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Rache - die Handschrift des kleinen Mannes - Erlebnisse eines Leipziger Antiquitaetenhaendlers

Rache - die Handschrift des kleinen Mannes - Erlebnisse eines Leipziger Antiquitaetenhaendlers

Titel: Rache - die Handschrift des kleinen Mannes - Erlebnisse eines Leipziger Antiquitaetenhaendlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Schmidt
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seit langem mal wieder an das eigene Ich und hätte meinen neuen »Geschäftspartner« am liebsten wieder nach Braunschweig-Timmerlah kutschiert. »Was soll’s«, dachte ich, »die sieben Kilometer Fußmarsch von Timmerlah in die »Neue Güldenklinke« machen ihn auch nicht besser!« Ob der betreffende Antiquar jemals 4000 DM für »Die Buddenbrooks« auf den Tisch legen würde? Es blieb dahingestellt. Jetzt fing ich an zu feilschen. Jasper allerdings war wieder der Alte und hielt hartnäckig und überaus kleinlich mit. Z.B. bot er für jeden Leipziger Kalender zwölf DM, ich forderte fünfzehn, er bot dreizehn DM dagegen. Zu den restlichen Reiseführern von Baedecker hatte ich eine klare Linie und legte sie beiseite, als Jasper nicht mitzog. Für die gesamte Wagenladung Bücher einigten wir uns auf 3.800 DM, ohne die botanische Literatur. Die Preise für die Kochbücher hatte Jasper neu formiert, doch wir lagen mit den Preisvorstellungen zu weit auseinander. Jasper verschwand, sicherlich um seinen geheimen Sparstrumpf anzuzapfen. In der Zwischenzeit kramte ich in den Büchern herum und ließ noch einige interessante Zigarettenbilder-Alben, sowie eine alte Ausgabe »Brehms Tierleben« verschwinden. Ich klaute also meine eigene Literatur, um sie vor Jasper zu retten. Der legte mir das Geld Schein für Schein hin. Als es über Dreitausend DM waren, ging sein Zählen immer langsamer vonstatten. Bei 3.500 hielt er inne. Dann ging es zögerlich weiter und bei 3.630 DM war Schluss. Jasper machte es wie Mackenrodt, aber ich sagte nichts und steckte das Geld ein, zumal ich mit den Nerven am Ende war.
    Ich strandete an einem Markt-Imbiss und würgte eine Bratwurst hinunter. Dabei ließ ich meine Fahrt nach Braunschweig und das Affentheater mit diesem komischen Jasper wie ein Film an mir vorüberziehen. Dann stieg ich in meine Karre und fuhr nach Helmstedt. Den »Heuerskamp« fand ich auf Anhieb. Trotz der Handvoll Grundstücke war Ede partout nicht zu finden. Niemand in der Straße kannte eine Person mit diesem Vornamen. Ich blieb an einer windschiefen Kate stehen. Das Gebäude war wohl für den Abriss vorgesehen. Draußen an der Haustür fand ich ein Pappschild mit dem Namen Ismall Öner. Ich lugte durch den Briefkastenschlitz und konnte den ganzen Hausflur überblicken. Da stand tatsächlich eine blaue Schwalbe, hinten und vorn platt. Ich klapperte mit dem Briefkastendeckel. Einige Sekunden später kam Öner. Ich gab zu verstehen, dass ich das Moped abholen wolle. »Ahh!«, sagte Öner. Die Frage, ob dieses Vehikel fahrbereit sei, konnte ich mir gut und gern verkneifen – natürlich waren auch die Bowdenzüge gerissen! Ich diskutierte nicht und spielte brav den Mopedkurier für Mackenrodt. Bevor Öner sich bequemte, die Schwalbe mit mir gemeinsam in das Fahrzeug zu hieven, machte er erst einmal seine Hand auf. Er dokumentierte, dass ich ihm 600 DM da hinein legen sollte. Instinktiv zeigte ich ihm den Vogel, weil ich mir sicher war, dass Mackenrodt die Schwalbe tatsächlich bezahlt hatte. »Also«, sagte ich, »wir rufen Mackenrodt an!« »Ich kein Telefon!«, erwiderte Öner. »Dann werdet euch später einig!«, entgegnete ich und schliff das Fahrzeug erst einmal auf den Gehweg. Öner las das Firmenschild am Fahrzeug. »Ahh!«, sagte er wieder und half mir endlich beim Verladen.
    Gegen Abend trudelte ich in Leipzig ein und wollte bei Mackenrodt abrechnen. Zwischenzeitlich hatte er, zu meinem Entsetzten, mit viel höheren Gewinnen für die Wagenladung Bücher gerechnet. Ich erinnerte ihn daran, dass ihn Jasper gar nicht empfangen hätte und dass der Buchverkauf ohne mich überhaupt nicht über die Bühne gegangen wäre. Dass Jasper keinen heilen Faden an Mackenrodt ließ, habe ich einfach verschwiegen. »Hmm!«, mehr war Mackenrodt nicht zu entlocken. »Wie isset’n jeloofen?«, fragte er mich jetzt. »Bestens!«, war meine Antwort. Dann legte ich ihm 3000 DM in Zwanzigern und Fünfzigern vor die Nase. Das hatte ich von Mackenrodt gelernt. Er war immer der Meinung, die Scheine sollten so klein wie möglich ausgezahlt werden. »Sieht nach ville aus!«, war seine Begründung. Er dachte wohl dabei an die ehemaligen DDR-Bürger, die noch lange nach der Vereinigung auf die Ostmark geeicht waren. Diese Masche zog z.B. bei Hasan Abdullah schon gar nicht und bei mir mittlerweile auch nicht mehr. Das Gros der Scheine, die ich Mackenrodt rüberwachsen ließ, waren Fünfziger und der Rest wie gesagt Zwanziger. Damit war Mackenrodt

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