten, und sie begann, auf und ab zu gehen. »Ich hingegen sehe eine Frau, die meinen Bruder als einen Weg zu Wohlstand und einfachem Leben betrachtet, wie sie dies nie bei einer dieser abgerissenen Reisendenbanden finden würde. Sie will nicht zu ihren Leuten zurückkehren - selbst du musst das doch sehen. Ich sage dir, wenn du ihr die Gelegenheit gibst, wird sie dich ins Ehebett locken.«
Tier riss den Mund auf und schloss ihn wieder. Er versuchte, Seraph so zu sehen, wie seine Schwester sie beschrieb, aber das Bild stimmte einfach nicht.
»Sie ist ein Kind«, sagte er.
»Ich war in ihrem Alter schon verheiratet«.
»Sie ist ein Kind und eine Reisende«, sagte er. »Sie würde mich ebenso wenig heiraten wie … wie ein Pferd. Sie denkt von uns, als gehörten wir einer anderen Spezies an.«
»Oh, als ob du so viel über Frauen wüsstest!«, tobte seine Schwester weiter, obwohl sie sich zumindest bemühte, leise zu sprechen, damit man sie im vorderen Raum, wo Seraph arbeitete, nicht hören konnte. »Du musst eine gute Frau finden. Du mochtest Kirah doch immer? Sie ist jetzt verwitwet und würde einen guten Witwenanteil einbringen.«
Tier legte den Teig in die eingefettete Schüssel, die er vorbereitet hatte, deckte sie mit einem Seihtuch zu und schrubbte sich dann die Hände in Seraphs Zuber, in dem das Wasser langsam abkühlte. Dann schüttelte er sie trocken, zog die
Schürze seines Vaters aus und hängte sie an den Haken. Das reicht, dachte er.
»Wartet mit dem Abendessen nicht auf mich«, sagte er und setzte dazu an zu gehen. Bevor er die Tür zum vorderen Raum öffnete, blieb er aber noch einmal stehen. »Ich habe mich zu sehr auf gute Erziehung und die Erinnerung an meine kleine Schwester verlassen, die sah, wie ich ging, es aber niemandem sagte, weil sie mich genug verstand, um zu wissen, dass ich einfach gehen musste . Ich denke, dass du einen zwingenderen Grund brauchst, Seraph in Ruhe zu lassen. Erinnere dich einfach daran, dass sie trotz ihrer Schweigsamkeit ebenso aufbrausend ist wie du. Und sie ist tatsächlich eine Reisende und eine Zauberin, und falls sie auf die Idee kommt, dir beizubringen, was das bedeutet, werden weder deine Zunge noch deine Faust dir viel nützen.«
Er ging, bevor sie antworten konnte, und schloss die Tür der Backstube fest hinter sich.
Seraph blickte auf, als er an ihr vorbeiging, aber er sagte auch nichts zu ihr. Was Tier getan hatte, würde ihr helfen - seine Warnung würde ihr Alinath eine Weile vom Hals halten.
Er konnte Seraph jetzt nicht gegenübertreten, nicht, solange die Anklagen seiner Schwester in seinem Kopf widerhallten. Er glaubte keinen Herzschlag lang, was Alinath über Seraph gesagt hatte - aber seine Schwester hatte ihm darüber hinaus ein paar Möglichkeiten eröffnet, die ihm unangenehm waren. Er hatte nie sonderlich über den Frieden nachgedacht, den Seraphs spitze Bemerkungen und stille Präsenz ihm brachten; er war einfach nur dankbar gewesen, die Forderungen seiner Familie nicht mehr so oft zu hören. Er wollte das, was er empfand, nicht näher untersuchen. Also nickte er Seraph und Bandor nur kurz zu und verließ die Bäckerei.
Sobald er auf der Straße stand, wusste er zunächst nicht mehr weiter. Er hatte Scheck an diesem Morgen erschöpft,
also wäre es ungerecht gewesen, noch einmal auszureiten. Er konnte zu Fuß gehen - aber es war nicht Bewegung, was er brauchte, sondern Flucht.
Die Begrüßung des Helden war eine Schänke und ein Gasthaus, ein Durcheinander mehrerer älterer Gebäude und das erste Haus an der Straße, die durch Redern führte. Der Schankraum war selten leer, und als Tier hereinkam, saßen einige Männer nahe dem Eingang zur Küche und klatschten, während Ciro, der Vater des Gerbers, seiner Viole leise Musik entlockte.
Das
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