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Rache: Die Eingeschworenen 4

Rache: Die Eingeschworenen 4

Titel: Rache: Die Eingeschworenen 4 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Low
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atmend an meiner Brust, und mein Umhang deckte uns beide zu.
    » Was wirst du mit mir machen?«, fragte sie.
    » Lass mir eine Minute Zeit«, sagte ich. » Oder nein, lieber zwei.«
    Sie schlug mir auf die Brust, es war wie die Berührung einer Vogelschwinge, und ich lachte.
    » Wirst du mich zu meinem Vater zurückbringen?«
    » Hast du es deshalb gemacht?«, fragte ich enttäuscht.
    Wieder versetzte sie mir einen Schlag, doch diesmal mit ihrem kleinen, harten Knöchel, was mir wehtat.
    » Denkst du das etwa?«, wollte sie wissen, und ihre Augen wurden groß und dunkel. Schon allein diese Augen beschämten mich, sodass ich den Kopf schüttelte.
    » Wenn du mich nicht zurückbringst«, fuhr sie leise und langsam fort, » warum bin ich dann hier?«
    Ich sagte es ihr. Weil die Trommel des Finnen gesagt hatte, sie müsse mitkommen. Schweigend überlegte sie.
    » Sagte sie, dass du mich zu dir mitnehmen sollst, wenn wir den weißhaarigen Jungen gefunden haben?«
    Ich erschrak. Ich dachte an Thorgunna und was sie wohl zu einer zweiten Frau sagen würde– einer zweiten Ehefrau, korrigierte ich mich, denn natürlich würde ich Schwarzauge heiraten müssen. Ich dachte noch immer über eine Antwort nach, als sie kurz erschauerte.
    » Ich werde dich nicht heiraten«, sagte sie.
    » Und warum nicht?«, wollte ich, plötzlich ernüchtert, wissen. Konnte sie Gedanken lesen? Sie hob den Kopf und deutete über den Teich, wo ein Erpel– grün und lila wie ein Edelstein– in dem hoch aufspritzenden Wasser landete.
    » Deshalb nicht«, sagte sie. Der Erpel schwamm zur nächsten Ente und bestieg sie, grob und rücksichtslos, und ließ sie zerzaust und laut quakend zurück.
    » Das wäre mein Schicksal«, sagte sie, » egal, wem ich gehöre. Eine Fremde in einem Haus voll Fremder. Die Männer werden mich alle besteigen wollen, und die Frauen werden mir die Federn ausreißen.«
    Sie hatte ja recht, was mir aber die Sache nicht leichter machte, aber ich brummte eine halbherzige Drohung gegen jeden, der versuchen sollte, sie so zu behandeln. Sie legte wieder ihren Kopf auf meine Brust, und ich wusste, dass sie lächelte.
    » Ich weiß nicht, welcher Weg für mich bestimmt ist«, erwiderte sie. » Ich bin weit weg von meinem Volk und kann auch nicht wieder dahin zurück, denn dann würde es Krieg geben. Ich bin Masurin, und wenn ich heirate, dann nicht in einem so kalten, eisigen Land.«
    Sie sah mich mit ihren Rehaugen an.
    » Aber ich werde ein Kind haben«, erklärte sie mit Überzeugung, und ich bekam eine Gänsehaut, wie immer, wenn ich Seidr spürte. » Es wird ein Sohn sein, und ich kann ihm nur Sicherheit bieten, wenn ich mit dir gehe.«
    Sie schwieg und schüttelte sich. » Island«, sagte sie. » Ein Land aus Eis.«
    Ich lachte, aber eher vor Erleichterung, weil das vom eigentlichen Thema ablenkte.
    » Es ist nicht aus Eis«, sagte ich. » Und außerdem bin nicht ich aus Island. Onund ist aus Island.«
    » Aber du bist aus einem ähnlich kalten Land«, murmelte sie und kuschelte sich an mich. » Irgendwo am Rande der Welt.«
    Mir gefiel das, und ich zog sie noch enger an mich.
    » Island ist nicht am Rande«, sagte ich verträumt. » Es ist eher in der Mitte. Im Norden von Island ist der Mahlstrom. Du brauchst nur dem Stern dort zu folgen.« Ich zeigte auf den hellen Nordstern, und sie kniff die Augen zusammen und folgte meinem Finger.
    » Was ist der Mahlstrom?«
    Ich erklärte es ihr. Es ist der Ort, wo die beiden Riesinnen Fenja und Menja den großen Mühlstein Grotti drehen, mit dem man Wünsche herbeimahlen konnte, was die beiden Riesinnen auch taten, als der Heerführer Mysing ihnen befahl, Salz herbeizumahlen. Selbst als sie mit ihm auf seinem Schiff waren, verlangte er von ihnen immer mehr Salz. Bis das Schiff sank. Und deshalb schmeckt das Meerwasser salzig. Der Mahlstrom ist ein großer Strudel, den sie dadurch verursachen, dass sie unten auf dem Meeresgrund immer noch mahlen– weiter und immer weiter.
    Sie lachte verschlafen. » Eine gute Geschichte. Aber die Christus-Anhänger sagen, die Mitte der Welt ist in Jerusalem, wo man ihren weißen Christus ans Holz genagelt hat.«
    » Und was glaubst du?«, fragte ich, aber sie antwortete nicht, sie war wieder eingeschlafen. Sie atmete tief und gleichmäßig, und ich fragte mich, ob nicht tatsächlich die Götter wollten, dass ich sie nach Hestreng mitnahm. Was sonst hätte die Trommel des Finnen bedeuten können? Es würde nie möglich sein, durch ganz Polen bis zu ihrem

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