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Rache der Königin

Rache der Königin

Titel: Rache der Königin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Merle
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besitzt: die Dankbarkeit. Da zeigt er sich unbedingt freundschaftlich,
     und selbst wenn er einmal grollt und schmollt wie zum Beispiel mit dem Kardinal, möchte ich doch behaupten, daß er auch für
     ihn eine Zuneigung hegt, die manchmal geradezu einer Sohnesliebe gleicht.«
    »Das heißt«, sagte seufzend Catherine, »Ihr liebt Ludwig.«
    »Und ob! Was mir viel Feindschaft und sogar einen Mordanschlag eingetragen hat, wie ich Euch schon erzählte.«
    »Mir fiel übrigens auf, daß er Euch öfter Sioac nennt als ›mein Cousin‹.«
    »Und das rührt mich unendlich. Denn als Kind konnte er das nicht sprechen, und so war ich für ihn denn Sioac, als wir im Park
     von Saint-Germain-en-Laye einmal Soldat spielten, wobei ich seine ganze Armee war und er mein Hauptmann.«
    » Sioac!
Wie drollig! Ich hätte große Lust, Euch künftig auch so zu nennen.«
    »Oh, nein! Lassen wir dieses Vorrecht Ludwig!«
    »Habe ich nicht ebenso viele Rechte wie er?« fragte sie, ihren Kopf zärtlich an meine Schulter lehnend. »Bin ich jetzt nicht
     Eure Spielgefährtin und Ihr mein Hauptmann?«
    Ach, Leser! Wie wünschte ich, die fröhlichen und übermütigen Tage nach dem Ende der Belagerung hätten ewig gewährt! La Rochelle
     war besiegt, und es erwachte zu neuem Leben, denn der König päppelte es quasi tagtäglich mit dem Löffel. Die siegreiche, von
     einem mitfühlenden Herrscher befehligte Armee freute sich eines Ruhms, der in ganz Europa widerhallte und das Heldentum des
     Siegers ebenso pries wie die Standhaftigkeit der Besiegten. Doch kaum wieder in Paris, und obwohl gefeiert vom ganzen Volk,
     bekamen der König und sein genialer Minister es zu spüren, wie im verborgenen die »Hohenpriester« |20| wühlten, um sie beide zu trennen. Und welche heimtückischen Absichten diese hegten, das hatte Richelieu sogar schon während
     der Belagerung geahnt.
    Erlaube, Leser, daß ich mit meiner Erzählung um einiges zurückgreife, bis zu jenem Zeitpunkt nämlich, als der König und der
     Kardinal die Redouten um La Rochelle bereits fertig errichtet hatten und den Bau des berühmten Deichs vorbereiteten, um den
     Engländern die Hafeneinfahrt zu sperren.
    Wer hätte gedacht, daß das Gift unserer frömmelnden Fanatiker als erstes die Form eines unschuldigen und einfältigen Briefes
     annehmen würde, den Kardinal de Bérulle an Richelieu schrieb? Damals begab ich mich allmorgendlich in aller Frühe nach Pont
     de Pierre zu Richelieu, um seine Aufträge entgegenzunehmen. An jenem Tag nun streckte mir Richelieu mit sorgenvoller Miene
     ein Schreiben hin.
    »Orbieu«, sagte er, »hier ist ein Brief von Kardinal de Bérulle, lest ihn und sagt mir, was Ihr davon haltet.«
    Ich las, und meine Verwunderung, ja Verblüffung wuchs mit jeder Zeile; und so las ich abermals, um sicherzugehen, daß ich
     mich nicht täuschte. Leider blieb mir keine Zeit, diesen Brief auswendig zu lernen, doch wenn ich seinen genauen Wortlaut
     auch nicht wiedergeben kann, bin ich mir seines Inhalts gewiß: Bérulle vertraute dem Kardinal an, daß er, wie zuvor schon
     hinsichtlich der Insel Ré, eine La Rochelle angehende Erleuchtung des Allerhöchsten gehabt habe: Die Stadt werde dem König
     wie ein reife Frucht in die Hände fallen. Darum sei es unnütz, alle diese Befestigungen und erst recht den ruinösen Deich
     zu bauen. Die Stadt werde von ganz allein fallen.
    »Nun, Orbieu, was sagt Ihr?« fragte Richelieu.
    »Das ist ein wahrhaft erstaunlicher Brief, Herr Kardinal. Darf ich fragen, ob Monsieur de Bérulle Euch auch Tag und Stunde
     der wundersamen Kapitulation mitgeteilt hat?«
    »Zweimal habe ich ihn bereits danach gefragt«, sagte Richelieu. »Beim zweitenmal antwortete mir der Kardinal, die Erleuchtung
     habe kein Datum genannt.«
    »Also war es eine unvollständige Erleuchtung … Andererseits, Eminenz, wenn der Herr über La Rochelles Fall bestimmt, ist dabei
     selbstverständlich keinerlei Verdienst zu erwerben, weder für Seine Majestät noch für Euch, Herr Kardinal, noch für die Marschälle
     oder Soldaten.«
    |21| »Richtig«, sagte Richelieu, »das ist die unerfreuliche Seite der Erleuchtung. Unser Ruhm ist hinfällig noch vor dem Sieg.«
    »Es kann auch sein«, sagte ich, »daß der Herr Kardinal de Bérulle die Belagerung La Rochelles für unnötig hält, weil er meint,
     man solle sich lieber England vornehmen, die wahre Bastion des Protestantismus in Europa.«
    »Ja, wahrscheinlich meint er das, weil er vor La Rochelle tatenloses Abwarten

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