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Rache@

Rache@

Titel: Rache@ Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antje Szillat
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der Station, kramte sein Handy hervor, suchte Marcels neue Nummer, die darin eingespeichert war, und wählte.
    Marcel nahm sofort ab.
    â€žIch bin’s“, sagte Ben.
    â€žIch weiß. Hab deine Nummer gesehen. Und außerdem habe ich auch irgendwie mit deinem Anruf gerechnet. Ich hoffe, du hast mir was Erfreuliches zu berichten.“
    Natürlich hast du mit meinem Anruf gerechnet, dachte Ben bitter.
    â€žNein, darum geht es nicht. Und erfreulich ist das auch nicht“, sagte er stattdessen.
    â€žNa, da bin ich aber gespannt“, spottete Marcel.
    Ben war gar nicht nach Scherzen zumute. „Warst du das mit Johannes?“, preschte er vor.
    Kurzes Schweigen am anderen Ende der Leitung. Dann hörte er Marcel leise kichern, bevor er antwortete: „Was meinst du denn genau damit?“
    Die aufsteigende Panik schnürte ihm so den Hals zu, dass er Mühe hatte, die Worte auszusprechen. „Du weißt Bescheid! Das höre ich dir doch an! Hast du Johannes krankenhausreif geschlagen?“
    â€žIch? Also, Ben, bitte. Ich verabscheue körperliche Gewalt zutiefst.“ Marcels Stimme triefte vor Ironie. „Und außerdem mache ich mir doch nicht die Finger schmutzig. Ich doch nicht!“
    Ben wäre am liebsten durch den Hörer gesprungen und Marcel an die Gurgel gegangen. Obwohl das natürlich totaler Quatsch war, wie er sich selber eingestehen musste. Er hätte es sich sowieso nicht getraut. Ben traute sich nie etwas. Nur einmal hatte er sich bislang in seinem Leben etwas getraut. Und das auch nur aus Angst. Und was hatte er nun davon? Noch mehr Stress und Ärger.
    Aber am Telefon war er wenigstens ein bisschen mutiger. „Ich glaub dir kein Wort!“, sagte er.
    â€žDas ist mir ehrlich gesagt scheißegal.“ Keine Spur von Ironie in Marcels Stimme. Nur eiskalte Härte. Ben schauderte es.
    â€žKonzentriere dich lieber auf deine Aufgabe und kümmere dich nicht um Angelegenheiten, die dich überhaupt nichts angehen. Und zwar zack, zack, Alter. In einer Woche sind Sommerferien und ich muss verreisen. Vielleicht werde ich nicht wieder zurückkommen. Bis dahin möchte ich die Sache hier erledigt haben. Ist das klar?“
    â€žJa“, murmelte Ben leise.
    â€žWas? Ich kann dich nicht verstehen.“
    â€žJa“, schrie er in den Hörer. „Alles ist klar!“
    â€žMach mir keine Schande, Alter“, säuselte Marcel. Dann legte er auf.
    Am nächsten Morgen stand der tags zuvor angekündigte ausführlichere Bericht in der Zeitung. Ben hatte sich extra früh den Wecker gestellt, um die Zeitung noch vor seinem Vater aus dem Briefkasten zu holen. Doch viel mehr, als er gestern schon von der jungen Apothekerin erfahren hatte, stand auch nicht in dem Artikel. Nur, dass Johannes S. sich eine Rippenprellung, mehrere Platzwunden und eine leichte Gehirnerschütterung als Folgen des hinterhältigen Überfalls auf ihn zugezogen hatte, weswegen er noch ein paar Tage in der Klinik bleiben musste. Dann erläuterte ein sogenannter Jugendkriminalitäts-Experte über fast eine halbe Seite die dramatische Gewaltentwicklung unter Kindern und Jugendlichen, und dass der brutale Überfall auf Johannes bedauerlicherweise absolut kein Einzelfall wäre. Der Beitrag des Experten endete mit den Worten: „Meistens schweigen die Opfer aus Angst vor noch schlimmeren Konsequenzen.“ Das war auch der Grund für Johannes’ Schweigen, wusste Ben.
    Ben überlegte, warum ihn die Nachricht von dem Überfall so sehr getroffen hatte. Schließlich hatte Johannes ihm doch monatelang die Hölle heiß gemacht. Und jetzt empfand er Mitleid mit ihm? Genauso war es mit dem Seidel gewesen. Ben hatte sich nichts mehr gewünscht, als es dem Seidel mal so richtig heimzuzahlen. Und dann, als er sichtbar betroffen im Klassenzimmer vor ihm stand, da tat er Ben plötzlich leid. Ich bin eben einfach ein feiges Weichei, stellte er bitter fest. Nur auf einmal kam ihm das gar nicht mehr so schlimm und verwerflich vor. Was hatte der Brandt in der Herzpfade-AG gesagt? Jeder ist gut und wichtig, so wie er ist!
    War er, Ben, etwa auch gut und wichtig? War seine Feigheit vielleicht sogar seine Stärke? Er wusste es nicht, und so richtig vorstellen, konnte er es sich auch nicht. Ben wusste nur eins; in seinem ganzen bisherigen Leben hatte er sich noch niemals so viele Gedanken über sich und über andere gemacht wie in den letzten

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