Rabenzauber
Anstrengung, selbst wenn man nicht der Kaiser war. Ein Bauer brauchte sich keine Gedanken wegen Attentaten und politischen Manövern zu machen, aber Phoran fand, dass Holzhacken, Gartenarbeit und Waschen ebenso viel Aufwand erforderten.
Toarsen war nicht erfreut gewesen, als Seraph sie ausgeschickt hatte, um im Küchengarten Unkraut zu jäten - voller
Belustigung musste Phoran an den Gesichtsausdruck seines Hauptmanns denken -, aber da der Kaiser ohne ein Wort des Widerspruchs losgezogen war, hatte Toarsen das Gleiche getan.
Es hatte Phorans Stolz allerdings tief getroffen, dass Rinnie ihnen zeigen musste, was sie zu tun hatten, und das mit verblüfft aufgerissenen Augen, weil sie einfach nicht glauben konnte, dass jemand den Unterschied zwischen Dill und Plünderspitze nicht kannte. Aber sie hatte sie nicht ausgelacht - jedenfalls nicht offen -, und die Erinnerung an Toarsens Gesicht wog stärker als sein getroffener Stolz. Kissel hatte nicht beaufsichtigt werden müssen; er sagte, die Köchin seiner Familie habe ihm beigebracht, wie man im Garten arbeitete, als er noch ein Junge war.
Der junge Kaiser hatte viel gelernt, aber als Lehr und Jes zurückgekehrt waren, hatte er tief im Herzen erwartet, dass seine Strapazen nun vorüber wären.
Lehr hätte mit der alten Heilerin zurückkehren sollen. Sie hätte einen Blick auf Phoran geworfen und ihm einen geheimnisvollen Heiltrank gegeben oder gesagt, er solle sich dreimal um sich selbst drehen und dabei irgendein unaussprechliches Wort von sich geben - zumindest tat das die Hälfte der Ärzte in Taela. Das Memento würde ihn verlassen, und er könnte nach Hause eilen, um in Frieden zu herrschen. Er grinste in sich hinein. Zumindest, bis jemandem eine wirksamere Attentatsmethode einfiel, wenn er nicht gerade von seinen Männern bewacht wurde. Seine Männer.
Er warf einen raschen Blick zu Ielian. Der junge Mann hatte ihn mit seinem leidenschaftlichen Angriff gegen Seraph, bei dem er als Phorans Advokat aufgetreten war, in Erstaunen versetzt.
Offenbar war die Anzahl seiner loyalen Anhänger im Wachsen begriffen. Wenn das so weiterging, würden es in
zehn Jahren vielleicht sogar über zwanzig sein. Phoran freute sich darüber, dass Ielian ihm inzwischen nicht nur diente, weil er Arbeit brauchte.
Er wandte sich wieder der Landkarte zu, aber sie sah genauso aus wie vorher. Seufzend gab er auf. »Wenn Ihr mir ein Blatt Papier gebt, werde ich eine Liste von Orten machen, die hier dargestellt sein könnten. An der Platzierung der Straßen kann ich nichts Auffälliges erkennen. Vielleicht hat Meister Willon noch mehr Landkarten, mit denen wir diese hier vergleichen können.«
»Ich mache es schon, Mutter«, sagte Rinnie und wischte sich an einem Lappen die Hände ab.
Sie kramte herum, dann legte sie ein Blatt Papier, ein Tintenfass und eine gut geschnittene Feder vor den Kaiser und lächelte ihn an - zu Anfang war sie schüchtern gewesen, aber der Tag im Garten hatte ihr jede Ehrfurcht Phoran gegenüber genommen.
»Gute Idee«, stimmte Tier zu. »Wir werden Willon bitten, einmal einen Blick auf diese Karten zu werfen; vielleicht hat er etwas dazu zu sagen. Er ist mehr als ein halbes Jahrhundert lang im ganzen Kaiserreich umhergereist. Vielleicht fällt ihm etwas auf, was uns entgangen ist.«
»Das Abendessen ist gleich fertig«, verkündete Rinnie.
»Solange du Dill statt Plünderspitze genommen hast, werden wir den Koch nicht auspeitschen lassen.« Phoran strich verschiedene Ortsnamen auf seiner Liste wieder durch. Wenn doch wenigstens eine der Landkarten so etwas wie einen Maßstab hätte, damit er wüsste, ob er zehn Meilen vor sich hatte, die sehr exakt gezeichnet waren, oder hundert Meilen!
»Wenn es Plünderspitze ist, liegt das daran, dass jemand den Dill ausgerissen hat«, erwiderte Rinnie zufrieden. » Ihr könnt es ja als Erster versuchen. Wenn Ihr nicht in Zuckungen verfallt, können wir anderen unbesorgt essen.«
»Es ist Verrat, dem Kaiser zu drohen.« Phoran strich einen weiteren Ortsnamen aus, weil sich dieser Ort zu dicht an der Küste befand. Wenn Colossae so nah am Meer gelegen hätte, hätten die Landkarten das sicher gezeigt. »Kissel, sollen wir dieses Mädchen fesseln und knebeln?«
»Erst, wenn sie das Abendessen zu Ende gekocht hat«, grollte Kissel. »Ich würde sogar Plünderspitze essen, wenn sie so gut schmeckt, wie dieser Fisch riecht.«
Tier stand auf und streckte sich. »Ich bringe ein bisschen Waschwasser auf die Veranda«, sagt
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