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Rache verjährt nicht: Roman (German Edition)

Rache verjährt nicht: Roman (German Edition)

Titel: Rache verjährt nicht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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du tatsächlich geglaubt?«, fragte Toby.
    »Ich bin dabei, das Haus zu verkaufen, oder etwa nicht? Und darum sollte ich mich jetzt lieber wieder kümmern. Übrigens, die Karte hast du ins Büro bekommen, nicht?«
    »Richtig. Wieso?«
    »Interessant, dass er sie nicht zu dir nach Hause geschickt hat. Vielleicht schwebt ihm für Imo eine andere Begrüßung vor. Fröhliche Weihnachten, Toby.«
    Sie ging aus der Küche. Als Estover ihr folgte, war sie schon halb die Treppe hinauf.
    Sie drehte sich nicht mehr um.

14
    Ein Geräusch weckte Alva Ozigbo mitten in der Nacht, und eine Sekunde lang hatte sie das panische Gefühl, nicht zu wissen, wo sie eigentlich war.
    Dann fiel es ihr wieder ein, und in ihrem verwirrten Kopf wurde das Wo? von Wie? und Warum? verdrängt.
    Unter professionellen Gesichtspunkten sprach nichts dagegen, dass ein Psychiater für eine Nacht die Gastfreundschaft eines Patienten in Anspruch nahm. Natürlich nur, solange sie nicht das Bett miteinander teilten, und dieses Risiko hatte sie durch einen unter die Türklinke geklemmten Stuhl minimiert. Nicht, dass irgendwas an Haddas Verhalten darauf hingedeutet hätte, dass er sie begehrenswert fände. Im Gegenteil, er hatte ihr sogar einmal, als sie mit ihrer Analyse nach jenem ersten verzweifelten Hilfeschrei immer weiter in die Tiefe vorstieß, erzählt, seine Sexualtriebe seien anscheinend während der Haftstrafe in Winterschlaf gefallen.
    »Ich wache morgens nicht mal mehr mit einer Erektion auf«, verriet er ihr. »Aber was das angeht, können Sie mir wohl nur glauben oder nicht.«
    Und das war, wenn man von dem Vorfall absah, als er ihre Behauptung, der Ton des Überwachungssystems sei abgeschaltet, auf die Probe gestellt hatte, das einzige Mal gewesen, dass er leicht anzüglich geworden war.
    Aber Winterschlaf war kein Dauerzustand, und Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste, also hatte sie in Ermangelung eines Schlosses den Stuhl unter die Klinke geklemmt, wenngleich sie sich des Gefühls nicht erwehren konnte, dass ihre Motive für eine solche melodramatische Maßnahme bestenfalls verworren waren.
    Sie nahm sich vor, später darüber nachzudenken, und konzentrierte sich stattdessen darauf, zu durchleuchten, warum sie in Birkstane geblieben war.
    Da waren zunächst einmal die praktischen Gründe, die ihr Gastgeber vorgebracht hatte. Es war schnell dunkel geworden. Die ersten Nebelschwaden stiegen schon auf, und sie brauchte mehr Zeit, um mit ihm über das Geld zu reden. Ziemlich dürftig. Wie sich herausstellte, war der Nebel nur ein leichter frostiger Dunst gewesen, und sie hätte problemlos langsam zurück zum Dorf fahren können. Auch wenn der Pub Sperrgebiet war, der Vikar hätte sie wohl kaum abgewiesen.
    Letztlich war die Tatsache, dass sie geblieben war, ein Vorwand, den Zweck ihres Besuches aufzuschieben.
    Das schlichte Abendessen wurde von einer alles andere als schlichten Flasche vorzüglichen Burgunders begleitet. Sie hatte sich das Etikett angeschaut und das für einen guten Anlass gehalten, die Geldkiste zur Sprache zu bringen. Kaum hatte sie davon angefangen, als Hadda auch schon die zwei Finger seiner rechten Hand an die Lippen hob und sagte: »Fußball und Finanzen sind während eines gepflegten Dinners Tabuthemen.«
    »Ich dachte, Religion und Politik«, sagte sie.
    »Nicht in Cumbria«, sagte er.
    Hinterher, durch den Wein sowie einen Schuss Whisky im Kaffee milde gestimmt, hatte sie nicht widersprochen, als er auf ihren Versuch, das Thema erneut anzuschneiden, antwortete: »Verschieben wir die Auflösung auf morgen, wie in Tausendundeine Nacht , okay?«
    Erst als sie schon fast eingeschlafen war, fiel ihr ein, dass es in Tausendundeine Nacht ja Scheherazade war, die den Schluss ihrer Erzählung ständig hinauszögerte, weil sie wusste, dass am Ende der Tod auf sie wartete.
    Jetzt, wo sie erwacht war, fand sie das Schlafzimmer ausgesprochen hell. Zuvor, ehe sie den Vorhang zugezogen hatte, war es ihr stockfinster vorgekommen, eine Art von Dunkelheit, wie sie jemand, der an das permanente Dämmerlicht der modernen Großstadt gewöhnt ist, sonst nie erlebt. Daher fragte sie sich beim Anblick des hellen kleinen Fensterrechtecks, ob vielleicht ein Eindringling draußen einen Bewegungsmelder ausgelöst hatte, obwohl sie sich moderne Technik in Birkstane eigentlich schlecht vorstellen konnte.
    Sie schlüpfte aus dem Bett und zog den Vorhang auf.
    Keine moderne Technik; eher alte Mythologie.
    Der Abendnebel war verschwunden, und der

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