Rabenzauber
begann.« Die Worte kamen wieder von Tier, wobei sie sich, verglichen mit den Szenen, die sich vor ihm abspielten, seltsam unwirklich anhörten.
Man konnte kaum mehr atmen, so sehr stank die Luft. Die Hände des Roten Ernave waren müde vom endlosen Kampf. Seine Axt landete in einem Geschöpf, das aussah, als sei es einmal ein Wolf gewesen, bevor die Magie des Schattens es erwischte. Es starb nur schwer, und Ernave musste noch ein zweites Mal zuschlagen, bevor es still dalag.
Er stand auf einer kleinen Anhöhe und hatte gerade keinen Gegner. Also nutzte er die Gelegenheit, um sich kurz auszuruhen, ließ den Blick über die Kämpfenden schweifen - und sah zum ersten Mal, seit die Schlacht begonnen hatte, den Schatten.
Der Schatten war weniger, als er erwartet hätte. Er war einen ganzen Kopf kleiner als Ernave und wog vielleicht halb so viel; er schien nichts weiter als ein Junge zu sein. Er sah Loriel sehr ähnlich - obwohl ihre Augen nie so leer gewesen waren. Der Schatten lächelte, und Ernave, der geglaubt hatte, dass ihm seine Müdigkeit jede Furcht genommen hatte, stellte fest, dass das ein Irrtum gewesen war.
Eine Stimme neben ihm sagte: »Ich bin bei dir.«
Das war Kerine, der kleine, dünne Reisende, der nun ihr einziger Zauberer war. Er war vor ein paar Wintern in Ernaves Lager
gestolpert und dem rothaarigen Krieger seitdem immer wieder auf die Nerven gegangen.
»Genau das brauchte ich jetzt«, sagte Ernave säuerlich.
Zu seiner Überraschung lachte der Zauberer. »Wenn der Schatten tot ist, werde ich sofort von deiner Seite verschwinden, du sturer Bastard. Aber von diesem Moment an bis zum Tod unseres Gegners sind wir Brüder, und ich werde neben dir stehen. Es braucht mehr als deine Axt, um den Schatten zu töten.«
»Dann komm, Bruder«, sagte Ernave und schlug ihnen einen Pfad über das Schlachtfeld zum Schatten.
Der namenlose König kämpfte allein. Selbst seine eigenen Geschöpfe gingen ihm aus dem Weg - als könne es nur eine bestimmte Menge an Bösem an einer Stelle geben und als mache die Anwesenheit des Schattens alle anderen dunklen Dinge unnötig.
Ernave näherte sich von der Seite und schwang die Axt, aber der König fing den Schlag mit seinem Schild ab. Ernaves Axt fuhr durch das dünne Metall der ersten Schicht ins Holz darunter und blieb stecken.
Der Krieger riss fest an der Axt, was den Schatten zwei taumelnde Schritte zur Seite zwang, bevor er den Arm aus den Schildriemen ziehen konnte.
Ernave schmetterte den Schild auf den Boden, spaltete ihn wie einen Baumstamm und befreite damit seine Axt. Es war eine schnelle und geübte Bewegung, aber es gelang ihm dennoch nur im letzten Augenblick, die Waffe wieder zu heben und den nächsten Schlag des Königs abzuwehren.
Der Schatten kämpfte so gut, wie der alte Magier, sein Berater, es Ernave vorhergesagt hatte. Wieder und wieder glitt das Schwert an Ernaves Axt entlang und wendete die Schläge ab, sodass der schwerere Stahl der Axt die Schwertklinge nicht beschädigte.
Der König bewegte lautlos den Mund und versuchte während des gesamten Kampfs, Magie heraufzubeschwören. Der rote Ernave
trat dem Zauber zum größten Teil mit schweren Schlägen entgegen, die bewirkten, dass der König aus dem Rhythmus geriet und sich auf seine Schwertarbeit konzentrieren musste. Dennoch wirkte er diverse Zauber, die Kerine abwehrte, und hin und wieder berührte ein Bann Ernave auch mit weiß glühender Hitze, die seinen erschöpften Körper noch müder machte.
Der König war frisch und ausgeruht, und Ernave war schon vor Beginn der Schlacht todmüde gewesen. Dennoch, der rothaarige Krieger stemmte die Füße fest auf den Boden und zwang den König mit einem raschen Muster von Axthieben dazu wegzuspringen.
Die Waffe in seinen Händen fühlte sich immer schwerer an, und jedes Mal, wenn der König sie zurückschlug, setzte sich dieser Ruck in einem Aufflackern von Schmerz in Ernaves Unterarmen, Schultern und Hals fort.
Dann stolperte Ernave über etwas, das gar nicht da war, und als er fiel, streifte seine Axt den König an den Knien und schlitzte das Fleisch auf bis zum Knochen. Ernave zögerte nicht, sondern rollte weiter, bis er taumelnd auf ein Knie kam, und dann fuhr er herum, um sich dem König erneut zu stellen.
Der Schatten kreischte auf, und nun sah er nicht mehr aus wie ein junger Mann, sondern nur noch wie ein Gerippe, an dem ein paar Sehnen klebten. Aber für Entsetzen war keine Zeit. Ernave sprang auf und schlug erneut nach dem
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