'Rache'-Box: Rachezug, Rachegier und Rachetrieb (German Edition)

Kopf. Nachdem sie Kortmann mit einem kurzen Blick gestreift hatte, deutete sie auf Greta und vergewisserte sich bei Tommy: „Ist sie deine Nachbarin? Wohnt sie hier?“
    „Ja. Ihr Name ist Greta Baum. Wie gesagt: Sie war bereits tot, als ich hereinkam. Aufgrund der Tatsache, dass ich keine andere Person hier in der Wohnung angetroffen habe und es keine Einbruchspuren gab, war ich zunächst davon ausgegangen, dass sie aus irgendeinem Grund Selbstmord begangen hat. Allerdings fiel mir dann auf, dass hier kein scharfer Gegenstand lag, mit dem sie ihre Kehle hätte durchtrennen können. Und warum hätte sie auch zweimal schreien sollen? Doch da war es bereits zu spät. Ich hörte plötzlich ein Geräusch hinter mir in der Dusche. Was dann passierte, weiß ich nicht mehr genau. Es geschah zu schnell. Jemand schoss hinter mir hervor und schlug mich mit einem Hieb nieder.“
    „Dann kannst du von Glück sagen, dass dir nichts Schlimmeres passiert ist.“
    „Ja, es ist ein kleines Wunder, dass ich nur eine Gehirnerschütterung habe.“
    „Gehe ich denn recht in der Annahme, dass du den Täter nicht gesehen hast?“, wollte Nora von Thomas wissen, nachdem sie den ersten Schock überwunden hatte und heilfroh war, dass es ihrem langjährigen Partner den Umständen entsprechend gut ging.
    „Leider ja. Ich kann nicht einmal sagen, ob es sich um einen Mann oder eine Frau gehandelt hat. Noch viel schlimmer ist allerdings die Tatsache, dass ich Greta nicht helfen konnte, obwohl ich höchstens eine Minute zu spät gekommen bin. Nur eine einzige Minute, verdammt!“
    „Mach dir diesbezüglich keine Vorwürfe. Es ist nicht deine Schuld.“
    „Höchstens eine Minute“, flüsterte Thomas wiederholt vor sich hin, während er auf den Boden blickte.
    „Was kannst du uns denn über sie erzählen?“, fragte Nora, ehe sie sich zum Leichnam herabbeugte und dessen ausgeblutete Halswunde betrachtete.
    „Im Grunde weiß ich nicht viel über sie. Ich bin niemals zuvor hier in ihrer Wohnung gewesen und habe so gut wie nie mit ihr gesprochen. Mir ist lediglich bekannt, dass sie als Sekretärin bei einer Autovermietung in der Innenstadt gearbeitet hat.“
    Jetzt meldete Kortmann sich zu Wort. Bisher hatte er stillschweigend neben Thomas gestanden, doch nun riss er plötzlich die Arme in die Luft und fragte: „Das ist alles? Soll das ein Witz sein? Mehr können Sie uns nicht über die Frau berichten?“
    „Greta und ich lagen nicht unbedingt auf einer Wellenlänge. Sie lebte sehr zurückgezogen, pflegte kaum soziale Kontakte. Außerdem konnte sie -“
    „Wissen Sie wenigstens, wie lange die Frau schon hier gewohnt hat?“, unterbrach Kortmann ihn. „Oder ob sie verheiratet war und Kinder hat?“
    Thomas kniff die Augen zusammen und betastete seinen Hinterkopf. Dann sah er von Kortmann zu Nora und erläuterte: „Sie hat bestimmt schon über sechs Jahre hier gewohnt. In dieser Zeit hatte sie kaum Besuch. Es ist immer sehr still in ihrer Wohnung gewesen. Verheiratet war sie definitiv nicht und sie hat auch keine Kinder. Hin und wieder habe ich hier allerdings einen Glatzkopf gesehen, mit dem sie innig bekannt gewesen zu sein schien.“
    „Die Frau hat hier seit sechs Jahren gewohnt, aber Sie können uns nichts Genaues über sie erzählen?“, zischte Kortmann grimmig. „Haben Sie sich denn nicht einmal ausführlich mit ihr unterhalten? Auf gute Nachbarschaft angestoßen? Ihr die Einkaufstüten in die Wohnung getragen?“
    „Natürlich habe ich mich gelegentlich mit ihr unterhalten. Aber meistens haben unsere Gespräche wie folgt ausgesehen: ‚Hallo, wie geht es Ihnen? Schönes Wetter heute, nicht wahr? Ja. Auf Wiedersehen.’ Das war alles.“
    Als Nora erkannte, wie wütend Kortmann wurde, meinte sie schnell: „Sicherlich werden wir früher oder später noch genug über Greta Baum erfahren. Aber ich denke, dass Thomas sich jetzt zunächst etwas ausruhen sollte. Immerhin hat er heute Abend jede Menge durchgemacht.“
    Kortmann sah sie mit einem durchdringenden Blick an. Er schien etwas erwidern zu wollen, entschied sich jedoch im letzten Moment anders. Statt seinem Unmut auf verbale Weise Luft zu machen, rauschte er an Nora vorbei und verließ das Badezimmer.
    „Was ist denn mit dem los?“, fragte Tommy seine Partnerin, während Kortmann die Terrasse erreichte. „Der ist doch sonst nicht so gereizt.“
    „Keine Ahnung. Vielleicht hat er einen schlechten Tag erwischt. Wir hatten ihn heute ja noch gar nicht gesehen. Womöglich ist