Rabenzauber
gerne.
Jes seufzte. »Ich bin nicht sicher.« Aber es war etwas, das Mutter wissen sollte, und Lehr würde sich daran erinnern, sie zu fragen. Also schubste er den Hüter heraus, der vielleicht besser antworten konnte.
Lehr trat einen Schritt zurück, als der Hüter kam, und das machte Jes traurig. Es gefiel dem Hüter nicht, dass er seiner Familie Angst machte.
»Der Waldkönig sagte, sie habe dunkle Magie und Macht, und er wolle sie nicht unbewacht auf seinem Territorium haben.«
Jes kehrte rasch zurück, denn der Hüter war unvorhersehbar und würde vielleicht ebenfalls zu dem Schluss kommen, dass die Frau eine Gefahr für sein Territorium darstellte. Jes wollte nicht, dass er ihr Angst machte, weil … weil er sie mochte.
»Dunkle Magie?«, fragte Lehr mit einem Blick zu Hennea.
Sie streckte die Hand aus, zeigte ihm ihr Handgelenk und tippte auf das Armband dort. Es gefiel Jes ebenso wenig wie dem Hüter - es roch irgendwie falsch.
»Ich nehme an, er meinte das da. Wer ist der Waldkönig?«
Lehr lächelte plötzlich und zuckte die Achseln. »Das weiß ich nicht. Tatsächlich dachte ich, es wäre eine Geschichte, die
Jes erfunden hat, bis ich ihm heute begegnete.« Er wandte sich Jes zu. »Wer ist der Waldkönig?«
Jes fand all diese Aufmerksamkeit eher unangenehm. Der Hüter mochte es nicht, wenn Leute ihn zu genau anschauten. »Er ist der Waldkönig«, murmelte er, nachdem er die Frage vor Verlegenheit schon beinahe vergessen hatte.
Lehr schien zu spüren, wie Jes sich fühlte, denn er sagte: »Kommt mit«, griff nach dem Eimer und ging weiter zur Scheune.
Seraph war so bedrückt und erschöpft von Trauer und Zorn, dass sie beinahe nicht bemerkt hätte, dass etwas nicht stimmte, als sie auf ihr Haus zukam.
Alinath hatte schon von Tier gewusst - Forder hatte in Redern übernachtet und die Neuigkeit verbreitet. Seraph hatte mit Alinaths Schock und Trauer gerechnet, es aber stattdessen mit Zorn und Schuldzuweisungen zu tun bekommen.
Erst als Gura sie nicht begrüßte, schob sie den Ärger wegen der unglückseligen Begegnung mit ihrer Schwägerin beiseite und sah sich um. Die Jungen waren nicht auf dem Feld, und Rinnie arbeitete nicht im Garten.
Sie pfiff und wurde mit einem Bellen belohnt; Gura kam aus der Scheune gerannt, um sie mit einem entschuldigenden »Wuff« zu begrüßen, weil er so spät war. Er folgte ihr auf dem Fuß, als sie auf die Scheune zuging.
Scheck muss etwas zugestoßen sein, dachte sie.
In der Scheune war es im Vergleich zum Nachmittagslicht dunkel, also war sie immer noch halb blind, als sie Lehr sagen hörte: »Hier ist sie! Mutter, wir haben Besuch.«
Als sie besser sehen konnte, stellte Seraph als Erstes fest, dass Scheck den Kopf in einen Getreideeimer gesteckt hatte. Rinnie, eine Bürste in der Hand, stand neben dem Wallach. Jes lehnte sich ein paar Fuß von Lehr entfernt gegen die Scheunenwand,
und dann war da eine Frau: eine Reisenden frau in einem Solsenti -Kleid, die Seraph aus hellen Augen ansah.
Seraph spürte, wie sie überrascht und in instinktiver Bestürzung die Brauen hochzog. Sie hatte schon genug Probleme, und eine einzelne Reisende konnte nur noch mehr bringen.
»Ich bin Hennea«, sagte die Frau. »Rabe des Clans von Rivilain mit dem Mondhaar.«
»Seraph, Rabe des Clans von Isolda der Schweigsamen«, erwiderte Seraph. Dann wartete sie, und Lehr tat ihr schließlich den Gefallen.
»Heute früh kam Jes’ Waldkönig zu uns«, sagte er und klang immer noch ein wenig verwundert. »Er sagte uns, ein Kind irre im Wald herum, und er bat Jes, es zu holen. Jes hat Hennea hierhergebracht. Der Waldkönig wollte sie nicht in seinem Territorium wissen, weil sie dunkle Magie und Macht an sich hatte.«
»Das hier ist die dunkle Magie«, sagte Hennea und hob die Hand.
Seraph ging zu ihr und legte die Hände auf Henneas Arm und Hand, zu beiden Seiten des Armbands aus Leder und Perlen. » Solsenti -Zauberei«, stellte sie fest. »Ein Geas? «
Hennea nickte. »Ja.«
Seraph wusste nur von einem einzigen Zauberer in der Umgebung von Redern. »Volis der Priester hat dich gebunden, damit du ihm dienst?«
Hennea lächelte dünn. »Ja.«
Er hatte sie also versteckt. Seraph war vollkommen überzeugt, dass einer der Dorfbewohner ihr ansonsten gesagt hätte, dass es noch eine Reisende in der Nähe gab.
»Ich kann dir helfen, das Geas loszuwerden.« Seraph kannte die Methode nicht genau, aber sie war sicher, dass in einem von Isoldas Büchern darüber berichtet wurde: Die
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