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Rache an Johnny Fry

Rache an Johnny Fry

Titel: Rache an Johnny Fry Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Mosley
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kein Problem. Ich habe es nicht mal mehr geschafft, meinen Computer auszuschalten.«
    »Dann war es also der Computer, der die ganze Zeit so gepiept hat«, sagte ich.
    »Das hast du gehört?«
    »Ja. Ich wusste aber nicht, was es war. Erst wollte ich dich deswegen aufwecken, aber du schliefst wie eine Tote.«
    »Hm. Möchtest du frühstücken?«
    »Ich verschwinde besser gleich, Schatz«, sagte ich. »Die Essigbroschüre wird sich nicht von selbst korrigieren.«
    Ich stand auf, und sie trat zu mir und legte mir die Hände auf die Brust.
    »Verlässt du mich jetzt?«
    »Nein. Warum fragst du?«
    »George Leland«, sagte sie, senkte den Blick und drückte die Stirn gegen meine Brust.
    Ich hob ihr Kinn an und küsste sie auf die Nase.
    »Du hattest gerade vom Tod deines Onkels erfahren, richtig?«
    »Ja, aber…«
    »Und seitdem hat es keinen anderen mehr gegeben?«
    »Nein«, sagte sie, »keinen.«
    »Was soll ich sagen? Dass du mir von George erzählt hast, hat mich so geil gemacht, dass ich nicht mehr aufhören konnte.«
    »Wir sind also noch zusammen?«
    »Auf jeden Fall«, sagte ich. »Bis dass der Tod uns scheidet.«
     
     
    Zurück in meiner Wohnung überlegte ich, wie ich mich dem unüberhörbaren Ruf des Todes entziehen konnte. Er folgte mir, war ein schweigsamer, steter Begleiter. Cynthia hatte mir erklärt, Jo sei für ihr Tun selbst verantwortlich, und es war ziemlich offensichtlich, dass sie immer noch überlegte, ob sie die Affäre mit Johnny Fry endgültig beenden sollte.
    Es war nicht so, dass ich vorhatte, Jo oder Johnny oder sonst jemanden zu töten. Aber ich hatte bereits mit dem Messer in der Hand dagestanden. Der Gedanke an die Intimitäten zwischen den beiden erfüllte mich mit Mordlust.
    Ich wusste, dass ich Schluss machen musste. Ich durfte Jo nicht mehr sehen.
    Beherzt griff ich nach dem Telefon, um sie anzurufen. Aber alles, was mir einfallen wollte, war ihr Name – ihr Name und seiner. Ich legte das Telefon weg und konzentrierte mich. Endlich fiel mir auch ihre Nummer wieder ein.
    »Hallo«, sagte Joelle.
    »Hallo, Schatz«, sagte ich, die Zunge so dick wie ein Kuhschwanz.
    »Hi, Baby«, sagte sie.
    »Ich wollte dir nur etwas sagen.«
    »Was?«
    Ich räusperte mich und schüttelte den Kopf.
    »Es geht um das, worüber wir vorgestern gesprochen haben.«
    »Was ist damit?«, fragte Jo.
    »Vielleicht brauchst du eine Pause von mir«, sagte ich. »Vielleicht bedeutet die Sache mit deinem Onkel, dass du dir etwas Zeit nehmen solltest, um zu dir zu finden. Vielleicht brauchst du eine Therapie oder einen anderen als mich.«
    »Du bist so lieb, L.«, sagte sie. »Nein, Baby, du bist das, was ich brauche. Das beweist du gerade jetzt, indem du mir deine Liebe zeigst. Meine Bedürfnisse sind dir wichtiger als deine eigenen.«
    Wie wenig sie doch wusste. Ich versuchte, mich davor zu bewahren, sie umzubringen, und sie sang Lobeshymnen auf mich. Ich wollte die Dinge beim Namen nennen, aber die Worte waren unter lebenslanger Taubheit begraben. Meine Gefühle waren wie glühende Lava unter einer brachliegenden Landschaft. Ich bestand aus nichts als Wut und Unvermögen.
    »L.?«
    »Jajo.«
    »Ich dachte, du wärst eingeschlafen.«
    »Nein, Schatz, ich bin ganz bei dir.«
     
     
    Vor einer Woche noch war kaum Leben in mir gewesen. Ich wusste nicht, was Sex war und Liebe, hatte keine Ahnung von Wut und Verlangen. Ich wusste nicht, dass Blutdurst in mir schlummerte. Hätte ich doch nur umdrehen und durch die Zeit zu dem Tag zurückkehren können, an dem ich im Mittagszug nach Philadelphia sitzen wollte.
    Mit Jos Metzgermesser in der Hand hatte ich in der Küche gestanden. Wie war ich dort hingekommen? Sollte ein gesunder Mensch sich nicht an die Schritte erinnern können, die ihn an die Schwelle eines Mordes gebracht haben?
    Ich saß auf meinem Sofa vor dem großen Plasmabildschirm. Vielleicht hatte Sisypha eine Antwort für mich. Ich griff nach der Fernbedienung, da klingelte das Telefon.
    »Hallo?«
    »L.?«
    »Oh. Hi, Lucy«, sagte ich.
    »Du klingst komisch.«
    »Komisch ist hier nichts«, sagte ich.
    »Bist du in Ordnung?«
    »Aber ja. Klar. Mein Herz schlägt, und der blaue Himmel ist nicht länger nur eine Erinnerung.« Das war Freestyle. So wie ich im Cafe meine Gedanken aufgeschrieben hatte.
    »Was soll das heißen?«, fragte sie.
    »Wenn du etwas ansiehst, das du schon tausendmal gesehen hast…«, sagte ich.
    »Wie die Tasse da vor mir auf dem Tisch?«
    »Ja, wie deine Tasse. Wenn du eine Tasse

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