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Rache der Königin

Rache der Königin

Titel: Rache der Königin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Merle
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den Zinnen herab auf uns richteten.
    »Wer da?« rief eine starke Stimme.
    »Monsieur«, rief Gaston, »ich bin Monsieur, der Bruder des Königs.«
    »Ihr wollt mich wohl hochnehmen!« sprach die grobe Stimme von oben, »Monsieur, das kann jeder sagen!« Und Gastons ganze Suite
     brach in Lachen aus. »Schert euch weg, ihr Tagediebe, oder ihr kriegt Musketenfeuer zu schmecken!«
    »Hoheit«, sagte ich zu Gaston, »darf ich mit dem Gouverneur reden?«
    »Bitte, tut es!«
    Ich trat einen Schritt vor.
    »Baron du Becq, kann ich Euch sprechen?«
    »Noch so einer! Woher weißt du meinen Namen, Strolch?«
    »Ich bin ein Freund Eures Vorgängers, Monsieur de Vardes, mit dem gemeinsam ich verhindern konnte, daß die Feste La Capelle
     ihr Tor der aus Compiègne geflüchteten Königinmutter öffnete.«
    »Wie ist Euer Name, Monsieur?« fragte der Baron schon höflicher.
    |344| »Monsieur, ich bin der Herzog von Orbieu, Pair von Frankreich, und der Edelmann, der als erster zu Euch sprach, ist tatsächlich
     Monsieur, der Bruder des Königs, Herzog von Orléans und Graf von Blois. Er hat einen Reisepaß mit der Unterschrift und dem
     Siegel des Königs, der ihm erlaubt, nach Frankreich einzureisen. Wenn Ihr wollt, komme ich über die Zugbrücke und lege Euch
     den Paß vor.«
    Nun, bald waren wir alle glücklich in der Festung, und der Gouverneur bat Gaston kniefällig um Vergebung.
    »Laßt gut sein, Baron«, sagte Gaston, »Ihr habt Eure Pflicht getan. Macht es noch besser, indem Ihr uns zu essen und zu trinken
     gebt. Wir haben achtzehn Stunden gedarbt, und ich sterbe vor Hunger.«
    ***
    Am nächsten Morgen erwachte ich mit einer Erkältung und Fieber. Baron von Becq schickte mir den Arzt Marcellin, der mit einem
     Taschentuch vor der Nase an mein Lager trat.
    »Keine Bange, ehrwürdiger Doktor«, sagte ich, »ich habe nicht die Pest.«
    »Woher wollt Ihr das wissen, Monseigneur?« fragte der Doktor.
    »Mein Vater, der Marquis de Siorac, hat zu Montpellier die Medizin studiert und mich einige Grunddinge gelehrt.«
    »Und was habt Ihr Euer Ansicht nach?«
    »Eine fiebrige Erkältung.«
    »Die wir wie behandeln?«
    »Kein Aderlaß! Kein Klistier! Keine Diät! Nur Bettruhe und ein wenig Chinin.«
    »Monseigneur, leider habe ich kein Chinin. Aber in Vervins ist ein Haus der Jesuiten. Die beziehen es aus Amerika und verkaufen
     es zu einem Preis, der einem die Tränen in die Augen treibt.«
    »Gut, dann schicke ich meinen Junker mit gutgefüllter Börse nach Vervins.«
    »Füllt sie doppelt gut, Monseigneur, sonst geht Ihr leer aus.«
    Hierauf bezahlte ich den Doktor Marcellin für meine eigene Diagnose und mein eigenes Rezept, dann schickte ich Nicolas mit
     doppelt gefüllter Börse, mir besagtes Chinin zu beschaffen.
    |345| Es klopfte, und Gaston trat herein, Puylaurens im Gefolge.
    »Mein Cousin«, sagte Gaston, »ich komme, von Euch Abschied zu nehmen. Der König erwartet mich in Saint-Germain, ich kann ihn
     nicht länger warten lassen, ohne ihn zu kränken. (Ach, wie oft, dachte ich, hat er ihn im Lauf der letzten vier Jahre gekränkt?)
     Ich werde nicht versäumen«, fuhr Gaston fort, »Seiner Majestät zu sagen, wie gut Ihr mir mit Rat und Tat bei meiner Flucht
     geholfen habt, deren Haupthindernis meine Mutter war. Kommt uns nach, sobald Ihr auf den Beinen seid.«
    Nun, das Pulver unserer teuren Jesuiten stellte mich binnen zwei Tagen wieder her, so daß ich zum Aufbruch blasen konnte.
     Weil ich diesmal behaglich in meiner Karosse reiste, traf ich am zweiundzwanzigsten Oktober 1634 in Saint-Germain-en-Laye
     ein, das heißt nachdem die beiden Brüder sich bereits versöhnt hatten.
    Ich wurde sehr gut empfangen vom König und von Richelieu, öffentlich wie vertraulich.
    »Beinahe hätte Gastons Zorn auf seine Mutter alles verdorben«, sagte Ludwig. »Zum Glück wart Ihr mit gutem Rat zur Stelle,
     und ich will Euch dafür danken. Wie wäre es mit dem Marschallamt?«
    »Ach, Sire, ich verstehe nichts vom Krieg«, sagte ich.
    »Oder soll ich Euch zum Provinzgouverneur ernennen?«
    »Sire, das wäre für mich eine Strafe: ein Leben fern von Eurer Majestät.«
    »Oder Gesandter in London?«
    »Nein, nein, Sire! Ich begehre nichts von alledem, ich bin glücklich, wenn ich Euch dienen darf wie bisher: durch kleine Missionen
     hier und dort in Europa.«
    »Mein Cousin«, sagte der König, »daß Ihr Gaston halft, aus Brüssel zu entkommen, war keine kleine Mission. Ihr habt dem Staat
     einen großen Dienst erwiesen.«
    Das

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