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Rache an Johnny Fry

Rache an Johnny Fry

Titel: Rache an Johnny Fry Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Mosley
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Dieses junge weiße Kind sorgte sich mehr um Schwarzafrika und mein Volk als ich – denn ich gehörte nirgendwohin. Ich hatte nichts, nur das Echo eines verlorenen Herzens und verschwimmende Bilder von etwas, das, wie ich mittlerweile wusste, niemals Liebe gewesen war.
    Aber selbst das war nicht mehr wichtig, denn jetzt zählte nur noch die Ermordung Johnny Frys, des Mannes, der meine Vorstellung vom Mannsein in den Dreck getreten hatte.
     
    Lucy ging zur Bank. Sie fragte, ob sie am Abend wieder zu mir kommen könne, aber ich erklärte ihr, dass ein alter Mann wie ich eine Pause zwischen Verabredungen wie unseren brauche.
    »Ich muss mich ausruhen«, sagte ich. »Du weißt, dass ich dir zwanzig Jahre voraushabe.«
    »Und das ist längst nicht alles«, antwortete sie.
    Ich schob sie zur Tür hinaus, um nicht gleich wieder über sie herzufallen.
    Anschließend rief ich Linda Chou an, Brad Mettlemans Empfangsdame.
    »Ich habe gerade überlegt, ob ich heute nach fünf kurz vorbeischauen könnte, um ein paar Dinge zu besprechen«, sagte ich, da ich wusste, dass Brad das Büro immer schon um vier verließ.
    »Natürlich«, sagte sie entzückt. »Ich bin mindestens bis sieben da.«

 
    Mein tägliches Leben schien unverändert. Ich wohnte immer noch in derselben Wohnung und saß mittags zu Hause. Ich trug dieselben Kleider, benutzte dasselbe Telefon und hatte nach wie vor dieselbe Freundin – wenigstens nach außen hin. Mein Leben musste jedem Betrachter so langweilig und nüchtern erscheinen wie die ganzen letzten zwanzig Jahre, die zu diesem Tag geführt hatten.
    Innerlich aber war ich ein neuer Mensch, wenn auch sicher kein besserer. Nein, besser war ich nicht, aber anders, schließlich würde ich einen Mord begehen. Das unterschied mich von all den anderen Liebenden auf dieser Welt.
    Ich saß auf meinem Sofa und spürte ein neues Gewicht in mir. Ich war eine Naturgewalt. Ich war bereit, bis zum Äußersten zu gehen.
    Die Zeit verstrich. Ich hatte keine Eile. Ich war völlig ruhig und verspürte keinerlei Verlangen nach Liebe, Sex oder Erfolg. Entweder bekam ich alles, oder es war auf ewig verloren – in beiden Fällen blieb mir nichts zu wünschen.
    Die Digitaluhr des Kabelempfängers unter dem Fernseher zeigte mit hellroten Ziffern die verstreichenden Minuten an, und meine Gedanken begannen sich aufzulösen. Zurück blieben einzelne Worte – Mord, Leben, Süße, Sex –, die schließlich ihre Bedeutung verloren. Sie waren wie die stillen Augenblicke vor einem plötzlichen Geräusch, und nach einer Weile waren sie nicht einmal mehr das. In ein Insekt verpflanzt, wären sie vielleicht noch als Summen vernehmbar gewesen, in mir selbst waren sie kaum mehr als ein Reiben: das Reiben eines längst verpufften Gedankens an einem anderen.
    Warten, warten, warten.
    Als das Telefon klingelte, sprang ich auf. Mein Denken hatte sich so weit von mir gelöst, dass der Lärm unmöglich schien.
    »Hallo?«, fragte ich wie betäubt.
    »Hallo«, sagte eine dunkle Frauenstimme. »Könnte ich bitte mit Cordell sprechen?«
    »Am Apparat.«
    »Hallo, ich heiße Brenda. Eine Freundin hat mich gebeten, Sie anzurufen.«
    »Welche Freundin?«, fragte ich und sank bereits wieder zurück in meinen Zustand meditativer Entrücktheit. Die Stimme der Frau klang tief und sinnlich.
    »Cynthia«, sagte sie.
    »Cynthia?«
    »Mit Nachnamen heißt sie Cook, aber den benutzt sie bei Sprich mit einem Freund nicht.«
    »Cynthia hat Sie gebeten, mich anzurufen? Warum?«
    »Sie glaubt, es wäre gut, wenn wir uns mal unterhielten.«
    »Warum?«, fragte ich.
    »Ich weiß es nicht. Sie hat mich angerufen und nur gesagt, Sie müssten mit mir reden, um sich über etwas klar zu werden.«
    »Aber ich kenne Sie nicht«, sagte ich.
    »Ich kenne Sie nicht«, sagte sie ziemlich geheimnisvoll.
    Wut stieg in mir auf. Cynthia hatte mich verraten, und dieser Verrat bedrohte die Gelassenheit, zu der ich gerade erst aufgrund meiner Entscheidung, John Fry zu töten, gefunden hatte.
    »Sie hat nichts Falsches getan«, sagte Brenda, als könnte sie meine Gedanken lesen.
    »Warum hat sie Ihnen meine Nummer gegeben?«
    »Sie sagte, Sie befänden sich in einer schwierigen Phase und würden deshalb mit mir reden wollen.«
    »Warum?«
    »Hören Sie zu, Cordell, wenn Sie sich nicht mit mir treffen wollen, ist das absolut okay.«
    »Treffen? Ich dachte, Sie wollten mit mir reden}«
    »Ich will gar nichts«, sagte Brenda matt. »Cynthia meinte, es könnte Ihnen gut tun, wenn wir

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