Rabenzauber
erholen.
»Nach hiesigen Maßstäben ist seine Arbeit gut genug«, erwiderte Tier. »Du kannst von einem Mann, der überwiegend Nägel und Pflugscharen herstellt, nicht die Künste eines Waffenschmiedemeisters erwarten. Wenn du um einen Pflug gebeten hättest, wärest du sicher zufriedener gewesen.«
»Nur, dass wir keinen Pflug brauchen«, knurrte Benroln. »Und auch keine Nägel. Aber beides hätte uns mehr genutzt als drei Paar schlecht austarierte Messer mit klotzigen Griffen.«
»Dann kann euer eigener Schmied das Metall nehmen, um etwas anderes daraus zu machen«, tröstete ihn Tier. »Du weißt ebenso wie ich, dass der echte Vorteil dieses Tages darin besteht, dass du - wie jeder andere Reisende - willkommen sein und gerecht behandelt werden wirst, wenn du das nächste Mal herkommst.«
»Beschwert Benroln sich immer noch?« Seraph lenkte ihr Pferd an Tiers Seite. Sie sah Benroln streng an. »Wenn du
wirklich einen guten Handel gewollt hättest, dann hättest du dafür gesorgt, bevor wir den Mahr töteten und Brewydd die Verwandten des Schmieds heilte. Danach hast du bekommen, was er dir geben wollte, und du solltest dankbar dafür sein.«
Benroln murmelte etwas und ließ sich zurückfallen, um mitleidigere Zuhörer zu suchen.
»Diese Messer sind gar nicht so schlecht«, sagte Tier. »Sie entsprechen nur einfach nicht den Maßstäben des Clanschmieds.«
Seraph sah ihn forschend an. »Was ist los?«
»Meine Knie«, log er. Sie sah mit diesem klaräugigen Blick wirklich zu viel. »Aber sie werden bald wieder in Ordnung sein.«
Er würde sie verlieren, dachte er. Sie würde noch eine Weile bei ihm bleiben, weil die Kinder sie brauchten und weil sie ihm ihr Wort gegeben hatte. Aber die Jungen waren bereits junge Männer und ihre Tochter kein hilfloses Kind mehr. Wie lange würde seine Liebe sie von dem Leben fernhalten können, zu dem sie geboren war?
Sie war zu einer Frau geworden, die mit der Verantwortung fertig wurde, vor der sie eigentlich hatte flüchten wollen, als sie zu ihm gekommen war. Sie war ein Rabe, und er glaubte vielleicht zum ersten Mal zu verstehen, was das bedeutete.
»Wir können eine Weile Rast machen, damit du deine Knie ausruhen kannst«, sagte Seraph. »Brewydd hätte wahrscheinlich auch nichts gegen eine Pause.«
»Nein.« Er schüttelte den Kopf. »Brewydd ist müde, aber sie muss einfach nur auf Scheck sitzen, bis wir wieder im Lager sind. Was meine Knie angeht … ich bin heute einfach zu viel gelaufen. Sie werden wieder heilen. Es macht im Augenblick keinen Spaß, aber es ist zu ertragen.«
Ganz und gar unerträglich war, dass er keine Möglichkeit sah, Seraph zu halten, ohne dass es sie zerstörte. Im Vergleich
dazu waren seine Knie nichts. »Es kommt schon alles wieder in Ordnung.«
Am nächsten Vormittag erreichten sie einen Kreuzweg, und Benroln ließ alle anhalten. Sobald das passiert war, ging er direkt zu Tier und Seraph.
»Wir werden zur südlichen Abzweigung gerufen«, sagte er angespannt.
Seraph lächelte ihn an. »Ist das das erste Mal?«
Benroln nickte ruckartig.
»Einige Anführer vernehmen nie einen solchen Ruf«, sagte sie, dann warf sie Tier einen Blick zu und erklärte: »Wenn die Hilfe des Clans gebraucht wird, weiß der Clanführer das oft. Meinem Bruder ging es ebenso. Er sagte, es sei wie ein Flüstern oder wie eine Schnur, an der gezogen wird.«
»Eine Schnur«, sagte Benroln, der ein wenig errötet war. »Sie zieht an meinem Herzen. Mein Vater sagte, sein Vater habe es ebenfalls gekannt - aber nie wirklich daran geglaubt.«
»Also geht«, sagte Tier. »Wir wenden uns weiter nach Westen. Es ist jetzt nicht mehr weit.«
Benrolns Gesicht verlor seinen abwesenden Ausdruck. »Ihr müsst mitkommen. Ohne euch sind es nur die Heilerin und ich. Brewydd sagt, es gibt einen neuen Schatten.«
Tier sah sich um. »Ich sehe hier viele Leute. Du willst doch sicher nicht jeden, der keine Weisung hat, als nutzlos abtun?«
Benroln schnaubte frustriert. »Du weißt, was ich meine.«
Tier nickte. »Ja. Aber im Augenblick passen meine Verwandten, die überhaupt keine Magie haben, auf meine kleine Tochter auf. Als meine Söhne den Schatten jagten …«
»Wir wussten nicht, dass er der Schatten war«, warf Seraph ein.
»Also gut«, gab Tier nach. »Aber selbst, wenn er nicht wie der namenlose König war, trug er doch die Gewänder
eines Meisters des Geheimen Pfads, also muss er ein Zauberer gewesen sein. Was bedeutet, dass er Reisende tötete und ihre
Weitere Kostenlose Bücher