Rabenzauber
lieber Fragen stellen wollt, können wir auf Euer Zimmer gehen. Ihr werdet feststellen, dass es erheblich verbessert wurde.«
»Gehen wir reden«, sagte er.
Wie Myrceria versprochen hatte, hatte sich die Zelle in seiner Abwesenheit verwandelt. Sie war geputzt und mit einem der Betten möbliert worden, wie die Adligen sie benutzten - es war keine der mit Binsen gefüllten Matratzen auf gespannten Seilen, die er von zu Hause kannte. Überall gab es teure Stoffe und seltenes Holz; der Raum hätte vollgestopft aussehen sollen, wirkte aber stattdessen gemütlich. In der Mitte des Betts lag eine Laute, der man deutlich ansah, dass sie schon oft benutzt worden war, und die seltsam fehl am Platze wirkte.
Tier machte einen Schritt darauf zu, blieb dann aber stehen. Er war nicht wie Seraph, er verspürte nicht das Bedürfnis, prinzipiell das Gegenteil von dem zu tun, wozu alle ihn bewegen wollten, aber das bedeutete nicht, dass es ihm gefiel, manipuliert zu werden. Also nahm er sich vor, sich die Laute später anzusehen, und konzentrierte sich auf eine andere Seltsamkeit. Der Raum wurde von glühenden Steinen in kupfernen Kohlebecken beleuchtet, die an strategischen Stellen im Zimmer angebracht waren.
»Sie sind ziemlich ungefährlich«, sagte Myrceria hinter ihm. Sie stieß sanft mit ihm zusammen und schmiegte sich an ihn, bis ihre Brüste an seinem Rücken ruhten, dann griff sie um ihn herum und nahm den faustgroßen Stein aus dem Kohlebecken, das er hochgehoben hatte.
Er setzte das Becken vorsichtig wieder hin und löste sich von ihr. »Ihr seid sehr hübsch, Mädchen«, sagte er. »Aber wenn Ihr meine Frau kennen würdet, wüsstet Ihr, dass sie meine Leber herausreißen und sie verschlingen würde, während meine bebenden Überreste zusehen, wenn ich sie jemals betröge.«
»Sie ist nicht hier«, murmelte Myrceria, legte den Stein zurück und drehte sich anmutig in einem Kreis, damit er sehen konnte, was er da ablehnte. »Sie wird es nie erfahren.«
»Ich würde meine Frau niemals unterschätzen«, antwortete er. »Und das solltet Ihr lieber auch nicht tun.«
Myrceria berührte das Netz an ihrem Haar und schüttelte den Kopf, sodass Wellen von goldenem Haar über ihren Rücken fielen, bis hinab zu den Fußknöcheln. »Sie wird glauben, dass Ihr tot seid«, sagte sie. »Dafür haben sie gesorgt. Wird sie Euch treu sein, wenn Ihr tot seid?«
Seraph hielt ihn für tot? Er musste wirklich nach Hause zurückkehren.
»Telleridge behauptete, Ihr würdet meine Fragen beantworten«, sagte er. »Wo sind wir?«
»Im Palast«, antwortete sie.
»In Taela?«
»Ja.« Sie lehnte sich an ihn.
Er beugte sich vor, bis sein Gesicht nahe an ihrem war. »Nein«, sagte er leise. »Ihr habt Antworten auf meine Fragen, und das ist alles, was mich interessiert.« In ihren Augen blitzte so etwas wie Furcht auf, und er nahm an, dass eine Hure ihrer Klasse sich wohl kaum freiwillig einem Gefangenen anbieten würde. »Ihr könnt Telleridge über diesen Abend sagen, was Ihr wollt, und ich werde es nicht abstreiten - aber ich breche die Schwüre nicht, die ich abgelegt habe. Ich habe meine eigene Frau; was ich brauche, sind Antworten.«
Sie stand einen Augenblick reglos da, ihr Blick unergründlich - was ihm mehr darüber sagte, was sie dachte, als die schlichte, aufs Praktische ausgerichtete Miene einer Hure.
Langsam, aber nicht verführerisch, band sie ihr Haar wieder ins Netz. Als sie fertig war, hatte sie ihre verführerische Ausstrahlung ebenfalls weggesteckt.
»Also gut«, sagte sie. »Was wollt Ihr wissen?«
»Belügt mich«, sagte er.
Sie zog die Brauen hoch. »Eine Lüge?«
»Über irgendwas. Sagt mir, dass die Bettdecke blau ist.«
»Die Bettdecke ist blau.«
Nichts. Er spürte nichts.
»Sagt mir, dass sie grün ist.«
»Die Bettdecke ist grün.«
Er konnte nicht herausfinden, ob sie log. Das einzig Nützliche an seiner Magie funktionierte nicht mehr. Er öffnete den Mund, um sie zu bitten, ihm bei der Flucht zu helfen, nur, weil er sehen wollte, ob er es konnte, aber kein Wort kam ihm über die Lippen.
»Die Götter sollen ihn holen!«, brüllte er wütend. »Die Götter sollen ihn holen, ihm bei lebendigem Leib die Milz herausreißen und sie essen.« Er wandte sich der Hure zu, und sie wich zurück, obwohl das wirklich nicht nötig gewesen wäre. »Erzählt mir von diesem Ort, den Sperlingen, dem Geheimen Pfad, Telleridge … von allem.«
Sie machte noch einen Schritt zurück und ließ sich zimperlich auf der
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