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Rabinovici, Doron

Rabinovici, Doron

Titel: Rabinovici, Doron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anderrnorts
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libanesischem Fladenbrot
wählen. In Österreich las er sein israelisches Leibblatt im Internet. Schaltete
er da den Fernseher ein, sah er über Satellit, was dort gesendet wurde.
Gastgeschenke mußte er nun kaum noch mitschleppen. Es gab ohnehin überall
dasselbe, und er konnte jederzeit einen Billigflug in den Nahen Osten buchen.
    Er hatte nicht vor, viel
mitzunehmen. Drei Pakete voll Bücher schickte er voraus. Er bat seine Mutter,
sie vorläufig in seinem ehemaligen Kinderzimmer aufzubewahren. Das war alles
gewesen. Dennoch wurde er immer nervöser, als der Abflug näher rückte. Eine
Woche davor war sein Geburtstag. Noa weckte ihn mit Frühstück und Sekt im Bett,
aber während er sie küßte, befiel ihn wieder die Angst. Er hatte es nie lange
in Israel ausgehalten. Es war dieses Gefühl, von allen in die Pflicht genommen
und vereinnahmt zu werden, das er nicht vertrug. Auch diesmal fürchtete er sich
vor ihren Erwartungen. Er sah Familienfeiern, Eßgelage und ein Hochzeitsfest
auf sich zukommen.
    Später flanierten sie durch
den Stadtpark. Jugendliche saßen am Rand des Kanals und reichten den Joint im
Kreis weiter. Einer klimperte auf der Gitarre, und Ethan hätte sich gerne
dazugesetzt und wäre am liebsten seinem Leben entstiegen wie einem Bus. Da
sagte Noa: »Ich weiß, daß ich es war, die hier wegwollte, aber ich habe ein
flaues Gefühl im Magen«, und kaum hatte sie das gesagt, nickte er, und sie
lächelten einander an, als habe sie ihn eben beschenkt.
    Sie setzten sich in ein Cafe,
um einander zu versichern, daß es vielleicht besser sei, zu bleiben. »Lassen
wir es doch.« — »Ja, bleiben wir einfach.«
    Ein alter Mann saß da und
versuchte, seiner Frau die Tasche zu entreißen. »Sie hat mich beraubt«, schrie
er. »Hilfe! Polizei!«
    Die Kellner umstanden den
Tisch und tuschelten.
    Die Ehefrau sagte: »So geht es
seit gestern. Er erkennt mich nicht mehr. - Laß die Tasche aus. Das ist meine!«
    »Ich weiß gar nicht, wer das
ist. Sie raubt mich aus. Immer schon!«
    Ein Kellner redete ihm gut zu.
»Aber Herr Brauner, das ist doch Ihre Gattin. Sie kommen doch seit Jahrzehnten
zu uns.«
    Der Ober trat an ihren Tisch
und wollte die Bestellung aufnehmen, aber Noa und Ethan saßen da und kicherten
wie jene Jugendlichen im Park. Der Kellner grinste. »Noch gar nichts bestellt,
aber schon so vergnügt?«
    Noa rief: »Zwei Glas Sekt!«
    Kaum waren sie zurück in der
Wohnung, fielen sie übereinander her und hingen aneinander, Hals über Kopf,
bis Ethan fragte, ob sie die Koffer gemeinsam kaufen sollten.
     
    Während die anderen Passagiere
schon standen und ihr Handgepäck aus den Fächern holten, schaltete Ethan sein
Mobiltelefon ein, um seine Mutter zu erreichen. Ob er ihre Nachricht bereits
abgehört habe. Seit einer Stunde versuche sie, ihn zu sprechen. Vater gehe es
plötzlich schlechter.
    Er werde so schnell wie
möglich ins Krankenhaus kommen, sagte Ethan.
    Als sie das Flugzeug
verließen, hüllte sie der Hitzewickel ein. Alle rannten zur Paßkontrolle. Dann
das Warten auf die Koffer an den Gepäckbändern. Ein Gerangel. Kein Zweifel. Sie
waren angekommen.
    Sie wurden von Noas Mutter und
einem ihrer Brüder abgeholt. Ethan wollte sich zurückziehen, aber sie hielt ihn
fest und flüsterte: »Sie bringen uns doch in unsere Unterkunft.«
    Die Mutter fragte sogleich,
warum sie nicht bei ihr wohnen wollten. Noa küßte sie und lächelte. Der Bruder,
Aron, blickte ihn abschätzig an und meinte zu Noa: »Hohe Absätze solltest du
nicht tragen.«
    Gemeinsam hoben sie das Gepäck
ins Auto. Ein kleiner Subaru. Die Mutter fragte ihn: »Seit wann lebst du in
Wien?« Und: »Wo wohnen deine Eltern?« Und: »An welcher Uni bist du?« Und:
»Warum sind deine Eltern damals fort?« Und: »Woher stammen sie?« Und: »Wo
waren sie während des Weltkriegs?« Eine Batterie von Fragen, aber als die
gestellt waren und er ihr so einsilbig, maulfaul und unfreundlich geantwortet
hatte, wie die Sitten es hierzulande verlangten, wandte sie sich abrupt ab und
redete den Rest des Weges kein Wort mehr mit ihm. Er wußte sich zu Hause,
fühlte sich so heimisch und fremd zugleich, daß ihn die Sehnsucht erfaßte,
sofort wieder fortzufliegen.
    Sie fuhren in den Süden Tel
Avivs, hielten unweit der Shenkin-Straße. Hier hatte Noa eine Dachwohnung gefunden.
Eine Freundin, die einige Wochen im Ausland verbrachte, hatte sie ihr
überlassen. Miete mußten sie nicht bezahlen, aber die Pflanzen gießen, den
Kater füttern und die

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