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Rache an Johnny Fry

Rache an Johnny Fry

Titel: Rache an Johnny Fry Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Mosley
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Innern, und du hast dieses Geschwür aus mir herausgeholt. Du hast mich gewissermaßen geheilt – wenn auch nur für einen Augenblick. Und dafür werde ich dich…
    Ich wollte schon schreiben, dass ich dich dafür immer lieben werde, aber das wäre zu einfach. Alle reden von Liebe: Mütter und Väter, Großmütter und Großväter. Es gibt die Liebe zu deinem Land und zu deinen Mitmenschen. Es gibt die Liebe von Kindern zu ihren Eltern, und in jeder Stadt dieser Welt spazieren Liebespaare durch die Straßen. Liebe ist ein Allgemeinplatz, und was ich für dich empfinde, ist etwas ganz Besonderes. Was ich für dich empfinde, schmerzt tief in lange verheilten Wunden, es fließt wie Blut aus mir. Wärst du ein Stück Wild – oder wäre ich eins –, würde uns ein Wolf zerfleischen und unser Blut von seinen Lefzen triefen. Dieser Wolf ist die Leidenschaft zwischen dir und mir.
    Du bist ein Schmerz tief in mir, ein Schmerz, den ich nicht lindern kann, und die Worte, mit denen du mich freigibst, schmerzen mehr, als ich auszudrücken vermag. Aber wenn ich eines von dir gelernt habe, dann, dass ich trotz des Schmerzes weiterleben kann.
    JJ
     
     
    In diesem Augenblick, da feststand, dass er ihr näher gekommen war, als es mir je vergönnt sein würde, beschloss ich, Johnny Fry zu töten. Er hatte alles aufgegeben, nur um ihr zu sagen, dass er sie liebte, und sie gab einer Nähe zu ihm Ausdruck, die selbst noch meine stärksten Gefühle zu ihr herabsetzte. Jo und Johnny Fry demütigten mich mit dem Bruch ihrer Beziehung, und ich hasste ihn dafür, umso mehr, weil er mich in meinen Augen so nichtig wirken ließ.
    Fast hätte ich mich ausgeloggt. Was konnte ich aus ihrer zweiten E-Mail noch erfahren? Ihre erste Antwort hatte mich bereits zu einem Bürger zweiter Klasse im Land meiner eigenen Vorstellung werden lassen. Aber ich konnte mich nicht einfach abwenden, ohne nicht auch ihr zweites Kommunique gelesen zu haben. Vielleicht vermochte es ja, irgendwie, meine Selbstachtung wiederherzustellen.
    In der Betreffzeile stand »Warte«.
     
    Nach meiner letzten Mail habe ich dein Hemd aus der Schublade geholt, deinen Geruch eingeatmet, es zusammengeknüllt und mir zwischen die Schenkel gedrückt. Zweimal bin ich gekommen, und dann habe ich mich an die Worte erinnert, die ich dir geschrieben habe.
    Ich kann keinen Schlussstrich ziehen, John-John. Ich kann nicht Lebewohl sagen. Der Schmerz, den du mir bereitet hast, ist das Süßeste, was ich je erfahren habe. L. oder Bettye tun nichts zur Sache. Es macht nichts, dass du weiß bist und keine Reue zeigst. Es macht nichts, dass wir beide jeweils andere Menschen lieben, wirklich lieben. Während ich hier sitze und an deinen Schmerz und unsere Trennung denke, wächst ein Gefühl in mir heran, das weder ein Schwanz noch eine Zunge noch ein Baby in mir auslösen könnte.
    Ich denke daran, wie du in Atlantic City diesen Kerl bezahlt hast, damit er’s mir besorgt, während du uns zusahst. Meine Augen ruhten die ganze Zeit auf dir. Es hat mir eine unglaubliche Lust bereitet, von dir gezwungen zu werden, mich einem Fremden hinzugeben.
    Ich komme nächste Woche mit nach Baltimore. Ich werde mich dir unterwerfen und dich beherrschen, und wir werden uns unsere Herzen aus dem Leib kotzen. Später dann wird uns die Polizei finden und sich fragen, was für krankhafte Gelübde wir wohl voreinander abgelegt haben.
     
    Johnny Fry hatte in weniger als einer Minute geantwortet.
     
    Ich werde da sein,
    JF
     
    Ich hatte Jos Schlaftabletten eingesteckt. Es waren noch achtzehn in dem Fläschchen. Ich hätte mich auf der Stelle damit umgebracht, wäre da nicht mein Entschluss gewesen, Johnny Fry zu töten.
    Ich nahm zwei der Tabletten und legte mich zu Lucy, die nackt auf dem Bettzeug lag und schlief. Die Jalousie war hochgezogen, und der fast volle Mond warf sein Licht auf ihren blassen Körper. Es ließ sie übernatürlich wirken, leuchtend wie eine Göttin.
    Spontan streckte ich die Hand aus, um ihre Schulter zu berühren, hielt dann aber inne. Ich überlegte, warum ich John Fry töten musste. Es war eindeutig nicht sein Fehler, dass Jo von solch finsteren Bedürfnissen getrieben wurde. Er sagte, er tue alles, was sie wolle, um mit ihr zusammen zu sein. Sie sagte, dass es keine Liebe sei…
    Das Mondlicht strich über Lucys bleiche Haut.
    Ich musste daran denken, wie sich die junge Fotografin in Schmerz und Ekstase unter mir gewunden hatte. Sie liebte Billy zwar immer noch, aber ihr sexuelles

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