'Rache'-Box: Rachezug, Rachegier und Rachetrieb (German Edition)
einer solch reißerischen Meldung überlegt es sich sicherlich jeder Bürger zweimal, ob er abends noch alleine durch verlassene Straßen tingelt.“
Kortmann ließ seinen Kopf von links nach rechts wippen. „Ja, das wäre die positive Reaktion. Aber was ist mit der negativen Möglichkeit? Wollen wir hoffen, dass niemand aufgrund dieser miesen Berichterstattung in Panik ausbricht. Unsichere Bürger, die uns wegen ihrer Angst den Ofen heiß machen und uns somit unter Druck setzen, können wir schließlich gar nicht gebrauchen.“ Er räusperte sich. „Um diesem ganzen Mist zuvorzukommen, sollten Sie sich jetzt gleich auf den Weg zu Greta Baums ehemaliger Arbeitsstelle machen und dort nach hilfreichen Hinweisen suchen.“
Das Klingeln seines Telefons ließ Kortmann aufhorchen. Er griff zum Hörer und fauchte hinein: „Ja? Wer stört?! - Ich habe … was? Könnten Sie das wiederholen? - Mein Gott. Ja, ich verstehe. In Ordnung - Ja - Wiederhören.“
Schon legte er wieder auf und sah seine Kommissare mit bleicher Miene an.
„Was ist passiert?“, sprudelte es aus Thomas heraus. „Was haben Sie erfahren?“
„Heute Nacht hat es noch zwei weitere Morde gegeben. Bisher ist unklar, ob diese Taten etwas mit Greta Baums Ermordung zu tun haben.“
„Wer sind die Opfer?“
„Verheiratetes Paar. Albert und Denise Turm. Er war 42, sie 39 Jahre alt. Sie wohnen in der Brüder-Grimm-Allee .“
„Dann sollten wir schleunigst dort vorbeischauen“, schlug Thomas vor. „Denn sollten diese beiden Morde tatsächlich mit Greta Baums Ermordung in Verbindung stehen, dann ist es von -“
Sein Vorgesetzter brachte ihn mit einem intensiven Blick zum Schweigen. „Das wird nicht der Fall sein, verstanden?! Diese Taten werden nichts miteinander zu tun haben!“ Er sah mit schwerem Atem in den Schneefall hinaus.
„Das darf einfach nicht der Fall sein.“
12
Um kurz vor zehn trafen Nora und Thomas am Tatort in der Brüder-Grimm-Allee ein. Nora parkte ihren Wagen zwanzig Meter vor dem Absperrband, das rechteckig um das Haus der Eheleute Turm gespannt war, und stieg mit einem mulmigen Gefühl in die Kälte hinaus. Eisiger Ostwind sorgte dafür, dass sie kurzerhand den Kragen ihrer Jacke aufstellte. Ihre Hände musste sie trotz ihrer Handschuhe zusätzlich wärmen, indem sie diese mehrmals aneinanderrieb.
Gemeinsam schritten die beiden auf das Absperrband zu, um welches sich Zivilsten verschiedener Altersgruppen tummelten. Nora vermutete, dass die meisten die umliegenden Nachbarn der Turms waren, die möglichst schnell in Erfahrung bringen wollten, was sich im Inneren des Hauses abspielte. Wie üblich versuchten einige von ihnen den am Absperrband positionierten Beamten wertvolle Informationen zu entlocken. Doch diese gaben keinerlei Auskunft. In der Eiseskälte hielten sie stumm ihre Stellung und hofften, rasch wieder ins Warme zu gelangen.
Nora und Tommy mogelten sich an einer älteren Dame vorbei und glitten unter dem rotweißen Band hindurch. Sie grüßten zwei ihrer Kollegen und überprüften das Gelände. Dazu ließen sie ihre Blicke über die Schaulustigen hinter dem Absperrband wandern. Stach jemand mit neugierigen Regungen aus der Menge heraus? Oder versuchte jemand, sich möglichst weit im Hintergrund zu halten? Aus Erfahrung wussten die Kommissare, dass es viele Täter früher oder später an den Ort ihrer Verbrechen zurückzog. Entweder weil sie die Befürchtung hegten, am Tatort einen Fehler begangen zu haben, oder weil sie es schlichtweg genossen, die Polizei bei der Suche nach Hinweisen zu observieren.
„Was können Sie uns über diesen Mord erzählen? Stimmt es, dass die Eheleute Turm heute Nacht auf bestialische Weise abgeschlachtet wurden?!“, ertönte plötzlich eine männliche Stimme aus der Menge heraus.
Nora erkannte, dass diese Fragen von demselben Reporter gestellt wurden, den sie bereits vor Greta Baums Wohnung als aufdringlich empfunden hatte. Wieder trug der junge Mann mit dem kantigen Gesicht eine Daunenjacke. Er hielt ein Aufnahmegerät in ihre Richtung und blickte die Kommissarin penetrant an.
„Kommst du, Nora?“, fragte Tommy seine Kollegin, als er bemerkte, dass sie innehielt.
Sie wandte sich ihm zu. „Sag mal, kennst du diesen Typen dort?“
Thomas nahm den Mann kurz in Augenschein. Dann schüttelte er den Kopf. „Nein, den habe ich noch nie gesehen. Warum?“
Gerade als Nora ihm antworten wollte, öffnete Dirk Schubert die Haustür der Turms und begrüßte die beiden auf seine
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