'Rache'-Box: Rachezug, Rachegier und Rachetrieb (German Edition)
vor.“
„Genau wie bei dem gestrigen Opfer“, merkte Nora an, ehe sie die Leiche genauer inspizierte.
Das Mädchen lag der Länge nach auf dem Rücken. Dunkelblonde Haarsträhnen reichten über die gebrochenen Wangenknochen bis zum Hals hinab. Während der linke Arm eng am Körper anlag, deutete der rechte nach Osten. Beinahe wirkte es so, als wollte das Mädchen den Ermittlern als letzte irdische Handlung den Weg zum Mörder zeigen.
Als Nora den rechten Arm des Opfers anheben wollte, bemerkte sie, dass die Totenstarre bereits vollständig eingesetzt hatte.
Sie ist also mindestens seit acht Stunden tot.
Auch Tommy betrachtete mittlerweile die Leiche. Er sah auf das gelbe Top, das auf Brusthöhe zerrissen und mit Erde beschmutzt war. Die Bluejeans wies ebenfalls unregelmäßige Verschmutzungen auf. An den Armen waren grässliche Einschnitte und Abschürfungen zu erkennen.
„Der Täter hat sie gefoltert und ihr eiskalt den Schädel eingeschlagen“, murmelte Thomas vor sich hin. „Wer hat sie gefunden?“, wollte er von Contento wissen.
11
„Der Hund eines Spaziergängers hat die Leiche entdeckt“, antwortete Rafael auf Tommys Frage.
„Habt ihr schon die Aussage des Mannes?“
„Nein, dazu sind wir noch nicht gekommen. Aber der Kerl steht gleich dort vorne.“ Contento zeigte auf einen großgewachsenen Mann im gelben Hemd und schwarzer Stoffhose, der hinter dem Absperrband stand. Er hielt einen Langhaardackel an einer Leine.
„Na schön. Dann werde ich das mal kurz übernehmen“, seufzte Tommy. Er zog seinen Notizblock aus der Hosentasche und begab sich auf dem kürzesten Weg zum Hundebesitzer.
Dieser war sonnengebräunt. Er hatte kurze schwarze Haare, eine auffällig kleine Nase und abstehende Ohren. Sein Dackel bellte nach Leibeskräften, als er Tommy kommen sah.
„Sie haben das Mädchen entdeckt?“, fragte Thomas ihn, wobei er seinen Ausweis in die Luft hielt und den Hund gekonnt ignorierte; seitdem er in seiner Jugend einmal von einem Terrier gebissen worden war, mied er alle Vierbeiner nach bestem Gewissen.
Der Mann wandte seinen Blick von der Leiche zum Kommissar. „Ja, so ist es. Wer macht so etwas denn nur? Ist das nicht schrecklich?“
„Das können Sie laut sagen.“ Tommy holte Luft. „Wie heißen Sie?“
„Mein Name ist Rolf Franke. Fips hat sich sprunghaft von mir losgerissen, als ich vor etwa fünfundzwanzig Minuten über den Waldweg dort hinten spaziert bin.“ Mit dem Kopf deutete er in die Richtung des besagten Weges. „Er ist direkt zu dem Mädchen gelaufen, das hier reglos lag.“
„Es war nicht vergraben?“
„Nein. Nachdem ich die Leiche entdeckt hatte, habe ich n ichts berührt oder verändert. Zudem habe ich darauf geachtet, dass sich keine weitere Person dem Tatort näherte. Das kenne ich aus dem Fernsehen. Damit habe ich mich doch vorbildlich verhalten, nicht wahr?“
„Es klingt so, als hätten Sie alles richtig gemacht. Wann haben Sie dann unsere Zentrale verständigt?“
„Sofort nach der Entdeckung der Leiche. Mit meinem Handy.“ Rolf zog ein Mobiltelefon aus der Hemdtasche und zeigte es Tommy.
„Gehen Sie hier regelmäßig mit Ihrem Hund spazieren?“
„Ja, ich gehe hier fast jeden Tag mit Fips Gassi. Dieser Wald ist ideal dafür, da er kaum fünf Minuten von meinem Haus entfernt liegt.“
„Wo wohnen Sie?“
„In der Grisebachstraße 8. Ich bin erst vor zwei Jahren hergezogen, weil ich als Anwalt ein neues Umfeld brauchte. Zuvor arbeitete ich in Berlin. Aber hier in Göttingen gefällt es mir viel besser. Hier ist es viel ruhiger und nicht so stressig.“
Während Tommy diese Informationen aufschrieb, brummte er: „Wie man es nimmt. Haben Sie hier im Wald denn etwas Auffälliges bemerkt? Sind Ihnen auf Ihrem Weg andere Spaziergänger begegnet?“
„Nein. Ich war weit und breit der einzige Mensch. Darauf gebe ich Ihnen mein Ehrenwort. Es war nichts Ungewöhnliches zu entdecken.“
„Gut, dann bräuchte ich noch kurz eine Angabe zu Ihrem Alter.“
„Ich bin 56.“
„Okay, vielen Dank, Herr Franke. Sollten wir weitere Fragen an Sie haben, dann werden wir uns bei Ihnen melden.“
„In Ordnung. Ich bin Ihnen jederzeit behilflich. Der Mörder dieses Mädchens gehört schließlich hinter Gitter! Und zwar so schnell wie möglich!“
„Dort wird er auch schon bald landen.“
„Sie sind sich Ihrer Sache sehr sicher, wie?“
„Ja, das bin ich. Der Mörder wird nicht ungeschoren davonkommen.“
„Hoffentlich“, erwiderte Rolf
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