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Rabinovici, Doron

Rabinovici, Doron

Titel: Rabinovici, Doron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anderrnorts
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für solche Katastrophen. Manchmal, je nachdem was passiert war,
legten sie einen zerstörten Rechner über Nacht in den Kühlschrank, stellten
ihn auf die Heizung oder ließen ihn fallen. Alles bloß, um die Maschine ein
letztes Mal hochzufahren und die Daten zu sichern.
    Er selbst sei Techniker,
ebenfalls ein Troubleshooter. Seine Firma sei international tätig und habe sich
auf die Einrichtung von Mobilfunknetzen spezialisiert. Er werde gerufen, wenn
schwerwiegende Fehler im System auftreten. Er stamme aus Texas, reise jedoch
ständig von einem Land ins andere. Er sei für den Ernstfall zuständig. Nach
Tel Aviv sei er gerufen worden, weil Massada, die alte Festung des Herodes,
jenes Bergplateau, auf dem sich vor zwei Jahrtausenden die jüdischen Rebellen
gegen eine fünfzehnfache römische Übermacht verschanzt hatten, nicht von den
israelischen Handybetreibern erreicht werden konnte. Diese Hochebene, die von
den Aufständischen einst erobert worden war und wo sie unter Eleasar ben Ja'ir
jahrelang der Zehnten Legion getrotzt hatten, bis alle kollektiv Selbstmord
begangen hatten, weil diesen Juden die Freiheit kostbarer war als das Leben,
liege bereits auf jordanischem Funkgebiet. Wer sein Telefon auf Massada
benutzen wollte, geriet - zumindest fernmündlich - unter Fremdherrschaft.
»Dieser Zustand scheint eine nationale Katastrophe zu sein«, erklärte der
Amerikaner. »Täglich steigen da Tausende hoch, Staatsgäste werden hingekarrt,
Soldaten hinaufgetrieben. Allen wird gesagt: Massada darf nie wieder fallen,
aber wer seine Großmutter in Haifa, Paris oder Brooklyn anruft, meldet sich aus
Jordanien.« Es sei ein Debakel.
    »Mich rufen sie aus allen
Kontinenten und Staaten dieser Welt. Ich reise nach Australien, Kanada und
Skandinavien, nach Japan, China und Rußland. Ich kenne diese Länder kaum, aber
über ihre Funknetze weiß ich Bescheid, und überall, in beinah allen Sprachen
und in fast jeder Region, reden die Menschen, die meine Hilfe brauchen, vom
großen Problem.«
    Der Mann blickte Rudi zornig
an. Er schnaufte. »Problem, problemo, problema. Ob in Kamerun oder in der
Mongolei, alle haben sie ein Problem. Ich kann es nicht mehr hören. Es bedeutet
nirgendwo dasselbe. Es bedeutet nichts. Und alles zugleich.« Beim Fliegen,
sagte der Texaner, habe er es zum ersten Mal verstanden, in ebenso einer Boeing
wie dieser da, einer Maschine der britischen Fluggesellschaft. Plötzlich, mitten
über dem Atlantik auf dem Rückflug nach Hause, habe der Pilot in jenem typisch
nasalen Oxforder Akzent verkündet: »Ladies and gentlemen, we seem to have a problem«,
und in dem Moment sei er, der Amerikaner, in Panik verfallen, habe er, der
doch sein ganzes Leben nichts anderes tue, als Lösungen für Probleme zu
finden, gedacht, sie würden gleich abstürzen. Und nicht nur er, sondern alle
seine Landsleute waren in Angst geraten, hatten zu schreien begonnen, eine
Frau neben ihm sei in Ohnmacht gefallen, und er selbst, er wisse nicht, wie er
es sagen solle, er habe in die Hosen gemacht, weil er davon ausgegangen war,
aus einer Höhe von Zigtausenden Meilen auf die Meeresoberfläche zu stürzen, ein
Aufprall, den keiner überstehen würde, und wenn doch, dann nur, um im eisigen
Wasser zu ersaufen. So groß war die Panik, daß die meisten von ihnen gar nicht
hörten, was der Brite mit steifer Oberlippe noch hinzufügte: »I am terribly
sorry, but I have to tell you that it's raining in New York.« Wenn ein
amerikanischer Pilot von einem Problem gesprochen hätte, wäre mit dem Ende zu
rechnen gewesen. Mit dem Absturz. Mit dem sicheren Tod. So laute, sagte er,
der heimische Code. Die Piloten in den USA sprächen einen Jargon
kontrollierter Coolness. Sie sagten: »Houston, we have a problem here«, ehe die Verbindung
abbreche, die Maschine explodiere und sich der Punkt am Radarschirm in nichts
auflöse.
    Der Engländer damals im
Cockpit, der terribly sorry gewesen war, ihnen vom schlechten Wetter berichten
zu müssen, habe wohl nicht geahnt, was er mit seiner Formulierung auslöste.
Sein Fauxpas war im übrigen von niemandem angesprochen worden, weil jene Frau,
die in Ohnmacht gefallen war, alle Aufmerksamkeit auf sich zog. Sie schnappte
nach Luft und ächzte dabei schwer. Die Flugbegleiterinnen riefen nach einem
Arzt, und zwei Passagiere meldeten sich. Ihm warf in der allgemeinen Aufregung
niemand vor, sich angemacht zu haben. Aber seit jenem Vorfall auf dem Weg von
London Heathrow zum Kennedy Airport erinnere er sich, wenn

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