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Rache: Die Eingeschworenen 4

Rache: Die Eingeschworenen 4

Titel: Rache: Die Eingeschworenen 4 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Low
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mich nahm, interessierte ihn anscheinend weniger. Ich zweifelte nach wie vor daran, dass Brand ebenso entgegenkommend sein würde, und dieser Eindruck verstärkte sich noch, als Finn und ich ihn später am selben Abend aufsuchten.
    Er hatte einen Pfeil ins Gesicht bekommen, rechts von der Nase und genau unter dem Auge. Zum Glück war es ein Jagdpfeil gewesen, denn der Schaft war abgebrochen und nur die Spitze, die jedoch keine Widerhaken hatte, war stecken geblieben. Normalerweise würde ein Jäger die wertvolle Spitze aus dem Tier herausschneiden und wieder verwenden, aber diese war sechs Zoll tief in Jarl Brands Mund eingedrungen und steckte nun in seinem Kopf.
    Sie nannten Jarl Brand Ofegh, und das war ein passender Name für ihn, denn es bedeutete » Einer, der nicht verloren ist«. Allerdings wäre es an diesem Abend schwer zu erkennen gewesen, als Brand uns ansah. Seine Hauptfrau, Kolls Mutter, war tot, und sein eigenes Leben schien an einem sehr dünnen Webfaden der Nornen zu hängen.
    Wir saßen beim Schein einer flackernden Talgkerze. Sein schneeweißes Haar klebte strähnig an dem schweißnassen gelblichen Gesicht, doch seine Augen waren noch immer voller Feuer, als er mit starkem Griff mein Handgelenk umfasste. Es sah aus, als wachse ein kleiner Baum aus seinem Gesicht, doch es waren dünne geschälte Holunderzweige, die getrocknet und in ein Seidentüchlein genäht waren, das mit heilenden Runen beschriftet war, allerdings waren es keine Runen, wie wir sie kannten.
    Dieses Bündel sollte die Wunde vergrößern helfen bis dorthin, wo die Pfeilspitze steckte. Wenn der Heiler– ein chasarischer Jude– sie für tief genug hielt, würde er die Spitze mit einer schmalen Zange herausziehen. Bis dahin musste Brand die Schmerzen der großen, rohen Wunde in seinem Gesicht ertragen, das zum ersten Mal, seit ich ihn kannte, bartlos war.
    » Eine schlimme Sache«, nuschelte Brand undeutlich, dem das Sprechen sichtlich schwerfiel. Das kleine Bündel wackelte auf und ab, und der Chasare war gerade dabei, die Wunde zu reinigen, indem er Flachsfasern in Gerstenwasser, Honig und Kiefernharz tauchte, wie wir es für unsere Schiffsplanken verwendeten, und sie dann in die Wunde einführte. Es stank.
    » Ja, das sieht wirklich schlimm aus«, erwiderte ich. Ein etwas lahmer Kommentar, wenn man bedenkt, dass ich, wenn Brand sprach, seine Backenzähne und die Zunge sehen konnte. Er machte eine wegwerfende Handbewegung.
    » Mein Sohn…«, sagte er. » Dieser Priester…«
    » Ich hole ihn zurück«, versprach ich ihm, und er schloss kurz die Augen, was ich als Kopfnicken wertete, weil die Bewegung zu schmerzhaft gewesen wäre. Reden war ebenfalls schmerzhaft, aber er tat es dennoch.
    » Der König wird helfen… Styrbjörn…«
    Damit meinte er, der König stehe in seiner Schuld wegen dem, was Styrbjörn getan hatte. Ich erzählte ihm, was der König über seine Hilfe zur Befreiung Kolls gesagt hatte, und dass er zurückgebracht werden würde, als sei nichts geschehen.
    Jarl Brand schloss einen Moment die Augen.
    » Königtum«, nuschelte er, und das war Antwort genug, wie ich inzwischen wusste.
    Plötzlich erschienen Männer; lautlos und barhäuptig kamen sie hereingeschlurft und spielten verlegen mit den Fingern– Rovald, Rorik Stari, Kaelbjörn Rog, Myrkjartan und Uddolf, angeführt von Abjörn.
    » Neidinge«, zischte Jarl Brand. Er hätte noch viel mehr gesagt, wenn es ihm nicht unerträgliche Schmerzen bereitet hätte, überhaupt ein Wort herauszubringen. Stattdessen machte er eine Handbewegung und schickte sie hinaus, mit hängenden Köpfen und beschämt. Jetzt waren sie aus seinen Diensten entlassen– und traten damit offiziell in meine Dienste über.
    » Pass auf sie auf«, knurrte er und versuchte, das Gesicht zu einem Lächeln zu verziehen, was ihm aber nicht gelang. Dann winkte er wieder mit der Hand, worauf ein Mann erschien, der ein Schwert in einer Scheide trug. Brand nahm es und überreichte es mir.
    » Wie ich höre«, sagte er, und es war nur noch ein Flüstern, » hat Randr Sterki dir dein Schwert genommen. Nimm dieses. Hole deinen Fostri zurück.«
    Er sah mich mit einem vielsagenden Blick seiner blassen Augen an. » Gebrauche es klug, wie ich es tat«, brachte er hervor und ergriff meine Hand.
    Es war seine eigene Klinge und damit ein doppelt wertvolles Geschenk. Der Griff war aus geschnitztem Hirschgeweih und Silber, die Scheide war aus feinstem Leder und mit ineinander verschlungenen Tiergestalten

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