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Rabenzauber

Rabenzauber

Titel: Rabenzauber Kostenlos Bücher Online Lesen
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streifte seine Haut wie ein beunruhigendes Streicheln. Mit einem hohlen Dröhnen, das den Boden unter ihren Füßen beben ließ, schossen in einer zerstörerischen Welle Flammen aus dem Brunnen. Zuerst fing das Dach Feuer, dann brannten auch die Wände der Hütte und die dünnen Unkrauthalme rings um das Brunnenhaus, und einen Augenblick später fing der Balken Feuer, an dem sich Seraph festhielt.
    Trotz seiner verwundeten Knie warf sich Tier durch die Flammen, packte Seraph um die Taille, riss sie vom Brunnenrand und weg vom Feuer. Er hatte sie auf den Boden geworfen und schon zweimal herumgerollt, bevor ihm klar wurde, dass ihre Kleidung nicht einmal versengt war und dass sie lachte.
    Sofort ließ er sie los, und sie setzte sich hin, wischte seine Ärmel ab und löschte das Schwelen des Stoffs.
    »Ich habe es übertrieben«, sagte sie mit einem Grinsen, in dem er die rauschhafte Freude erkannte, die Krieger zuweilen mitten in der Schlacht befiel. Er hatte sie nie schöner gesehen.
    Und er war auch nie so wütend auf sie gewesen - sie hätte sich umbringen können!
    Hinter ihnen erklang ein scharfes Knacken. Tier fuhr herum und sah, wie Seraphs Flammen so schnell wieder verschwanden, wie sie gekommen waren, was die Hütte, die den Brunnen schützte, geschwärzt, aber ansonsten unbeschädigt ließ.

    Als Hennea die Hände senkte, nachdem sie das Feuer gelöscht hatte, kam etwas Dunkles, Qualmendes über den Rand des Brunnens. Es schoss in einem Versuch, in den nahen Wald zu entkommen, an Tier vorbei und bewegte sich dabei so schnell, dass man nicht mehr sah als dünnes, drahtiges Haar über schrumpliger Haut und blaue Augen. Der Wolf, der Jes war, war nur ein klein wenig langsamer.
    »Der Mahr!«, rief Benroln.
    Ein Pfeil traf das Geschöpf, noch bevor Benrolns Aufschrei geendet hatte. Das Wesen überschlug sich mehrmals, und dann hatte Jes es erreicht.
    Staub und Fell und Dunkelheit mischten sich, bis Tier Wolf und Mahr nicht mehr voneinander unterscheiden konnte. Aber Lehr hatte dieses Problem offenbar nicht. Ein zweiter Pfeil traf, dann ein dritter und vierter.
    Jes löste sich von seinem Gegner, dann schüttelte er sich, um Staub und trockenes Gras loszuwerden. Der Nebelmahr zuckte noch ein paar Herzschläge lang. Er hatte drei von Lehrs Pfeilen in der Hüfte, im Hals und den Rippen. Ein vierter Pfeil, eine Handspanne von der Spitze abgebrochen, steckte in seinem Auge. Sein Brustkorb hob sich noch zweimal, dann blieb er reglos.
    Es sah so aus, als nähme das Wesen tot erheblich weniger Platz ein als lebendig.
    Seraph lehnte sich zurück und lachte. Dann wandte sie sich Tier zu, und der Triumph verschwand aus ihren Augen. »Was ist denn, Tier?«
    Er zwang sich zu einem Lächeln und schüttelte den Kopf. Sie hatte seinen Zorn nicht verdient. Es war nicht ihre Schuld, dass sie die Würze der Gefahr genossen hatte - er kannte dieses Gefühl ebenfalls, aber es beunruhigte ihn, es bei seiner Frau zu sehen. Und nicht nur, weil sie ihr Leben aufs Spiel gesetzt hatte.

    »Nichts, Liebes. Lass mich dir aufhelfen.«
    Das war es, wozu sie geboren war, dachte er, als sie mit den anderen wie eine kleine, siegreiche Armee zurück zum Haus des Schmieds ging, nachdem Hennea die Leiche des Nebelmahrs mit weiteren Flammen beseitigt hatte.
    Er konnte spüren, wie das Heim, das sie zusammen geschaffen hatten, für Seraph zu klein wurde. Seit sie und ihre Söhne ihn gerettet hatten, hatte er versucht, ihre Veränderungen zu ignorieren, aber dieser Tag zwang ihn, sich ihnen zu stellen. Um ihren Mann zu retten, hatte Seraph wieder den Mantel ihrer Weisung angelegt.
    Er konnte sich nicht vorstellen, dass sie sich jemals wieder klein genug machen würde, um auf dem Hof zu leben und nichts weiter als eine Bauersfrau zu sein. Selbst wenn sie wirklich versuchen sollte, ihre Macht noch ein zweites Mal beiseitezuschieben, war er nicht sicher, ob er ihr das erlauben durfte, nicht, solange er sich an die Freude auf ihren Zügen erinnern konnte, als der Brunnen zu brennen begann.

2
    » K ein Wunder, dass er in dieser götterverlassenen Gegend lebt. Wenn es in der Nähe einen guten Schmied gäbe, würde er verhungern«, sagte Benroln säuerlich, während sein kräftiger Fuchs mit dem kleinen Pferd, das Tier ritt, Schritt hielt. Brewydd hatte sich mit Tiers Segen entschieden, auf Scheck ins Lager zurückzureiten. Lehr hatte die Heilerin zu den Pferden zurücktragen müssen, so erschöpft war sie gewesen, aber die Verletzten würden sich wieder

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