Rabenzauber
Schwert des Königs.
Endlich wurde einer seiner Angriffe nicht abgewehrt und verbog die elegante Klinge. Ernave machte sich dennoch auf einen mörderischen Gegenangriff gefasst. Der Schatten ließ das Schwert fallen und schlug mit der Hand zu. Klauen, wie sie an keine menschlichen Finger gehörten, sanken tief in Ernaves Seite.
Ernave schrie auf, aber der Schmerz ließ seinen eigenen Schlag nicht langsamer werden, und die Axt senkte sich in den Hals des Schattens.
Blutend und schwer atmend starrte der Rote Ernave die Leiche des alten, alten Mannes an, die vor ihm auf dem Boden lag.
Wer hätte gedacht, dass man den Schatten wirklich umbringen konnte?
»Wie hast du das gemacht? Wie hast du seiner Magie widerstanden? Ich konnte nicht alles davon blockieren. Und du bist kein Magier.« Kerines nörgelnde Stimme brach durch die summende Erschöpfung, die alles seltsam weit entfernt erscheinen ließ.
»Der alte Magier«, antwortete Ernave, der jetzt nur noch sehr flach atmete. »Er hat den letzten Rest seines Lebens gegeben, um die dunkle Magie lange genug aufzuhalten, damit ich den Schatten töten konnte. Ich hielt ihn für dumm, weil er glaubte, es könne funktionieren … aber das ist egal, denn wir sind ohnehin alle tot.«
Und mit diesen Worten brach er in die Knie.
Tier war tief in Ernaves Herz begraben, aber er wusste, wie die Geschichte ausging, erkannte die Gefahr und strengte sich an, wieder an die Oberfläche zu kommen. Es gab jedoch keine andere Möglichkeit, als sich festzuhalten, während Ernave sich langsam dem Tod ergab, den ihm der Schatten auferlegt hatte.
Ein dünnes Flüstern drang an sein Ohr.
»Und so starb der große Krieger direkt nach dem Schatten und verließ …«
»Verließ das Schlachtfeld.« Tier klammerte sich an die Worte. »Er überließ es seiner Armee, ihn zu beweinen.« Aber er konnte sich nicht an die nächsten …
Kerine versuchte erfolglos, Ernave mit dem, was ihm von seiner Macht geblieben war, zu retten.
»Sie verbrannten das Ding, das einmal ein König gewesen war«, fuhr der Besucher leise fort, als Tier weiterhin schwieg.
Tier war noch unsicher, aber die vertrauten Worte flossen wieder und halfen ihm, sich von seiner Geschichte zu lösen. »Und … und sie verstreuten seine Asche in Bächen und auf
Feldern, sodass es kein Grab geben würde, keine Gedenkstätte für den König ohne Namen.«
Der Schmerz in Tiers Seite ließ nach, und er befand sich wieder sicher in der Dunkelheit seines Gefängnisses.
»Sie begruben den Roten Ernave auf dem Schlachtfeld, denn sie hofften, dass seine Gegenwart das Heer der Dunkelheit irgendwie in Schach halten könnte. Sie zogen in die leere Stadt, in der der Schatten geherrscht hatte, und rissen den Palast des Königs nieder, bis kein Stein mehr auf dem anderen stand. Dann warteten die Überlebenden der Ruhmreichen Armee der Menschheit, denn sie wussten nicht, wohin sie gehen sollten. Die letzen Städte und Dörfer waren schon vor Jahren unter dem Gewicht des Schattens zu Staub zerfallen. Erst als den Kämpfern der Armee langsam das Essen ausging, brachen sie in Zweier- und Dreiergruppen auf.«
Tier bemerkte, dass er zitterte, als die Geschichte verklang. Wenn er das nächste Mal mit Magie experimentieren würde, so nahm er sich vor, dann würde er eine Geschichte auswählen, deren Held überlebte.
»Was hast du getan, Barde?«, fragte die Stimme über ihm. »Magie für Musik, sodass beide echter werden. Was hast du getan?«, und dann durchtrennte der Lauscher die Verbindung, die ihn immer noch an Tier band, und verschwand ohne einen weiteren Laut.
Avar, Sept von Leheigh, sah genauso aus, wie ein Sept aussehen sollte, dachte Phoran, der gelangweilt mit seinem Frühstück spielte.
Avar war schlank, hochgewachsen und heldenhaft. Sein Gesicht wirkte wie gemeißelt, das Kinn war fest, sein Mund lächelte liebenswert. Er war unangekündigt ins kaiserliche Schlafzimmer gekommen, als hätte er ein Recht dazu.
»Keinen Hunger heute früh, mein Kaiser?«, fragte er und
warf einen Blick auf das Durcheinander auf Phorans Teller. »Als ich hörte, dass Ihr auf Eurem Zimmer frühstückt, dachte ich schon, das könnte der Fall sein. Mein neuer Diener hat einen Trank gegen Übelkeit nach zu viel Alkohol. Er ist ein Reisenden-Halbblut - jedenfalls behauptet er das. Auf jeden Fall kann er mit Arzneien und Tinkturen wirklich zaubern.«
»Nein danke.« Phoran starrte seinen Teller an. Avar war wieder da.
Erleichterung und Freude wurden stark
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