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Rabenzauber

Rabenzauber

Titel: Rabenzauber Kostenlos Bücher Online Lesen
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prüfte den Wind mit bebenden Nüstern. Er schüttelte unruhig die Mähne und wieherte kurz.
    Was immer es war, was Lehr erwartet hatte, es war ganz bestimmt nicht der Mann, der aus dem Wald kam. Er war schlank und dunkel, aber ansonsten vollkommen durchschnittlich - bis Lehr seinem Blick begegnete.
    Unendlich tiefe schwarze Augen betrachteten ihn kühl und forschend, und Lehrs Nackenhaare sträubten sich.
    »Jäger«, sagte der Fremde.
    Lehrs Augen sagten ihm, dass der Mann vor ihm nur ein durchschnittlicher Zeitgenosse war, mehr oder weniger gekleidet wie jeder andere, der im Wald umherwanderte. Aber ein anderer Sinn läutete eine Alarmglocke und machte ihm deutlich, dass er vor einer Macht stand.

    Scheck drückte die Nase gegen Lehrs Arm und atmete schnaubend, die Ohren nach vorn gerichtet, als spüre er eine Gefahr und bereite sich auf den Kampf vor.
    Lehr warf einen Blick zu Jes, der hinter ihm stand und den Fremden unentwegt, aber ohne Anspannung betrachtete.
    Also wandte Lehr sich wieder dem Mann zu und verbeugte sich knapp. »Was kann ich für Euch tun?«
    Der Mann lächelte, aber seine allzu wissenden Augen blieben kalt und klar wie der Fluss im Winter. »Ich habe ein Kind gefunden, das allein durch meine Wälder streifte. Sie riecht wie eine von euch, also dachte ich, ich biete sie lieber euch als den Wölfen an.«
    »Rinnie?«, fragte Jes und warf einen Blick zum Haus, aber als Lehr es ihm nachtat, konnte er deutlich sehen, dass seine kleine Schwester immer noch den Küchengarten bepflanzte, während Gura in der Nähe ausgestreckt lag.
    »Geh, Jes«, sagte Lehr. »Ich werde mich um das Feld kümmern, bis du zurückkehrst. Es ist wahrscheinlich ein Mädchen aus dem Dorf, also musst du sie den ganzen Weg nach Redern bringen.«
    Jes duckte sich aus dem Zaumzeug und folgte dem dunklen Mann ohne ein Wort in den Wald. Lehr blieb an Schecks Kopf stehen, bis der Wallach aufhörte, in die Bäume zu starren.
    Er rieb Schecks Fell unter dem Stirnriemen, wo sich der Schweiß sammelte, und redete ruhig auf das Pferd ein. »Ich glaube, wir sind gerade dem Waldkönig begegnet. Ich dachte immer, Jes hätte ihn nur erfunden.« Aber in den letzten paar Tagen waren so viele seltsame Dinge geschehen, dass der Waldkönig nur ein Kopfschütteln wert war, bevor Lehr sich wieder dem Pflügen zuwandte.
Der Hüter ging neben dem Eber her, der der Waldkönig war, und prüfte die Luft nach Gefahren. Als er keine spürte, gestattete er seinem Zorn, an die Oberfläche zu gelangen.
    »Du wirst meinen Bruder in Ruhe lassen«, forderte der Hüter mit einer Stimme, so kalt wie der Winterwind.
    Der Eber schnaubte. Er wirkte vollkommen unbeeindruckt. »Warum sollte ich das tun? Die Bindung deines Bruders an den Wald ist enger als die deine. Etwas ist geschehen, das ihm seine Macht bewusst machte. Wenn ich dich heute gerufen hätte, wie ich es sonst tue, hätte er mich ebenfalls gehört. Es war Zeit, die Existenz des Jägers anzuerkennen. Ich kann nicht sagen, dass ich ihn willkommen heiße, denn es ist meine Aufgabe, jene zu beschützen, die zu meinem Reich gehören. Aber dein Bruder hat schon lange in diesem Wald gejagt und scheint nicht unterschiedslos zu töten. Tod ist selten ein willkommener Gast, aber er hat einen Platz im Leben des Waldes.«
    »Lass ihn einfach nur in Ruhe - er hat ohne dich schon genug Probleme.«
    Der Eber lachte, und seine heisere Stimme überschlug sich vor Heiterkeit. »Bin ich denn ein so schlechter Kamerad, Jes?«
    »Wer von uns wird hier denn einer Laune folgend durch den Wald geschleppt?«, erwiderte der Hüter verärgert. »Ich sollte meinem Bruder helfen, Scheck über das Feld zu locken, statt hier ein Kind zu jagen.«
    »Nicht diese Art Kind«, grunzte der Eber und kletterte über einen dicken Stamm, der ihm im Weg lag. »Ich glaube, sie ist älter als du.« Er schien das erheiternd zu finden, denn er schnaubte eine Weile, bevor er weitersprach. »Sie ist ein Kind der Reisenden, aber nicht genauso wie du oder dein Bruder. Sie kam an mir vorbei, als ich heute Morgen frühstückte, und der Geruch ihrer Magie faszinierte mich, also folgte ich ihr.«

    Der Hüter wartete, aber nach einiger Zeit wurde ihm klar, dass der Eber nicht weitersprechen würde, wenn er nicht fragte. »Wo ist sie hingegangen?«
    »Durch mein Land«, sagte der Waldkönig. »Ich hätte an der Grenze beinahe haltgemacht, aber ich war neugierig. Also folgte ich ihr zu einem Ort, wo Magie den Boden schwärzte und ein neuer Riss in der Erde

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