'Rache'-Box: Rachezug, Rachegier und Rachetrieb (German Edition)
Satteldach.
Nach dem ersten Klingeln öffnete eine zierliche Frau die Tür. Sie war höchstens eins siebzig groß und hatte kurze blonde Haare.
„Guten Tag. Wer sind Sie?“, fragte sie mit einer rauen Stimme; offensichtlich war sie schon seit Jahren starke Raucherin. Ihre faltige Gesichtshaut ließ sie mindestens wie 60 wirken, dabei war sie gerade einmal 49 Jahre jung.
„Hallo, mein Name ist Korn, das ist meine Kollegin Feldt. Wir sind von der Kripo und würden gerne mit Professor Müller sprechen.“
Während Thomas seinen Ausweis vorzeigte, legte die Frau ihre Stirn in Falten. Sie wirkte leicht aggressiv, als sie sagte: „Ich bin Ralfs Ehefrau Petra. Er sagte mir, dass Sie ihn bereits in seinem Büro aufgesucht hätten, weil seine Hilfswissenschaftlerin ermordet worden sei. Und laut der aktuellen Ausgabe des Wochenblatts wurde nun ein zweiter Mord verübt. Wollen Sie deshalb mit ihm sprechen?“
„Das würden wir gerne mit ihm persönlich bereden. Ist er daheim?“
„Ja, er ist hinten in seinem Arbeitszimmer. Aber er wird nicht darüber erfreut sein, dass Sie ihn stören. Momentan bereitet er nämlich ein wichtiges Seminar vor.“
„Davon hat er uns erzählt. Leider geht es aber nicht anders. Wir müssen ihn dringend noch einmal sprechen. Je eher, desto besser.“
„Na, wenn es unbedingt sein muss, dann kommen Sie herein.“ Petra ließ die Kommissare eintreten und schloss die Tür hinter ihnen. „Gehen Sie den Flur ganz durch. Es ist der letzte Raum auf der rechten Seite.“
Nora und Thomas befolgten Petras Anweisungen. Vor der letzten Tür blieben sie stehen und klopften an.
„Du sollst mich nicht stören! Verdammt, wie oft muss ich dir das noch sagen?!“, schrie der Professor grantig durch die geschlossene Tür.
Nora sah Tommy vielsagend an. Dann öffnete sie die Tür und trat in Ralfs Arbeitszimmer.
„Was fällt dir ein!“, schoss der 50-Jährige in die Höhe. Er hatte hinter einem breiten Schreibtisch gesessen und sah nun erbost in Richtung Tür. Als er erkannte, dass nicht seine Frau, sondern die Kommissare eintraten, bekam er riesige Augen. „Oh, Sie sind es. Wie kommen Sie denn hierher? Ich habe die Türklingel gar nicht gehört. Aber wahrscheinlich war ich zu sehr in meine Arbeit vertieft. Sie werden sich sicherlich daran erinnern, dass ich momentan ein wichtiges Seminar vorbereite und daher ziemlich im Stress bin.“
Während Ralf diese Sätze wie ein Wasserfall von sich gab, schritt er um den Schreibtisch herum und reichte den Kommissaren die Hand. Nora bekam den Eindruck, dass der Professor so schnell redete, weil ihm sein harscher Tonfall von zuvor unangenehm war. Ganz sicher ärgerte er sich darüber, dass Nora und Thomas nun wussten, wie der Umgangston im Hause Müller gelegentlich war. Denn dieser warf kein besonders positives Licht auf ihn. Um diesen Umstand möglichst schnell zu überdecken, sagte er jetzt zuvorkommend: „Setzen Sie sich. Fühlen Sie sich hier wie zuhause. Kann ich Ihnen etwas anbieten?“
Die Kommissare ließen sich auf einer Couch nieder, die an der Ostwand stand. Dabei lehnten sie Ralfs Angebot dankend ab.
„Worum geht es denn? Wieso sind Sie hier?“ Der Professor strich sich über seinen Anzug und setzte sich wieder hinter den Schreibtisch. Zeitgleich faltete er seine Hände und sah die Ermittler interessiert an.
„Wie Sie sich sicherlich denken können, geht es noch einmal um den Mord an Franziska Zucker“, antwortete Nora.
Ralf schien wahrhaftig überlegen zu müssen, wovon die Ermittlerin sprach. Erst nach einigen Momenten der Stille fiel ihm ein: „Ach, natürlich. Sie meinen die Ermordung meiner Hilfswissenschaftlerin. Tragische Geschichte. Sehr bedauerlich.“
„Ja, aber noch tragischer ist, dass mittlerweile ein zweiter Mord verübt wurde. Eine weitere Studentin wurde in der Universität getötet. Haben Sie davon noch nichts gehört? Das stand doch fast in allen regionalen Zeitungen und wird in der Uni bestimmt schon die Runde gemacht haben.“
Der Professor lehnte sich schockiert zurück. „Nein, das ist mir vollkommen neu. Wie schrecklich! Wer wurde denn ermordet?“
„Die junge Frau heißt Daniela Langenmeier. Sagt Ihnen der Name etwas?“
„Daniela Langenmeier?“ Ralf dachte nach. Er blickte hinüber zu einer Regalwand und kratzte sich hinter seinem rechten Ohr. „Nein, dieser Name ist mir gänzlich unbekannt. Aber das muss nicht zwangsläufig bedeuten, dass diese Studentin nicht hin und wieder eine meiner
Weitere Kostenlose Bücher