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Rache an Johnny Fry

Rache an Johnny Fry

Titel: Rache an Johnny Fry Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Mosley
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ganz neue Welt eröffnen.
    »Was ist passiert, Cordell?«, fragte Jo fast so, als ob sie mich liebte.
    Als ob, dachte ich und fragte mich sogleich, warum ich das dachte. Dann erinnerte ich mich und sah sie mit Johnny Fry auf dem Sofa und dem Teppich. Und war ich nicht an einen Stuhl gefesselt?
    »Cordell?«
    »Ich war unterwegs zum Bahnhof«, sagte ich. »Am Nachmittag…«
    »Ich dachte, du wolltest den Mittagszug nehmen?«
    »Da gab es keinen Platz mehr in der ersten Klasse, und ich wollte unterwegs arbeiten. Aber das ist nicht wichtig. Ich ging also aus dem Haus und war schon ein Stück die Straße hinunter, als mir plötzlich schwindlig wurde. Und als ich umkehren wollte, bin ich gestürzt.«
    »Bist du in Ordnung?«, fragte sie besorgt.
    »Ja, ja. Ich habe mir nur die Hand ein wenig verletzt. Zu Hause habe ich dann allerdings auch noch Fieber bekommen. Hohes Fieber. Über neununddreißig. Ich nehme an, seitdem habe ich geschlafen. Geschlafen.«
    »Soll ich kommen?«, fragte sie ein wenig halbherzig.
    »Nein, Schatz. Ich habe eine Tablette genommen und eine Flasche Wodka getrunken.« Ibuprofen war es gewesen und Cognac. Dieses Telefongespräch war der Anfang all der Lügen, die noch kommen sollten.
    »Seit wann das?«
    »Was?«
    »Seit wann hast du Wodka im Haus?«
    »Oh. Den habe ich vor einer ganzen Weile gekauft. Weißt du, äh, eines Tages auf dem Weg von dir zu mir, da bin ich an diesem kleinen Spirituosenladen vorbeigekommen. Das ganze Fenster war voll mit russischem Wodka, und da habe ich… eine Flasche gekauft.«
    »Bist du betrunken?«
    »Nein. Überhaupt nicht. Ich war nur im absoluten Tiefschlaf.«
    »Vielleicht solltest du zum Arzt gehen. Vielleicht bist du wirklich krank.«
    »Ich glaube nicht«, sagte ich. »Ich meine, das Fieber ist weg. Ich fühle mich nur noch etwas schwach. Morgen geht’s mir wieder gut. Ich werde früh aufstehen und nach Philly zu meiner Besprechung fahren.«
    »Es ist also alles in Ordnung mit dir?«, fragte sie noch einmal. »Ich habe mir solche Sorgen gemacht, als ich erfuhr, dass du nicht eingecheckt hattest. Aber ich dachte, du hättest dich vielleicht nur verspätet, und bin dann eingeschlafen. Als ich wieder aufwachte, warst du aber immer noch nicht da.«
    »Mach dir keine Sorgen«, sagte ich und fühlte mich fast wieder normal.
    »Tut mir leid, dass ich nicht angerufen habe. Nachdem ich meine Hand gekühlt und die Tablette genommen hatte, bin ich einfach so weggesackt.«
    »Du klingst immer noch komisch«, sagte Joelle, meine Geliebte seit acht Jahren. »Bist du sicher, dass alles in Ordnung ist?«
    »Absolut. Sehen wir uns am Wochenende?«
    »Natürlich. Verbringen wir nicht jedes Wochenende miteinander?«
    »Ich wollte nur… Nun, man sollte nicht immer alles für selbstverständlich halten.«
    »Was redest du da, L.«, sagte sie liebevoll. »Ich bin deine Freundin. Wie kommst du nur auf solche Gedanken?«
    »Es ist bloß, weil… ich aus einem so völligen Tiefschlaf gerissen wurde.«
    Eine Weile sagten wir beide nichts. Die Dunkelheit begann seltsame Formen zu bilden. Ich wusste, bei Tag würde ich die Gegenstände und Räume erkennen, aber jetzt, in der Nacht und leicht betrunken, kam es mir vor, als wäre ich in einer fremden Wohnung.
    »L.?«, fragte Jo.
    »Ja, Schatz?«
    »Kommst du manchmal tagsüber her?«
    Ja. Und gestern habe ich gesehen, wie dich Johnny Fry in den Arsch gefickt hat.
    »Wenn, dann wüsstest du es doch«, sagte ich. »Entweder bist du da, oder ich hinterlasse dir eine Nachricht.«
    »Oh.«
    »Warum fragst du, Schatz?«, sagte ich unschuldig. »Möchtest du, dass ich in Zukunft vorher anrufe?«
    »Nein. Natürlich nicht. Es ist nur so, dass…«
    »Was?«
    »Als ich von meiner Besprechung aus New Jersey zurückkam, war die Tür offen.«
    »Huch! Wie merkwürdig! Hast du sie vielleicht offen gelassen?«
    »Wahrscheinlich. Ich hatte beide Arme voll, als ich ging, aber man sollte doch meinen, jemand hätte es gesehen und sie für mich zugemacht.«
    Ich überlegte, ob sie mich verulken wollte. Einen Moment lang hasste ich sie zutiefst. Aber das ging vorbei. Sie machte sich einfach nur Sorgen, und ich…. nun, ich brachte es nicht über mich, sie auf ihre Untreue anzusprechen. Die Worte wollten mir nicht über die Lippen kommen.
    »Ich gehe besser wieder schlafen«, sagte ich.
    »Rufst du mich an, sobald du in Philadelphia ankommst? Du weißt, ich möchte immer wissen, wo du bist.«
    »Versprochen. Bis dann.«
     
     
    Ich wollte in aller Frühe

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